Die Problematik der Verjährung beim Einklagen des Pflichtteils
Der Pflichtteil wird grundsätzlich eingeklagt, wenn ein Angehöriger in dem Testament des Erblassers enterbt wurde. Jeder ist beim Errichten des Testaments nur seinem eigenen Willen unterlegen und kann jeden als Erben einsetzen und dabei auch die näheren Angehörigen, wie die Kinder oder die Ehegattin von der Erbschaft ausschließen.
Falls dies gerade der Fall sein sollte, wo Kind oder Ehepartner enterbt wurden, können sie den sogenannten Pflichtteil einklagen. Der Pflichtteil ist dann die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Beim Einklagen des Pflichtteils müssen aber auch Fristen beachtet werden, denn dieser Anspruch auf den Pflichtteil kann verjähren.
Was ist geschehen?
Der Erblasser hat bis zur Rente in Deutschland gearbeitet und ein Testament verfasst, in dem er seinen Sohn zum Erben eingesetzt hat. Nach Beendigung seiner Berufstätigkeit zog er nach Spanien, heiratete zum zweiten Mal und setzte 2009 seine zweite Ehefrau als Alleinerbin ein. Ab 2009 war der Erblasser auch in Behandlung und 2011 verstarb er in Spanien.
Im August 2015 erhielt der Sohn Kenntnis vom Testament zugunsten der Ehefrau und im Juni 2016 klagte er auf Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweist. Der Kläger brachte hervor, dass das in Spanien errichtete Testament ungültig sei aufgrund der fortschreitenden Demenzerkrankung des Erblassers. Die Ehefrau klagte ebenfalls auf Erteilung des Erbscheins und zu ihren Gunsten wurde im Jahre 2019 keine Testierunfähigkeit festgestellt. Somit nahm der Kläger die Beschwerde zurück und beschloss seinen Pflichtteil einzuklagen.
Kläger möchte Pflichtteil einklagen, Beklagte beruft sich auf Verjährung
Beim Einklagen des Pflichtteils muss man die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB beachten. Die Frist beginnt zu laufen mit der Kenntnis des Erbfalls. Vorliegend stellte das Gericht fest, dass die Frist zum Einklagen des Pflichtteils 2015 begonnen habe, da er dort Kenntnis vom Eintritt des Erbfalls und des ihn enterbenden Testaments erlangt hat. Die Kenntnis sei nicht infolge eines Tatsachen- oder Rechtsirrtums des Klägers zu verneinen. Die Frist zum Einklagen des Pflichtteils war somit verjährt. Der Kläger hat Ende 2019 innerhalb der Stufenklage seinen Pflichtteil eingeklagt.
Kläger besteht auf seinen Pflichtteilsanspruch
Der Kläger wendete ein, dass er seinen Pflichtteil nicht eingeklagt hat, weil er bis zur abschließenden Klärung im Erbscheinsverfahren gerade nicht über sichere Kenntnis aller tatbestandlichen Voraussetzungen verfügt habe. Er sei davon ausgegangen, dass aufgrund der Demenz das zweite Testament ungültig sei. Erst 2019 wusste der Kläger, dass er seinen Pflichtteil einklagen muss und mit der Stufenklage wurde die Frist gehemmt.
Das Gericht gewährt dem Kläger seinen Pflichtteil einzuklagen
Die Berufung des Klägers war somit zulässig. Das zuständige Gericht stellte fest, dass die Voraussetzung zum Einklagen des Pflichtteilsanspruchs gegeben waren.
Obwohl der Kläger 2015 Kenntnis vom Tod und des Testaments des Erblassers hatte, wäre die dreijährige Verjährungsfrist durch die Stufenklage gehemmt worden. Sie stellte auch fest, dass die Kenntnis tatsächlich bei Tatsachen- oder Rechtsirrtümern fehlen kann, dies gelte jedenfalls dann, wenn Wirksamkeitsbedenken nicht von vornherein von der Hand zu weisen sind.
Diese Bedenken, die der Kläger hervorbrachte, waren durchaus berechtigt. Vorliegende Gutachten haben die Testierunfähigkeit nie mit Sicherheit ausgeschlossen.
Kläger kann sein Pflichtteil einklagen
Die Verjährung war somit nicht eingetreten und der Kläger hat erfolgreich sein Pflichtteil eingeklagt und die Beklagte war zur Vorleistung verpflichtet. Die Bedenken und die Stufenklage des Klägers haben den Pflichtteil und dessen Anspruch nicht verjährt.
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