Unüberlegte Anschuldigungen können fatale Konsequenzen haben – sogar den eigenen Ausschluss aus der Gesellschaft.
Unternehmerische Partnerschaften beruhen auf Vertrauen. Doch was passiert, wenn dieses Vertrauen durch den Verdacht auf steuerliche Unregelmäßigkeiten zerstört wird? Ein aktuelles Urteil zeigt, dass Steuerhinterziehung oder auch nur deren Verdacht gravierende Folgen für Gesellschafter haben kann – bis hin zum Ausschluss aus der eigenen Gesellschaft.
Was ist passiert?
Der Rechtsstreit begann mit internen Spannungen zwischen zwei Geschäftspartnern einer Kommanditgesellschaft. Während einer als Komplementär (persönlich haftender Gesellschafter) agierte, war der andere als Kommanditist beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sah nicht nur eine Gewinnverteilung vor, sondern regelte auch aktive Mitwirkungspflichten für den Kommanditisten.
Doch bald nach der Gründung der Gesellschaft kam es zum Zerwürfnis: Der Kommanditist stellte infrage, ob er seine vertraglichen Aufgaben weiter wahrnehmen könne, und verlangte ihre ersatzlose Streichung – ohne dabei auf seine erhebliche Gewinnbeteiligung zu verzichten. Gleichzeitig erhob er schwere Vorwürfe gegen den Komplementär, darunter den Verdacht auf Steuerhinterziehung. Diese Anschuldigungen trug er nicht nur intern, sondern auch gegenüber Dritten vor, darunter Geschäftspartner und externe Stellen.
Der Fall eskalierte, und schließlich wurde gerichtlich entschieden: Nicht der beschuldigte Komplementär, sondern der Kommanditist wurde aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
Treuepflicht verletzt – Steuerhinterziehungs-Vorwürfe waren geschäftsschädigend
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein stellte klar, dass ein Gesellschafter nicht ungeprüft schwere Vorwürfe wie eine Steuerhinterziehung gegen seinen Geschäftspartner erheben und diese an Dritte weitergeben darf. Das Urteil stützt sich auf zwei zentrale Punkte:
1. Pflichtverletzung durch geschäftsschädigende Aussagen
Der Kommanditist hatte Steuerhinterziehungs-Vorwürfe öffentlich gemacht, bevor diese geprüft oder juristisch geklärt waren. Damit griff er aktiv in die Geschäftsbeziehungen der Gesellschaft ein und gefährdete deren Ruf. Ein solches Verhalten widerspricht der gesellschafterlichen Treuepflicht und kann den Ausschluss rechtfertigen.
2. Unverhältnismäßiges Vorgehen
Selbst, wenn es Unstimmigkeiten in der steuerlichen Handhabung gegeben hätte, hätte der Kommanditist andere Wege wählen müssen. Statt direkt Steuer- oder Finanzbehörden zu involvieren oder den Klageweg zu beschreiten, stellte er die Gesellschaft und seinen Geschäftspartner öffentlich an den Pranger – ein Verhalten, das das Gericht als untragbar für eine weitere Zusammenarbeit bewertete.
Steuerhinterziehungs-Vorwürfe können unerwartete Folgen haben
Das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein setzt ein klares Zeichen: Steuerhinterziehung oder der Verdacht darauf kann nicht nur für den Beschuldigten, sondern auch für denjenigen, der die Vorwürfe erhebt, gravierende Folgen haben. In diesem Fall war es der Kommanditist, der durch sein eigenes Verhalten seinen Ausschluss aus der Gesellschaft herbeiführte.
Unternehmer und Gesellschafter sollten sich dieser rechtlichen Risiken bewusst sein und steuerliche Streitigkeiten mit Bedacht angehen – denn falsche Schritte können nicht nur finanzielle, sondern auch geschäftliche und juristische Konsequenzen nach sich ziehen.
Der Vorwurf der Steuerhinterziehung kann für alle Beteiligten schwerwiegende Konsequenzen haben – auch für denjenigen, der ihn erhebt.
Wer in einer Gesellschaft tätig ist, sollte deshalb folgende Punkte besonders beachten:
• Interne Klärung vor externen Anschuldigungen
Wer Verdachtsmomente zu steuerlichen Unregelmäßigkeiten hat, sollte zunächst die interne Klärung suchen. Die vorschnelle Verbreitung solcher Vorwürfe kann nicht nur geschäftsschädigend sein, sondern auch als Pflichtverletzung gewertet werden.
• Vorsicht mit Aussagen gegenüber Dritten
Der Gang an die Öffentlichkeit oder an Geschäftspartner mit Vorwürfen wie Steuerhinterziehung kann zur Eskalation führen. Wer solche Anschuldigungen verbreitet, sollte sich bewusst sein, dass dies als Verleumdung oder geschäftsschädigendes Verhalten gewertet werden kann.
• Gesellschafterpflichten ernst nehmen
Gesellschafter haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Die gesellschaftliche Treuepflicht verpflichtet dazu, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln – dazu gehört auch, interne Streitigkeiten nicht durch öffentliche Vorwürfe zu verschärfen.
Quellen
OLG Schleswig-Holstein 17.9.24, 9 U 84/23 / https://www.iww.de/pstr?p=3