Der BGH hat mit Beschluss vom 24.9.2019 – 1 StR 346/18 bestimmt, dass ein vorsätzliches Handeln bei pflichtwidrig unterlassenem Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen dann anzunehmen ist, wenn der Täter seine Stellung als Arbeitgeber und die daraus resultierende Abführungspflicht zumindest für möglich gehalten und deren Verletzung billigend in Kauf genommen hat.
Der Fall:
Für sechs Jahre vermittelte der Angeklagte über ein Einzelunternehmen zumeist ungelernte osteuropäische Pflegekräfte in Haushalte nach Deutschland. Während die Pflegekräfte in den Privathaushalten eingesetzt waren, hatte der Angeklagte weder Kontakt noch kontrollierte er diese. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag lag in keinen der Fälle vor.
Der Angeklagte erhob für die von ihm durchgeführte Vermittlung Gebühren bei den jeweiligen Familien sowie monatliche Kostenpauschalen, darunter 30 EUR für Krankenversicherung, soweit kein anderweitiger Versicherungsschutz bestand. Allerdings hat dieser eine Anmeldung zur Sozialversicherung der Pflegekräfte unterlassen; Grund: dem Angeklagten sei es daran gelegen, die Gesamtkosten, insbesondere die Monatspauschale, stets niedrig zu halten, um den wettbewerblichen Vorteil seinen Konkurrenten gegenüber nicht zu gefährden.
Entscheidungsgründe:
Beihilfe zum Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen des Angeklagten nach §§ 266a, 27 StGB wurde in einigen Fällen durch den Bundesgerichtshof aufgehoben, da bereits die Urteilsgründung hinsichtlich der Haupttäter (pflegebedürftige Person oder deren Familienangehörige) in manchen Teilen fehlerhaft begründet war; folglich ohne Haupttat keine Beihilfe.
Für die Verwirklichung des Tatbestands des § 266a StGB ist Vorsatz erforderlich - jedenfalls muss der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennen und diesen billigen oder sich zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfinden (bedingt vorsätzliches Handeln). Für den Fall bedeutet dies, dass der Arbeitgeber (gemeint sind hier die pflegebedürftige Person oder deren Familienangehörige) erkannt und billigend in Kauf genommen haben muss, dass möglicherweise von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist und sich daraus ggf. für ihn eine Abführungspflicht ergibt. Kurz: die pflegebedürftige Person oder die Familienangehörigen müssen erkannt haben, dass sie selbst möglicherweise Arbeitgeber sind.
Zu beachten ist, dass die bloße Erkennbarkeit für die Annahme von Vorsatz nicht ausreichend ist.
Fazit:
(Quelle: Praxis Steuerstrafrecht 03|2020, S. 55.)
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