Im Erbrecht stellt die Testierfreiheit ein wichtiges Instrument dar. Sie ermöglicht es dem Erblasser, seinen letzten Willen frei inhaltlich zu gestalten. Diese Freiheit ist eine Ausprägung der Privatautonomie und unterliegt bestimmten gesetzlichen Einschränkungen, die berücksichtigt werden müssen.
Im folgenden Beitrag soll eine gesetzliche Beschränkung näher erläutert werden:
Was ist geschehen?
Die Erblasserin hat zu Lebzeiten ein handschriftliches Testament errichtet, das sie später einmal ergänzte. Das Testament besagte:
"Ich hinterlasse mein Haus auf der X Straße meinem Enkelsohn und Mutter zum freien Bewohnen. Nach meinem Tode vererbe ich das Haus meinem Enkel. Veränderungen am Haus und Unkosten, die anfallen, müssen selber getragen werden."
Nach einigen Jahren ergänzte sie das Testament gemäß den förmlichen Voraussetzungen auf der Rückseite.
"Sollte ich vor meinem Mann sterben, ist mein Mann der alleinige Erbe meines Vermögens und das Haus in der X Straße. Ich möchte aber, dass mein Mann das Haus in der X Straße unserem Enkel R nach seinem Tode vererbt."
Die Hinterbliebenen streiten sich über den Inhalt des Testaments. Es wird behauptet, dass der Ehemann zum Alleinerben ernannt wurde, während der Enkel lediglich mit einem Vermächtnis bedacht wurde. Andererseits wird vermutet, dass der Ehemann als Vorerbe und der Enkel als Nacherbe eingesetzt wurde. Die Immobilie stellt das einzige werthaltige Vermögen dar, das die Erblasserin hinterlassen hat.
Das Nachlassgericht erkennt eine angeordnete Vor- und Nacherbschaft an:
Das Gericht musste das Testament auslegen und feststellen, dass die Erblasserin ihren Ehemann als Vorerben und den Enkel als Nacherben einsetzen wollte. Es wurde festgestellt, dass es der Wille der Erblasserin war, ihrem Ehemann ihr einziges werthaltiges Vermögen zu vererben, damit er es dann an den Enkel weitervererben kann. Daher wurde eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet.
Die Nacherbschaft ist gemäß der im Testament festgehaltenen Bedingung, nämlich der Kostentragung, eingetreten.
Die beschränkte Vor- und Nacherbschaft bei Immobilien
Die Gegenseite hat Beschwerde eingereicht und argumentiert, dass die Immobilie nicht das gesamte Vermögen der Erblasserin ausmacht, daher sei von einem Vermächtnis auszugehen.
Die Erblasserin hat in ihrem Testament ihr Vermögen auf die Immobilie beschränkt, die sie dem Enkel zugewendet hat. Bei der Ergänzung hat sie deutlich zwischen der Immobilie und ihrem restlichen Vermögen unterschieden.
Das Gericht ging im weiteren Verlauf darauf ein, dass die Äußerung des Wunsches, dass der Ehemann die Immobilie an den Enkel weitervererben solle, eine rechtsverbindliche Anordnung ist. Die Erblasserin wollte dadurch sicherstellen, dass auch nach dem Tod des Ehemanns der Enkel die Immobilie erhalten soll.
Es ist jedoch zu beachten, dass eine gegenständlich beschränkte Vor- und Nacherbfolge gegen den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge verstößt. Dieser besagt, dass beim Erbfall das Vermögen als Ganzes auf den/die Erben übergehen soll. Das Vererben der Immobilie neben dem bestehenden Vermögen wäre somit nicht möglich. Dennoch soll der Wille des Erblassers beachtet werden. Daher legt das Gericht das Testament unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gesamtrechtsnachfolge aus.
Verschiedene Arten für die gegenständlich beschränkte Nacherbfolge
Das Testament lässt sich so auslegen, dass entweder das Grundstück unter einem aufschiebend bedingten Vermächtnis vererbt werden kann oder dass die Person, die zum Vorerben berufen wird (also der Ehemann der Erblasserin), alle Nachlassgegenstände mit Ausnahme derjenigen, für die die Vor- und Nacherbschaft gewollt ist, als Vorausvermächtnis zugewendet bekommen kann, sodass sich das Recht des Nacherben nur auf dieses bezieht. Das Gericht stellte fest, dass die Erblasserin die Stellung des Enkels als Nacherben sichern wollte; daher wurde die Beschwerde der Gegenseite zurückgewiesen.
Standorte
Mit Standorten in Bochum, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf und in Essen sind wir im ganzen Rhein- und Ruhrgebiet jederzeit für Sie da.