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Kapitalgesellschaftsanteile richtig vererben

Durch das (plötzliche) Ableben eines GmbH-Gesellschafters wird nunmehr der Gesellschaftskreis unwillkürlich verändert, womöglich verkauft der Erbe die ihm „in die Hände gefallenden“ Geschäftsanteile gewinnbringend an einen x-beliebigen Dritten oder ist vom Erblasser selbst als GmbH-Gesellschafter angedacht. All dies birgt großes Konfliktpotential und kann im schlimmsten Fall zum Fallstrick der GmbH werden. Daher ist eine proaktive Nachfolgenplanung empfehlenswert. 

  1. Vinkulierungsklauseln 

Vinkulierungsklauseln ermöglichen die Steuerung des Gesellschafter-Kreises, indem die Veräußerung von Geschäftsanteilen zustimmungspflichtig werden. Die Vererblichkeit wird jedoch davon nicht berührt, es fehlt an einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung. Allerdings ist strittig, wieweit Vinkulierungsklauseln i.R. einer Erbauseinandersetzung im Sinne von §§ 2042 ff. BGB reichen: Würde dem Willen des Erblassers entsprochen, über die Gesellschaftsanteile zu verfügen, so würde das Verfügen von der Vinkulierungsklausel erfasst sein, aber zugleich der freien Vererblichkeit der Geschäftsanteile entgegenstehen. Um dieses Spannungsfeld auflösen zu können, ist zu differenzieren, ob Nachfolgeregelungen bestehen oder nicht. 

Sind keine Nachfolgeregelungen im Gesellschaftsvertrag vorgesehen, so entfaltet die Vinkulierungsklausel im Falle der Übertragung von Geschäftsanteilen auf einen Nichterben ihre volle Wirkung, mit anderen Worten, die Vinkulierungsklausel soll ihrem Schutzzweck nach, die Gesellschaft vor Überfremdung bewahren. 

Sieht der Gesellschaftsvertrag hingegen Nachfolgeregelungen vor, so muss auch hier wiederum differenziert werden. Ist der Erbe nachfolgeberechtigt, bleibt der Schutzzweck der Vinkulierungsklausel unberührt und steht der Anteilsübertragung nicht entgegen. Anderes gilt jedoch für einen nicht-nachfolgeberechtigten Erben. In diesem Fall greift die Vinkulierungsklausel, der Erbe wird selbst nicht über die Geschäftsanteile verfügen können; außer die Gesellschafter stimmen der Übertragung an den nicht-nachfolgeberechtigten Erben zu. 

  1. Nachfolgeregelungen 

In Betracht kommen dafür Einziehungs- oder Abtretungsklauseln: 

  1. a) Einziehungsklauseln geben der Gesellschaft das Recht, mit dem Ableben eines Gesellschafters dessen Anteile ohne die Zustimmung der Erben einzuziehen (ein „automatisches“ Einziehen, ohne entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag, wäre unzulässig). Dabei wäre zu beachten, dass gleichzeitig die Höhe der Abfindung, die Ausübungsfrist der Einziehung sowie ein Stimmverbot der Erben bei Beschlussfassung über Ausübung des Einziehungsrechts in der Einziehungsklausel festgehalten werden. 
  2. b) Abtretungsklauseln begründen die Verpflichtung für den Erben, die erworbenen Geschäftsanteile an einen Dritten abzutreten. Dem begünstigten Dritten kann dabei durch Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) entweder selbst das Erwerbsrecht zugewiesen werden oder aber der Gesellschaft; in Betracht kommt auch die Möglichkeit, einzelnen Gesellschaftern das Recht vorzubehalten. Selbstverständlich kann die Person des Begünstigten auch mit Gesellschaftsbeschluss ermittelt werden. 
  3. c) Einziehungs- und Abtretungsklausel in Kombination sehen eine Abtretungsverpflichtung an einen Dritten für den Erben vor, insoweit er dieser Verpflichtung innerhalb einer bestimmten Frist nicht nachkommt, ist die Gesellschaft zur Einziehung der Geschäftsanteile berechtigt. Vorteil: Es kann vermieden werden, den Abtretungsanspruch bei Gericht einzuklagen. Darüber hinaus ist die Gesellschaft nicht durch § 34 Abs. 2 GmbHG eingeschränkt. Die Kombination beider Klauseln, im Sinne einer proaktiven Nachfolgeplanung, könnte sich ebenfalls bei der Insolvenz des Erben für die GmbH als vorteilhaft erweisen.  
  4. GmbH – Gesellschafterliste 

Erwirbt der Erbe im Erbfall GmbH -Gesellschafteranteile, kann dieser die Rechte und Pflichten eines Gesellschafters erst wahrnehmen, wenn er in die Gesellschafterliste aufgenommen worden ist mit Ausnahme nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbH. 

Dies kann jedoch beim Tod eines alleinigen Gesellschafter-Gesellschaftsführers zu Schwierigkeiten führen. In diesem Fall verstirbt genau die Person, die einzig und allein die Gesellschaftsliste zu Gunsten des Erben hätte korrigieren und beim Handelsregister einreichen können. Der Erbe würde somit gegenüber der GmbH nicht legitimiert sein, wodurch Handlungsunfähigkeit der GmbH eintritt. 

Wie dies gelöst werden kann, ist umstritten. 

Allerdings erscheint die Bestellung eines Notgeschäftsführers als rechtskonforme und zugleich pragmatische Lösung (analog § 29 BGB). Hiernach bestellt sich der Erbe selbst (schwebend unwirksam) zum Geschäftsführer, reicht daraufhin die zu seinen Gunsten berichtigte Gesellschafterliste ein und mit der Aufnahme im Handelsregister wird seine eigene noch schwebend unwirksame Ernennung zum Geschäftsführer rückwirkend wirksam gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 GmbHG.

Fazit: 

  • Der universalsukzessive Übertragungsmodus nach § 1922 Abs. 1 BGB sorgt für einen weitreichenden Übergang von Vermögenspositionen auf die Erben. 
  • Wirtschaftlich sinnvolle und praktisch belastbare Ergebnisse lassen sich durch geeignete kautelarjuristische Gestaltungsformen erzielen. Eine vorausschauende Nachfolgegestaltung ist anzuraten. 

(Quelle: ZEV 2019 – Heft 10, S. 557 – 612)

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