Die Auslegung bei unklaren Bestimmungen im Testament
Regelmäßig spielen die Verjährungsfristen im Pflichtteilsrecht eine große Rolle. Beim Pflichtteilsanspruch ist Vorsicht geboten, um diesen geltend machen zu können. Die Verjährungsfrist des Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch beträgt grundsätzlich gem. § 195 BGB drei Jahre und beginnt nach § 199 I BGB mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von dem Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
Bei Gerichten ist häufiger Streitgegenstand, wann nun diese Frist beginnt zu laufen oder zu verjähren. Damit hat sich auch das OLG München auseinandersetzen müssen:
Die Beklagten erben zu ½ und erheben die Einrede der Verjährung
Die Erblasserin ist 2014 verstorben und hat ihre Enkelinnen im Testament als Erben eingesetzt. Die Klägerinnen (Kl.) sind weitere Töchter der Erblasserin. Der Erbschein wurde am 28.11.2016 ausgestellt mit dem Inhalt, dass die Beklagten (Bekl.) zu je ½ geerbt haben. Die hiergegen gerichteten Beschwerden vom 21.12.2016 der Kl. wurde vom OLG München zurückgewiesen
Die Kl. machen mit einer Stufenklage am 03.09.2020 in erster Stufe Auskunftsansprüche geltend, wobei die Bekl. mit der Zwischenfeststellungswiderklage die Verjährung der Pflichtteilsansprüche anrügt.
Das Erstgericht wies dies ab mit der Begründung, dass die Verjährungsfrist mit der Beschwerdeentscheidung des OLG im Nachlassverfahren zu laufen begonnen habe, da die Kl. zu dem Zeitpunkt Kenntnis der Verfügung erhalten hätte.
Beklagte: „Verjährung hat bereits mit Erlass des Erbscheins begonnen“
Die Bekl. wendeten ein, dass der Pflichtteilsanspruch bereits verjährt ist. Die Frist habe bereits mit Abschluss des Jahres 2016 begonnen und sei zum 31.12.2019 abgelaufen, so dass die Klage erst nach Verjährung des Pflichtteilsanspruchs erhoben worden sei. Die Kenntnis ist je nach Einzelfall zu bewerten und kann fehlen, wenn der Berechtigte infolge von Tatsachen- oder Rechtsirrtum davon ausgeht, die ihm bekannte Verfügung sei unwirksam und entfalte daher für ihn keine beeinträchtigende Wirkung.
Das OLG München gibt der Bekl. insoweit Recht, wonach die Frist mit dem Schluss des Jahres 2016 begonnen hat. Die erhobene Beschwer zeige, dass die Kl. Kenntnis um die beeinträchtigende Verfügung hatte.
Mit Beschluss des NachlGer. lässt sich Kenntnis des Kl. begründen
Das umfassende Beweisverfahren hat keine Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit oder sonst eine Manipulation oder Fälschung des Testaments ergeben. Auch ein umfangreicher Sachverhalt verschiebe nicht den Zeitpunkt der Kenntnis, nachdem die Verjährungsfrist schon begonnen hat (BGH v. 17.12.2020-VI ZR 739/20).
Die Pflichtteilsansprüche sind demnach verjährt.
Die Verjährung der Pflichtteilsansprüche lässt den Pflichtteilsergänzungsanspruch unberührt
Zwar hat das Gericht dem Bekl. zugestimmt, dass der Pflichtteilsanspruch verjährt sei, jedoch bleibe der Pflichtteilergänzungsanspruch davon unberührt. Damit stehe den Klägern noch ein Auskunftsanspruch zu und das Teilurteil des Erstgerichts wurde bezüglich diesem Anspruch aufrechterhalten.
Pflichtteilsrecht und Pflichtteilsanspruch- das müssen Sie wissen!
Der Pflichtteil steht einem bestimmten Personenkreis zu und stellt eine gesetzliche Mindestbeteiligung am Erbe dar, wobei mit dem Erbfall der Pflichtteilsanspruch entsteht und grundsätzlich nach drei Jahren verjährt. Im Pflichtteilsrecht beträgt der Pflichtteilsanspruch die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und muss in Form von Geld ausgezahlt werden, wobei der Pflichtteilsanspruch immer entsteht, wenn eine pflichtteilsberechtigte Person enterbt wurde.
Wer einen Anspruch auf den Pflichtteil hat, ist in § 2303 BGB geregelt und umfasst die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel), der Ehegatte und wenn der Erblasser keine Kinder hat dessen Eltern.
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