Ist der Testierende trotz Parkinson-Erkrankung testierfähig?
Einer der wichtigsten Voraussetzungen neben den formalen Voraussetzungen ist die Testierfähigkeit.
Die Testierfähigkeit beschreibt die Fähigkeit, ein privatschriftliches Testament zu errichten, zu ändern oder aufzuheben.
Nach § 2229 Abs. 4 BGB ist eine Person testierunfähig, wenn sie wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Wie diese Feststellung in der Praxis aussehen kann, können Sie hier nachlesen:
Was ist geschehen?
Der Erblasser litt seit 2015 an einer Parkinson-Erkrankung und seit 2019 wurde er von einem ambulanten Pflegedienst bei täglichen Handlungen, wie die Einnahme seiner Medikamente unterstützt. Seine Ehefrau verstarb 2019 und hinterlässt eine Nichte.
1998 errichteten Erblasser und dessen Ehefrau ein notariell gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben und die Nichte als Schlusserbin einsetzten, soweit „der Letztlebende nicht anders testiert, wozu er berechtigt ist“.
Der Erblasser entschied sich 2020 abweichend dieses Testaments zu testieren und setzte innerhalb eines privatschriftlichen Testaments seinen Nachbarn als Alleinerben ein, wobei er sich selbst ein Wohnrecht für unbegrenzte Zeit sowie ein Nießbrauch, einräumte. Dies und eine handschriftliche Ergänzung, in der der Sohn des Nachbarn als Ersatzerbe eingesetzt wurde, platzierte der Erblasser unter der Unterschrift.
Die Parteien streiten sich nun darüber, welches der beiden Testamente, abhängig von der Testierfähigkeit des Erblassers, gilt und wer nun Erbe geworden ist.
Wie wirkt sich die Erkrankung auf die Testierfähigkeit aus?
Das Gericht bestätigte zügig die formellen Voraussetzungen des privatschriftlichen Testaments aus dem Jahre 2020 gemäß § 2247 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 BGB. Im Beweisverfahren wurde festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Erstellung des Testaments der Erblasser seit ca. sechs Jahren an Parkinson erkrankt war, was sich gerade auf die feinmotorischen Fähigkeiten des Erkrankten auswirkte. Dies hinderte ihn aber nicht daran eigenhändig Einkaufslisten zu schreiben, Unterschriften zu leisten oder auch Testamente zu verfassen.
Das Gericht konnte nicht feststellen, dass zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments, dem Erblasser die erforderliche Testierfähigkeit im Sinne des § 2229 Abs. 4 BGB fehlte.
Welcher Maßstab wird bei der Feststellung der Testierfähigkeit angelegt?
Das Gericht hat unter Heranziehung der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, die Testierfähigkeit geprüft. Es wurde angeführt, dass keine Testierfähigkeit vorliegt, wenn einem Erblasser aufgrund solcher krankhaften Erscheinungen die Einsichts- und Handlungsfähigkeit verloren gegangen sind, er mithin nicht mehr in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und danach zu handeln, also auch privatschriftliche Testamente zu errichten.
Also ist von der Testierfähigkeit auszugehen, wenn der Erblasser die Tragweite dieser Anordnung und ihre Auswirkungen erfassen kann. Voraussetzung für diese Willensbildung ist es Informationen aufnehmen, verarbeiten und speichern zu können.
Zweistufige Prüfung der Testierfähigkeit
Das Nachlassgericht geht für die Überprüfung der Testierfähigkeit zweistufig vor. Auf erster Stufe wird geprüft, ob eine geistige Störung vorlag und sodann wird untersucht, ob diese den Ausschluss der erforderlichen Einsichts- und Handlungsfähigkeit hatte. Die Ausnahme ist gerade die Testierunfähigkeit des Erblassers, es wird immer von einer Testierfähigkeit ausgegangen, bis das Gericht vom Gegenteil überzeugt ist.
Aufgrund der Beweise wurde nicht festgestellt, dass aufgrund der Parkinson-Erkrankung dem Erblasser im Jahre 2020, die gemäß § 2229 Abs. 4 BGB erforderliche Testierfähigkeit fehlte. Insbesondere wurden innerhalb des Beweisaufnahmeverfahrens durch einen Sachverständigen sämtliche vorhandene Stellungnahmen von Pflegepersonen, Angehörigen, behandelnden Ärzten sowie Behandlungsunterlagen untersucht.
Innerhalb der Beweisaufnahme wurde in Erwägung gezogen, dass eine gewisse Verwirrtheit, Erinnerungsstörungen und Realitätsverkennung beim Erblasser vorhanden war und auch Zusätze, die im Testament zusammenhangslos erschienen, jedoch hat auch das in der Gesamtabwägung nicht zur Verneinung der Testierfähigkeit und der Einschränkung der Willensbildung geführt. Die Parkinson-Erkrankung hatte sich noch nicht so weit entwickelt, dass der Erblasser unter einer sogenannten Parkinson-Demenz gelitten hat.
Die Testierfähigkeit war gegeben
Das Gericht hat somit das privatschriftliche Testament vom Erblasser als wirksam angesehen, so dass der Erbschein dem Nachbarn ausgestellt wurde.
Standorte
Mit Standorten in Bochum, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf und in Essen sind wir im ganzen Rhein- und Ruhrgebiet jederzeit für Sie da.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen