Der Erbschein wird häufig verlangt, um die Stellung der Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers nachzuweisen. Doch nicht immer ist der Erbschein überhaupt nötig. Hat der Erblasser ein notarielles Testament errichtet und wurde dieses vom Nachlassgericht eröffnet, erhalten die Erben ein sog. Eröffnungsprotokoll zugesandt. Oft ist dieses Schriftstück als Erbnachweis im Rechtsverkehr ausreichend.
Die Experten der Fachkanzlei für Erb- und Steuerrecht, Scheidt Kalthoff & Partner, erklären, wann Erben einen Erbschein brauchen, wie der Erbschein beantragt wird und alles Wissenswerte um den Erbschein.
Übersicht
Der Erbschein dient als Legitimation des Erbes oder der Erben. Man erhält als Erbe oder als Erbengemeinschaft den Erbschein, jedoch nicht automatisch nach Eintritt des Erbfalls. Das Nachlassgericht des für den Wohnort des verstorbenen Erblassers kann den Erbschein ausstellen, wenn die Erben dies beantragen. Es ist in jedem Fall, um einen Erbschein zu erlangen, nötig einen Antrag beim Nachlassgericht zu stellen. Dieses hat selbst zu erforschen, wer als Erbe in Betracht kommt, diese Personen über den Erbfall zu informieren und ggf. schriftlich anzuhören.
Dies bedeutet aber nicht, dass man nichts mehr für die Erteilung des Erbscheins tun muss oder dieser von allein erteilt wird. Vielmehr ist das Gericht von der Erbenstellung proaktiv zu überzeugen. Insbesondere dann, wenn mehrere Erben in Betracht kommen. Unter Umständen sind insoweit sogar vorab Gutachten einzuholen – dies insbesondere im Falle einer fraglichen Testierfähigkeit. Auch kann sich freilich nicht auf die Auslegung des letzten Willens durch das Gericht verlassen werden. Dabei ist das Gericht von der Erbenstellung proaktiv zu überzeugen. Insbesondere dann, wenn mehrere Erben in Betracht kommen. Unter Umständen sind insoweit sogar vorab Gutachten einzuholen – dies insbesondere im Falle einer fraglichen Testierfähigkeit. Auch kann sich freilich nicht auf die Auslegung des letzten Willens durch das Gericht verlassen werden.
Im Erbschein wird der Erbe aufgeführt. Im Falle von Miterben und Erbengemeinschaften enthält der Erbschein die Anteile der einzelnen Erben und die Verteilung des Erbes auf die einzelnen Erben. Auflagen oder Vermächtnisse enthält der Erbschein jedoch nicht.
Solange die oder der im Erbschein bezeichnete/n Person/en über einen sie als Erben ausweisenden Erbschein verfügen, können Vertragspartner (also Dritte) auf die Erbenstellung vertrauen. Selbst wenn sich später herausstellen sollte, dass die Erbfolge eine andere war, bleibt das Vertrauen des Vertragspartners geschützt.
Im Zweifel ist aber eine Erbenfeststellungsklage zu erheben, soweit Dritte den Erbschein streitig machen.
Es besteht keine Pflicht einen Erbschein zu beantragen. Sollte das Testament des Erblassers z.B. durch einen Notar beglaubigt worden sein, dann benötigen die Erben/die Erbengemeinschaft zumeist keinen weiteren Nachweis mittels Erbschein, um sich als Erben auszuweisen.
Aus praktischen Gründen ist der Erbschein aber ein einfaches Mittel und „amtlicher“ Nachweis der Erbenstellung, um sich z.B. gegenüber Vermietern, Banken, Versicherungen, Behörden oder sonstigen Personen oder Stellen auszuweisen.
Um sich z.B. gegenüber Banken auszuweisen, kann der Erblasser auch bestimmte Vollmachten gegenüber Erben ausstellen, die über den Tod hinaus gelten oder erst mit dem Tod gelten sollen – sog. transmortale oder postmortale Vollmachten. Mit einer transmortalen Kontovollmacht kann der Inhaber der Vollmacht auch über den Tod hinaus z.B. über Konten verfügen. Ähnliches ist auch mit Vorsorgevollmachten möglich.
Auch wenn häufig gerade Banken darauf bestehen, dass die Erbenstellung mittels Erbscheins nachgewiesen werden muss, ist dies meist nicht zulässig. Mit anderen Nachweisen wie dem notariellen Testament/ Erbvertrag mit Eröffnungsprotokoll oder einem beglaubigten handschriftlichen Testament mit gerichtlichem Eröffnungsvermerk können sich Erben ebenso gegenüber Banken und Kreditinstituten als solche legitimieren.
Wenn zum Nachlass des Erblassers auch Grundstücke oder Immobilien wie Häuser gehören, müssen die Erben in das Grundbuch eingetragen werden. Dies nennt man Grundbuchberichtigung. Doch da gerade die Stellung als Eigentümer im Grundbuch eine besonders gesicherte ist, verlangen die Grundbuchämter häufig einen Erbschein für diese Berichtigung des Grundbuches.
Ein Erbschein ist die Eintrittskarte ins Grundbuch. Zögern Sie also nicht diesen zu beantragen. Wir helfen Ihnen gerne dabei! Kontaktieren Sie uns.
Doch auch in diesem Fall ist der Erbschein nicht immer notwendig. Liegt nur ein privates handschriftliches Testament vor oder ist man Erbe aufgrund der gesetzlichen Erbfolge – weil etwa kein Testament vorliegt, benötigt man für die Grundbuchberichtigung in jedem Fall einen Erbschein.
Bei einem notariellen Erbvertrag oder einem notariellen Testament kann die Grundbuchberichtigung auch ohne Erbschein erfolgen, § 35 Abs. 1 Satz 2 Grundbuchordnung.
Wenn für Erben oder Erbengemeinschaften keine Notwendigkeit eines Erbscheins besteht, muss dieser auch nicht unbedingt beantragt werden. Mit dem Erbschein sind in solchen Fällen nur unnötige Kosten verbunden, die man sich als Erbe sparen kann. Gerade wenn ein notarielles Testament vorhanden ist, benötigt man einen Erbschein nicht zwangsläufig.
Die Beantragung eines Erbscheins wird bei dem Amtsgericht bzw. der Abteilung für Nachlasssachen am Amtsgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen durchgeführt. Antragsberechtigt sind z.B. die möglichen Erben, Testamentsvollstrecker, Nachlassverwalter oder auch Gläubiger, die einen Erbschein zur Zwangsvollstreckung in das Erbe benötigen. Auch Nachlassinsolvenzverwalter sind zur Beantragung des Erbscheins berechtigt.
Der beantragende Erbe benötigt grundsätzlich immer den eigenen Personalausweis/Reisepass und die Sterbeurkunde des Erblassers bzw. der verstorbenen Person. Sollte ein Testament vorhanden sein oder ein Erbvertrag, müssen auch diese Unterlagen eingereicht werden.
Sollte es kein Testament oder Erbvertrag geben, müssen Unterlagen beigefügt werden, die die gesetzliche Erbfolge nachweisen. Dies können z.B. bei Ehepartnern die Heiratsurkunde sein oder bei Kindern die Geburtsurkunden. Hat der Erblasser keine Kinder oder einen Ehepartner, kann seine Geburtsurkunde dazu dienen das gesetzliche Erbrecht der Eltern nachzuweisen.
Erben die Enkel, weil die Kinder des Erblassers bereits verstorben sind, müssen auch in diesem Fall Sterbe- und Geburtsurkunden der Eltern vorgelegt werden.
Wenn ein Erbe oder eine Erbengemeinschaft einen Erbschein beantragt, muss dies persönlich geschehen. Dies resultiert daraus, dass der beantragende Erbe die Richtigkeit der gemachten Angaben mittels eidesstattlicher Versicherung versichern muss. Die eidesstattliche Versicherung muss beim Nachlassgericht gegenüber dem Rechtspfleger abgegeben werden.
Die Beantragung eines Erbscheins kann entweder persönlich bei dem zuständigen Nachlassgericht geschehen oder bei einem Notar. Der Vorteil der Beantragung durch oder bei einem Notar ist, dass der Erbe oder die Erben einen festen Ansprechpartner haben, der im Vorfeld Fragen klären kann, oder auch bei längeren Verfahren bei dem Nachlassgericht Rückfragen stellen kann. Außerdem kann der Notar die Vollständigkeit der Unterlagen und Dokumente prüfen.
Der Erbschein verursacht Kosten, so dass man immer nur dann einen Erbschein beantragen sollte, wenn dieser auch tatsächlich benötigt wird. Die Kosten für den Erbschein orientieren sich an dem Wert des Nachlasses. Wird der Erbscheinantrag durch einen Notar eingereicht, entstehen zum einen Kosten für den Erbschein sowie für den Notar und seine Dienste.
Hinsichtlich der Kosten fallen beim Nachlassgericht zwei Gebühren an: die Gebühren für den Erbschein und für die eidesstattliche Versicherung.
Bei einem Nachlasswert von 10.000 Euro fallen 75 Euro für den Erbschein und 75 Euro für die eidesstattliche Versicherung an. Die Kosten belaufen sich also tatsächlich auf 150 Euro.
Nachlasswert: 200.000 Euro
Gebühren Erbschein | 435 Euro |
Gebühren eidesstattliche Versicherung | 435 Euro |
Gesamtkosten | 870 Euro |
Nachlasswert: 1.000.000 Euro
Gebühren Erbschein | 1.735 Euro |
Gebühren eidesstattliche Versicherung | 1.735 Euro |
Gesamtkosten | 3.470 Euro |
Bei Grundstücken oder Immobilien ist der Verkehrswert anzunehmen. Hatte der Erblasser Schulden oder Verbindlichkeiten, sind diese vom Nachlasswert abzuziehen.
Hinsichtlich der Kosten für den Erbschein trägt diese der Erbe, der den Erbschein beantragt. Die Erbscheinkosten sind damit nicht Kosten, die durch den Nachlass gedeckt werden oder von allen Erben übernommen werden müssen. Stellen aber mehrere Erben einer Erbengemeinschaft gemeinsam einen Antrag auf einen Erbschein, können die Mitglieder der Erbengemeinschaft die anfallenden Kosten problemlos untereinander teilen.
Die Erbscheinkosten sind allerdings als sog. Erbfallkosten grundsätzlich von der Steuer absetzbar. Das Finanzamt erkennt hier pauschal einen Betrag von 10.300 Euro bei der Erklärung der Erbschaftsteuer. Für eine höhere steuerliche Geltendmachung müssen tatsächliche Kosten, die durch den Erbfall entstehen, dem Finanzamt nachgewiesen werden.
Für die Beantragung eines Erbscheins gibt es keine Fristen. Wenn Sie als Erbe oder als Erbengemeinschaft erst später bemerken, dass ein Erbschein benötigt wird, dann lässt sich dieser auch nach Jahren noch beantragen.
Andere Fristen, wie z.B. die Frist das Erbe auszuschlagen – 6 Wochen – oder die Frist um einen Pflichtteil geltend zu machen – 3 Jahre – können jedoch verjähren und haben keinen Bezug zum Erbscheinantrag.
Beantragt man keinen Erbschein, passiert nichts und dies hat auch keinen negativen Effekt.
Gehören zum Nachlass in einem anderen EU-Land befindliche Vermögenswerte, haben die Erben die Möglichkeit und ggf. auch die Notwendigkeit ein sog. europäisches Nachlasszeugnis zu erlangen. Es handelt sich dabei um eine Urkunde, die die Berechtigung des Erben an einem in dem betreffenden EU-Land befindlichen Vermögenswert ausweist. Insbesondere teure Apostillen werden so überflüssig. Ist in Deutschland kein Erbschein notwendig, befindet sich jedoch ein Teil des Vermögens im Ausland, können so Kosten gesenkt werden.
Beispiel:
Der Erblasser hat mit einem notariellen Testament seine Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Neben seinem Vermögen in Deutschland i.H.v. 500.000,00 € hat er ein Ferienhaus in Frankreich im Wert von 60.000 € hinterlassen. Die Ehefrau benötigt keinen Erbschein in Deutschland, da das Eröffnungsprotokoll samt Testament als Nachweis der Erbschaft genügt. Für den Nachweis in Frankreich benötigt sie das Europäische Nachlasszeugnis. Die Gebühr für das europäische Nachlasszeugnis bemisst sich jedoch nicht nach dem Gesamtwert des Nachlasses (560.000,00 €), sondern nach dem Wert des Vermögens in Frankreich, also 60.000 €.
Allerdings ist Eile geboten, denn das Europäische Nachlasszeugnis ist nur 6 Monate lang wirksam und muss im Zweifel sodann neu beantragt werden.
Urhebervermerk Beitragsbild: © PantherMedia / Rupert Trischberger
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