Wie muss die Vor- und Nacherbschaft im Testament geregelt werden?
Oftmals werden letztwillige Verfügungen verfasst, in denen der Erblasser die Reihenfolge der Erbschaft und die Verteilung des Nachlasses regeln möchte. Diese Reihenfolge meint die „Vor- und Nacherbschaft“ und stellt bestimmte Regelungen im Rahmen einer testamentarischen Verfügung dar. Durch die Einsetzung einer Vor- und Nacherbschaft erwirbt der Vorerbe das Recht, das Vermögen des Erblassers zu nutzen und der Nacherbe erbt, wenn der Vorerbe stirbt oder bestimmte Bedingungen eintreten, dann das Vermögen oder einen verbleibenden Teil davon. Vor Gericht landet es, wenn es Streitigkeiten oder Unklarheiten bezüglich eines Testaments oder einer erbrechtlichen Regelung gibt
Was ist geschehen?
Der Beklagte klagt beim zuständigen Gericht über die Erteilung des Erbscheins, der ausweist, dass dieser Alleinerbe geworden ist.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Erblasserin errichtete ein handschriftliches Testament im Jahre 2000 mit folgendem Inhalt:
„Ich hinterlasse mein Haus in der … Straße, meinem Enkelsohn und Mutter zum freien Bewohnen. Nach meinem Tod vererbe ich das Haus meinem Enkel. Veränderungen am Haus und Unkosten, die anfallen, müssen selbst getragen werden.“
Im Jahre 2013 entschied Sie sich das eigenhändige Testament, wie folgt zu ergänzen:
„Ich möchte noch hinzufügen, dass kein Dritter Anspruch auf das Haus hat. Sollte mein Enkel das Haus nicht bewohnen, ist das Geschriebene hinfällig.
Sollte ich vor meinem Mann sterben, ist mein Mann der alleinige Erbe meines Vermögens und das Haus. Ich möchte aber, dass mein Mann das Haus unserem Enkel nach seinem Tode vererbt.“
Die Parteien haben sich darüber gestritten, ob eine wirksame Vor-und Nacherbschaft angeordnet wurde.
Wurde eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet?
Der Beklagte wendete ein, dass durch das Testament einhergeht, dass die Erblasserin gerade den Ehemann als Alleinerbe eingesetzt hat und den Enkel lediglich als Vermächtnisnehmer und nicht als ein Erben. Der Ehemann sei nicht als Vorerbe und der Enkel als Nacherbe eingesetzt worden.
Die Gegenseite beteuert, dass in der letztwilligen Verfügung der Ehemann der Erblasserin als Vorerbe und er als Nacherbe eingesetzt worden sei. Das Grundstück habe den größten Teil des Vermögens der Erblasserin ausgemacht.
Hat das Gericht die Nacherbschaft angenommen?
Das Nachlassgericht hat der Gegenseite Recht gegeben und das Testament so ausgelegt, dass die Erblasserin eine Vor- und Nacherbschaft angesetzt hat. Es habe dem Willen der Erblasserin entsprochen, dass ihr Vermögen erst dem Ehemann zukommen soll und dieser es an den Enkel weitervererben soll. Ein Indiz dafür war, dass der Großteil des Vermögens der Erblasserin das Grundstück darstellt.
Die Bedingung der Nacherbschaft sei damit eingetreten, dass der Enkel in dem Ortsteil noch wohnte und die Grundsteuer für das Haus begleiche. Mit dem Tod des Vorerben rückte dieser in die Stellung des Nacherben.
Der Wunsch der Erblasserin das Haus an den Enkel zu vererben könne laut Gericht eine rechtsverbindliche Verfügung von Todes wegen darstellen und somit auch die Vor- und Nacherbschaft. Es müsste nur ein Rechtsbindungswille durch Auslegung zu ermitteln sein.
Das Testament aus dem Jahre 2000 und die Ergänzung 13 Jahre später zeigen, dass die Erblasserin verbindlich festlegen wollte, dass der Enkel das Hausgrundstück spätestens nach dem Tod des Ehemanns erhält, also gerade die Vor- und Nacherbschaft anordnen wollte. Die Änderung, dass zwischenzeitlich der Ehemann Erbe sein soll, bevor der Enkel es erbt, stehe der Annahme nicht entgegen, dass der Enkel als Nacherbe zu qualifizieren sei.
Verstoß gegen den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge
Im deutschen Erbrecht ist jedoch eine gegenständlich beschränkte Vor- und Nacherbfolge nicht möglich, denn mit dem Erbfall geht das Vermögen kraft Gesetztes nach § 1922 BGB als Ganzes auf die Erben über. Die vereinzelten Nachlassgegenstände sind mit dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge unvereinbar.
Rechtsfolgen beim Verstoß gegen den Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge
Das Nachlassgericht musste durch unterschiedliche rechtliche wirksame Wege überprüfen, wie dem Willen der Erblasserin, was sich aus dem handschriftlichen Testament ergibt, Rechnung getragen werden kann.
Einerseits wurde ein schuldrechtlicher Anspruch gemäß § 2174 BGB in Betracht gezogen, den der Enkel im Wege eines aufschiebend bedingten Vermächtnisses gegen den/ die Erben beim Versterben des Ehemanns haben soll. Andererseits könne die gegenständlich beschränkte Nacherbfolge dadurch erreicht werden, dass der Vorerbe (hier der Ehemann der Erblasserin) alle Nachlassgegenstände mit Ausnahme derjenigen, die für die Vor- und Nacherbschaft angeordnet worden sind, als Vorausvermächtnis zugewendet bekommen sollte. Folglich hätte sich das Recht des Nacherben nur auf dieses bezogen.
Fazit
Das Gericht hat den Erbschein, der den Ehemann der Erblasserin als unbeschränkten alleinigen Vollerben ausweisen soll, nicht erteilt aus den oben geschilderten Gründen. Die Auslegungen ergaben nicht, dass die Erblasserin den Ehemann jemals als alleinigen Vollerben einsetzen wollte, trotz der Ergänzungen aus dem Jahre 2013.
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