Zuständigkeit bei Nachlassvermögen: Der Zeitpunkt des Todes zählt

Der Zeitpunkt des Todes als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die gerichtliche Zuständigkeit im internationalen Erbrecht  Ob Nachlassvermögen in verschiedenen Ländern, unterschiedliche Staatsangehörigkeiten der Beteiligten oder internationale Testamente – jeder grenzüberschreitende Erbfall...

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Der Zeitpunkt des Todes als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die gerichtliche Zuständigkeit im internationalen Erbrecht

 Ob Nachlassvermögen in verschiedenen Ländern, unterschiedliche Staatsangehörigkeiten der Beteiligten oder internationale Testamente – jeder grenzüberschreitende Erbfall verlangt eine präzise rechtliche Analyse und sorgfältige Abstimmung. Sie werfen Fragen zur internationalen Zuständigkeit, zum anwendbaren Recht und zur Anerkennung von Entscheidungen auf. Das europäische Erbrecht, insbesondere die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 (EuErbVO), bietet zwar klare Regelungen zur Vereinheitlichung, doch in der Praxis bleiben viele Detailfragen ungeklärt.

Was ist geschehen?

Der Erblasser, der in Ägypten geboren wurde, verbrachte viele Jahre seines Lebens in Deutschland, wo er beruflich tätig war und eine Familie gründete. Bei seinem Tod in Ägypten am 18. März 2017 war er sowohl deutscher als auch ägyptischer Staatsbürger.

Nach seinem beruflichen Ruhestand in Deutschland lebte der Erblasser überwiegend in Ägypten. Er behielt jedoch eine deutsche Krankenversicherung sowie eine Altersversorgung bei, deren Leistungen regelmäßig über ein eigens dafür eingerichtetes Konto bei einer deutschen Bank auf ein ägyptisches Konto überwiesen wurden. Aufgrund der Bezüge aus der deutschen Ärzteversorgung unterlag er weiterhin der deutschen Steuerpflicht.

Erbfall mit Auslandsbezug-was gilt?

Abhängig von den konkreten Umständen und dem involvierten ausländischen Staat kann entweder deutsches Erbrecht, ausländisches Erbrecht oder eine Kombination aus beiden Rechtsordnungen gelten.

Erbrechtliche Angelegenheiten mit Auslandsbezug können in unterschiedlichen Konstellationen auftreten. So kann ein deutscher Erblasser beispielsweise Vermögen im Ausland besitzen, seinen letzten Wohnsitz außerhalb Deutschlands gehabt haben oder ein Testament im Ausland errichtet haben. Ebenso ist es möglich, dass ein ausländischer Erblasser Vermögenswerte in Deutschland hinterlässt, zuletzt in Deutschland gewohnt hat oder hier ein Testament verfasst hat.

Die Zuständigkeit der Gerichte sind in der EuErbVO geregelt. Art. 4 EuErbVO sieht als allgemeine Zuständigkeit vor:

„Für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.“

Während Art. 10 Abs.1 EuErbVO besagt:

(1) Hatte der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt seines Todes nicht in einem Mitgliedstaat, so sind die Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem sich Nachlassvermögen befindet, für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass zuständig, wenn

  1. der Erblasser die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats im Zeitpunkt seines Todes besaß, oder, wenn dies nicht der Fall ist,
  2. der Erblasser seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Mitgliedstaat hatte,     sofern die Änderung dieses gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts nicht länger als fünf Jahre zurückliegt.

Internationales Erbrecht: Wann zählt der Nachlass – beim Tod oder bei der Klage?

Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Ägypten hatte (Art. 4 der Verordnung Nr. 650/2012). Es sieht jedoch eine mögliche Zuständigkeit in Deutschland, da Nachlassvermögen dort vorhanden war (Art. 10 Abs. 1 Buchst. a). Allerdings bestehen Zweifel, wie diese Regel auszulegen ist.

Im deutschen Rechtsdiskurs ist umstritten, ob für die Beurteilung des Nachlassvermögens auf den Zeitpunkt des Todes oder auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen ist.

Die Frage ist entscheidend, da das Konto des Erblassers bei einer deutschen Bank zum Todeszeitpunkt einen positiven Saldo aufwies, bei Klageerhebung jedoch bereits aufgelöst war.

Internationale Zuständigkeit im Erbrecht: Warum der Todeszeitpunkt entscheidend ist

Der EuGH bestätigt, dass für die Feststellung der Zuständigkeit nach der Verordnung Nr. 650/2012 der Zeitpunkt des Todes des Erblassers maßgeblich ist. Entscheidend ist, ob zum Zeitpunkt des Todes Nachlassvermögen im Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts vorhanden war. Eine spätere Veränderung des Vermögens, wie die Liquidation oder Verlagerung in einen anderen Staat, beeinflusst die Zuständigkeit nicht. Diese Auslegung gewährleistet die Rechtssicherheit und schützt die Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer, indem sie die Zuständigkeit von nachträglichen Änderungen der Vermögensverhältnisse unabhängig macht.

Tipp:

Zuständigkeit nach dem Tod: Für die Feststellung der gerichtlichen Zuständigkeit gilt der Zeitpunkt des Todes des Erblassers, nicht spätere Änderungen des Vermögens.
Nachlassvermögen als Kriterium: Die Zuständigkeit kann durch das Vorhandensein von Nachlassvermögen im Mitgliedstaat zum Zeitpunkt des Todes bestimmt werden.
Rechtssicherheit und Schutz der Erben: Diese Auslegung sorgt für Klarheit und schützt die Rechte der Erben, indem sie nach dem Tod eintretende Änderungen des Nachlasses unberücksichtigt lässt.

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