Die Auslegung bei unklaren Bestimmungen im Testament
Testamente, die privatschriftlich verfasst werden, bergen die Gefahr, dass sie in einer Weise ausgelegt werden, die nicht dem eigentlichen Willen des Erblassers entspricht. Oft verwenden Erblasser Begriffe, die für sie selbstverständlich sind, ohne diese näher zu definieren. Wenn ein Testament nicht eindeutig oder mehrdeutig ist, erfolgt die Auslegung gemäß § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), basierend auf dem mutmaßlichen Willen des Erblassers. Dies kann dazu führen, dass die ursprünglich gewünschte Erbfolge durch die gewählte Formulierung nicht erreicht wird, da der mutmaßliche Wille des Erblassers durch Testamentsauslegung ermittelt werden muss.
Der Begriff „Barvermögen“ in der Rechtsprechung
Ein häufig verwendeter Begriff in Testamenten ist die "Zuwendung von Barvermögen".
In der Rechtsprechung gibt es keine einheitliche Richtlinie dafür, wie es bei der Testamentsauslegung zu verstehen ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass unter "Barvermögen", auch das bei einer Bank vorhandene Wertpapiere zu verstehen sind (Urteil vom 22.10.1975 - IV ZR 17/74). Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) argumentierte hingegen, dass der Begriff "Barschaft" nach der Lebenserfahrung des Erblassers nicht nur den geringen Bargeldbestand im Haus oder in der Geldbörse umfasst, sondern auch leicht verfügbare Bankguthaben (Urteil vom 08.05.2003 - 1Z BR 124/02). Ähnlich entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 03.05.2007 - 19 U 58/05), indem es feststellte, dass "frei veräußerliche Kapitalanlagen, wie sie in den hinterlassenen Depots enthalten waren, problemlos dem Begriff des 'Bargelds' zugeordnet werden können."
Erblasserin trifft Verfügung über ihr vorhandenes Bargeld
Auch das Oberlandesgericht München musste sich mit dieser Frage befassen und eine Testamentsauslegung vornehmen. In einem konkreten Fall wurde das Vermächtnis so formuliert, dass das "vorhandene Bargeld in 19 Teile" aufgeteilt werden sollte. Ein Erbe argumentierte, dass unter dem Begriff "Bargeld" nicht nur physische Scheine und Münzen zu verstehen seien, sondern auch private Bankkonten und Buchgeld.
Bei der Auslegung eines Testaments werden verschiedene Methoden angewandt, um den tatsächlichen Willen des Erblassers zu ermitteln, insbesondere gemäß §§ 133, 2084 BGB.
Auslegung vom Begriff „Bargeld“ beim privatschriftlichen Testament
Dabei wird bei der Testamentsauslegung der Wortlaut hinterfragt, um festzustellen, was der Erblasser mit seinen Formulierungen ausdrücken wollte.
Das Oberlandesgericht München interpretierte den Wortlaut des Testaments vor dem Hintergrund des erheblichen Buchgeldvermögens des Erblassers in Höhe von 100 Millionen Euro so, dass die Erblasserin sich bewusst sein musste, dass zwischen Bar- und Buchgeld ein erheblicher Unterschied bestand. Zudem argumentierte das Gericht, dass im Testament nicht von "Geld", sondern von "Bargeld" die Rede war, was darauf hinweist, dass nur physisch vorhandenes Geld gemeint war.
Eine weitere Unterstützung für diese Testamentsauslegung ergab sich aus dem systematischen Aufbau des Testaments. Die Tatsache, dass die Erblasserin die Verfügung in absteigender Reihenfolge vornahm, beginnend mit Immobilien, dann Bargeld und zuletzt Schmuck, deutete darauf hin, dass sie Bargeld, das erst am Ende des Testaments erwähnt wurde, als physisch vorhandenes Bargeld betrachtete, da sie keine größeren Mengen davon verteilen wollte. Dies wurde als untergeordnete Zuwendung angesehen, da grundsätzlich Erblasser wesentliche Verfügungen am Anfang eines Testaments vornähmen (BayObLG, Beschluss vom 25.06.1990 - BReg. 1a Z 69/89).
Standorte
Mit Standorten in Bochum, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf und in Essen sind wir im ganzen Rhein- und Ruhrgebiet jederzeit für Sie da.