Steuerhinterziehung im Erbfall: Die unbekannten Pflichten, die Erben teuer zu stehen kommen können

Erbe mit Überraschungen: Was tun, wenn der Verstorbene Steuern hinterzogen hat? Manchmal kommt mit einem Erbe nicht nur Vermögen, sondern auch unerwartete Verantwortung. Was passiert, wenn der Verstorbene Steuern hinterzogen...

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Erbe mit Überraschungen: Was tun, wenn der Verstorbene Steuern hinterzogen hat?

Manchmal kommt mit einem Erbe nicht nur Vermögen, sondern auch unerwartete Verantwortung. Was passiert, wenn der Verstorbene Steuern hinterzogen hat und die Erben plötzlich zur Verantwortung gezogen werden? Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs schafft Klarheit über die rechtlichen und finanziellen Folgen in solchen Fällen. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Schritte Sie unternehmen sollten, um sich abzusichern, und welche Rechte Ihnen als Erbe zustehen.

Was ist passiert?

Die Klägerinnen sind Erbinnen des Erblassers und der Erblasserin, die in den Jahren 1995 bis 2001 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurden. In den 1980er Jahren hatte der Erblasser Kapitalerträge aus Depots in Liechtenstein und der Schweiz erzielt und diese in Stiftungen eingebracht. Allerdings gab er diese Einkünfte in seinen Steuererklärungen nicht an, was zu einer Steuerhinterziehung führte.

Die Klägerinnen wussten bereits zu Lebzeiten des Erblassers von diesen Kapitalerträgen und erhielten nach dessen Tod im Jahr 2007 Auskehrungen der Stiftungen. 2014 reichten sie eine Selbstanzeige beim Finanzamt ein, um die Kapitalerträge ab 2002 nachträglich zu erklären. Für die Streitjahre jedoch, 1995 bis 2001, gab es keine Berichtigung der Steuererklärungen.

Im Jahr 2016 erließ das Finanzamt aufgrund einer Steuerfahndung Änderungsbescheide, da die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung aufgrund einer Ablaufhemmung noch nicht abgelaufen war. Die Klägerinnen erhoben Klage und argumentierten, dass die Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Das Finanzgericht wies die Klage jedoch ab und stellte fest, dass die Berichtigungspflicht der Klägerinnen die Festsetzungsfrist verlängert hatte.

In ihrer Revision wenden sich die Klägerinnen gegen diese Entscheidung und beantragen, das Urteil des Finanzgerichts sowie die Änderungsbescheide für die Jahre 1995 bis 2001 aufzuheben.

Wie Steuerhinterziehung die Verjährung beeinflusst

Im Zentrum des Falls stand die Frage, ob eine Steuerhinterziehung durch unterlassene Berichtigung seitens der Erben (§ 153 Abs. 1 AO) die Festsetzungsfrist erneut verlängert und ob die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 AO greift. Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied, dass eine Steuerhinterziehung des Erblassers bereits zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist auf zehn Jahre führt (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). Diese Frist wird durch eine weitere Steuerhinterziehung der Erben nicht erneut verlängert.

Allerdings stellte der BFH klar, dass die Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 7 AO so lange gehemmt bleibt, wie eine strafrechtliche Verfolgung der Steuerhinterziehung der Erben möglich ist. Damit durfte das Finanzamt auch für die Streitjahre 1995 bis 2001 Änderungsbescheide erlassen, da die Verjährung der Steuerhinterziehungen der Erben zum Zeitpunkt der Bescheide noch nicht eingetreten war.

Das Urteil betont zwei wesentliche Aspekte: Erstens, eine Steuerhinterziehung des Erben führt nicht zu einer erneuten Verlängerung der Festsetzungsfrist, wenn diese bereits aufgrund der Steuerhinterziehung des Erblassers auf zehn Jahre verlängert wurde. Zweitens, eine Ablaufhemmung greift jedoch, wenn der Erbe selbst durch Unterlassen eine Steuerhinterziehung begeht und diese strafrechtlich verfolgt werden kann. Diese Regelung verhindert, dass hinterzogene Steuern nicht mehr festgesetzt werden können, obwohl eine strafrechtliche Verfolgung noch möglich wäre.

Welche Lehren ziehen Erben daraus?

Nach dem Tod eines Erblassers übernehmen die Erben nicht nur dessen Vermögen, sondern auch sämtliche steuerlichen Verpflichtungen. Dazu gehört auch die Berichtigung unvollständiger oder fehlerhafter Steuererklärungen, die nicht nur gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen verhindern kann. Dabei ist es wichtig, die Fristen im Blick zu behalten: Bei Steuerhinterziehung gilt eine verlängerte Festsetzungsfrist von zehn Jahren. Zusätzlich können Ablaufhemmungen aufgrund laufender strafrechtlicher Verfolgung die Möglichkeit für Steueränderungen weiter ausdehnen.

Eine rechtzeitige Selbstanzeige bietet Erben die Möglichkeit, straffrei zu bleiben und gleichzeitig ihre steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Hierfür ist jedoch eine vollständige und korrekte Offenlegung aller relevanten Vermögenswerte essenziell. In solchen Fällen ist es ratsam, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um die komplexen steuerlichen Fragen bei Nachlässen – insbesondere bei Auslandskapital – sicher zu klären. So können finanzielle und rechtliche Risiken effektiv minimiert werden.

Dieses Urteil verdeutlicht, dass die Regelung eines Nachlasses nicht nur finanzielle, sondern auch erhebliche steuerliche Auswirkungen haben kann. Eine gründliche Prüfung und frühzeitige Erfüllung der steuerlichen Pflichten tragen maßgeblich dazu bei, rechtliche Konflikte zu vermeiden und unnötige Belastungen zu reduzieren.

Tipp:

1. Handeln Sie rechtzeitig

Die Selbstanzeige ist nur wirksam, wenn sie vor der Entdeckung der Steuerhinterziehung durch das Finanzamt eingereicht wird. Sobald eine Betriebsprüfung oder Steuerfahndung begonnen hat, entfällt die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige. Zögern Sie daher nicht, wenn Sie Fehler in Ihrer Steuererklärung bemerken.

2. Stellen Sie vollständige Angaben sicher

Eine Selbstanzeige muss alle steuerlich relevanten Tatsachen umfassen. Dazu gehören alle betroffenen Veranlagungszeiträume und Einkünfte. Eine „Teil-Selbstanzeige“ – also das Offenlegen nur eines Teils der Fehler – ist unwirksam und kann zu weiteren rechtlichen Problemen führen.

3. Vermeiden Sie Verzögerungen

Nach Einreichung der Selbstanzeige prüft das Finanzamt Ihre Angaben. Achten Sie darauf, dass Sie auf Nachfragen zügig und umfassend reagieren. Verzögerungen oder unvollständige Antworten könnten Misstrauen wecken und den Erfolg gefährden.

4. Behalten Sie die Fristen im Blick

Das Finanzamt setzt nach der Prüfung der Selbstanzeige eine Frist für die Nachzahlung. Halten Sie diese Frist unbedingt ein, da die strafbefreiende Wirkung sonst erlischt.

5. Lassen Sie sich professionell unterstützen

Die Selbstanzeige ist ein komplexer Prozess, bei dem bereits kleine Fehler die Wirksamkeit gefährden können. Ein erfahrener Anwalt oder Steuerberater kennt die gesetzlichen Anforderungen und hilft Ihnen dabei, die Anzeige korrekt vorzubereiten und einzureichen.

Quellen


https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202210210

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