Schenkungen und Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall: Ein Überblick

Im Erbrecht spielen Schenkungen bzw. Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall eine bedeutende Rolle. Dieses Instrument ermöglicht es, Vermögenswerte bereits zu Lebzeiten zu übertragen und zwar an der (gesetzlichen) Erbfolge...

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Im Erbrecht spielen Schenkungen bzw. Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall eine bedeutende Rolle. Dieses Instrument ermöglicht es, Vermögenswerte bereits zu Lebzeiten zu übertragen und zwar an der (gesetzlichen) Erbfolge vorbei. Insbesondere Forderungen, wie Ansprüche gegenüber Banken oder Versicherungen, sind in der Praxis von Bedeutung.

Schenkungen von Forderungen

Nicht nur physische Objekte, sondern auch Forderungen können übertragen bzw. verschenkt werden. Beispielsweise kann jemand einem Dritten einen Anspruch auf Auszahlung eines Geldbetrags bei einer Bank oder die Übertragung von Wertpapieren schenken. Ebenso ist es möglich, den Anspruch auf Auszahlung einer Versicherungssumme aus einer Lebensversicherung zu übertragen.

Vertrag zugunsten Dritter gemäß § 328 BGB

Um einem Dritten einen Anspruch zu verschaffen, kann ein Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 I BGB geschlossen werden. Hierdurch erwirbt der Dritte unmittelbar das Recht, die vereinbarte Leistung zu fordern. Der Dritte wird somit zum unmittelbaren Gläubiger des Versprechenden, obwohl er nicht Vertragspartei ist.

Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall

Eine besondere Form hiervon ist der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall, geregelt in § 331 BGB. Hierbei soll der Dritte die Leistung erst nach dem Tod des Versprechensempfängers erhalten. Ein typisches Beispiel ist die Benennung eines Bezugsberechtigten in einem Lebensversicherungsvertrag, der die Versicherungssumme nach dem Tod des Versicherungsnehmers erhalten soll.

Rechtsverhältnisse bei Verträgen zugunsten Dritter

Bei solchen Verträgen sind mehrere Rechtsverhältnisse zu unterscheiden:

  1. Deckungsverhältnis: Dies ist das Verhältnis zwischen dem Versprechenden (z.B. der Versicherung) und dem Versprechensempfänger (z.B. der Versicherungsnehmer). Hier gelten die allgemeinen Vertragsregeln; besondere erbrechtliche Vorschriften existieren nicht.
  2. Valutaverhältnis: Dies ist das Verhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Dritten (Begünstigten). In der Praxis ist dieses Verhältnis entscheidend, denn hier muss ein wirksamer(!) Rechtsgrund, oftmals ein Schenkungsvertrag, vorliegen, damit der Dritte die Leistung letztendlich auch behalten darf.

Formvorschriften bei Schenkungen auf den Todesfall im Valutaverhältnis

Bei unentgeltlichen Zuwendungen auf den Todesfall stellt sich in der Praxis die Frage nach der Einhaltung von Formvorschriften für den Schenkungsvertrag. Der BGH hat entschieden, dass bei einem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall die Formvorschriften des § 2301 I BGB nicht gelten. Es genügt die Form des § 518 I BGB für Schenkungen. Ein etwaiger Formmangel kann gemäß § 518 II BGB geheilt werden. Die Wirksamkeit der Schenkung im Valutaverhältnis ist also entscheidend, da die Erben des Versprechensempfängers die Leistung der Versicherung an den Dritten zurückfordern können, gem. § 812 I BGB.

Widerruf des Schenkungsangebots, sog. „Wettlauf zwischen Erben und dem Begünstigten“

Nach dem Tod geht das Recht des Erblassers, die Bezugsberechtigung abzuändern bzw. zu widerrufen, auf die Erben über. Dies kann im Endeffekt zu einem „Wettlauf“ zwischen den Erben und dem Begünstigten führen, denn: Die Schenkungsabrede erfordert die notarielle Beurkundung, gem. § 518 I BGB. Das ist bei Lebensversicherungsverträgen in der Praxis keineswegs der Fall, da zwischen dem Erblasser und dem Versicherer (Deckungsverhältnis) gar keine Schenkung beabsichtigt ist. Im späteren Valutaverhältnis weiß der Dritte oftmals gar nichts von seinem Glück, ergo liegt auch hier keine notarielle Beurkundung vor. Im Abschluss des Versicherungsvertrages ist, bezogen auf das Valutaverhältnis, zugleich ein Auftrag an den Lebensversicherer zu verstehen, nach Eintritt des Versicherungsfalles erstmalig ein Schenkungsangebot des Versicherungsnehmers an den Dritten zu überbringen. Ein insoweit mit Botendiensten beauftragter Versicherer erfüllt diesen Auftrag in der Regel durch Auszahlung der Versicherungssumme an den Begünstigten, weil darin gleichzeitig das Schenkungsangebot des verstorbenen Versicherungsnehmers zum Ausdruck kommt. Dieses Angebot kann der Begünstigte durch Annahme des Geldes konkludent annehmen. Der Mangel der Beurkundung kann also durch letztendliche Bewirkung der Leistung geheilt werden, gem. § 518 II BGB. Wenn die Erben sich nun beeilen und gegenüber dem Erben das Schenkungsangebot wirksam widerrufen, gem. § 130 BGB, bevor die Versicherung an den Begünstigten herantritt, kann die Auszahlung der Summe verhindern.

Wer zuerst handelt, kann die Zuwendung beeinflussen bzw. abwenden. Der BGH akzeptiert diesen Wettlauf aus Gründen der Rechtssicherheit. Zahlt die Versicherung wegen zeitlicher Überschneidung dennoch an den Dritten, können die Erben das Geleistete zurückfordern, gem. § 812 I BGB.

Beispiel aus der Rechtsprechung

In einem Fall des BGH (Urteil vom 21.05.2008 – IV ZR 238/06) hatte der Versicherungsnehmer seine Lebensgefährtin als Bezugsberechtigte seiner Lebensversicherung eingesetzt. Nach seinem Tod widerriefen die Erben das Schenkungsangebot, bevor die Versicherung die Bezugsberechtigte informiert hatte. Der BGH entschied, dass der Widerruf wirksam war, da das Schenkungsangebot der Bezugsberechtigten noch nicht zugegangen war.

Tipp:

Flexible Gestaltung: Schenkungen und Verträge zugunsten Dritter auf den Todesfall bieten flexible Gestaltungsmöglichkeiten in der Vermögensnachfolge.
Risiko des Wettlaufs: Insbesondere der mögliche Wettlauf zwischen Erben und Begünstigten bei Lebensversicherungen erfordert sorgfältige Planung und Dokumentation.

Quellen


Lorenz/Brießmann: Grundwissen – Zivilrecht: Schenkung unter Lebenden und Schenkung von Todes wegen (JuS 2023, 392)

BGH, Urteil vom 21.5.2008 – IV ZR 238/06

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