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Vermächtnis - Unterschied zum Erbe vom Anwalt erklärt

Im alltäglichen Sprachgebrauch vermischen sich oft die Begriffe Erbe und Vermächtnis. Doch meinen beide Begriffe nicht dasselbe. Das Vermächtnis ist lediglich eine Teilverfügung in einem Testament oder einem Erbvertrag.

Aus der gesetzlichen Erbfolge heraus, die eintritt, wenn ein Erblasser kein Testament erstellt hat, gibt es kein „gesetzliches“ Vermächtnis. Das Vermächtnis ist damit im Rahmen des Erbrechts immer eine gewillkürte Zuwendung des Erblassers an eine Person, die das Vermächtnis erhalten soll – der sog. Vermächtnisnehmer. Der Vermächtnisnehmer ist dabei kein Erbe.

Was ein Vermächtnis ist, wie Vermächtnisnehmer an ihr Vermächtnis kommen und welche steuerrechtlichen Aspekte bei Vermächtnissen zu berücksichtigen sind, zeigen die Experten der Fachkanzlei für Erb- und Steuerrecht GSP Scheidt & Partner in diesem Beitrag.

Vermächtnis

Wollen Sie ein Vermächtnis erstellen und brauchen dabei anwaltliche, oder notarielle Hilfe? Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.

Was ist der Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis?

Das Gesetz kennt sehr unterschiedliche Formen der Teilhabe am Nachlass. Dabei ist die Erbenstellung die umfassendste: Das (gesamte) Vermögen des Erblassers – einschließlich der Schulden - geht mit dessen Tod ungeteilt und als Ganzes auf den oder die Erben über (sog. Gesamtrechtsnachfolge). Davon abgesehen kann auch über einzelne Gegenstände durch Vermächtnis verfügt werden.

Wenn der Erblasser also nur bestimmte einzelne Nachlassgegenstände zuwenden will, dann kann er dies auch dadurch erreichen, dass er in seinem Testament oder Erbvertrag ein sog. Vermächtnis verfügt. Ein solches Vermächtnis besteht dann losgelöst von der sonstigen Erbfolge und hat auf diese zunächst keinen Einfluss. Ein Vermächtnis kann dabei einem Erben (dann sog. Vorausvermächtnis) oder einem Dritten gegenüber gemacht werden. Es bietet sich besonders dann an, wenn eine Person quasi über das Erbe hinaus begünstigt werden soll (Vorausvermächtnis) oder aber eine Person begünstigt werden soll, die mit dem eigentlichen Erbe und dessen Verwaltung nichts weiter zu tun haben soll (Vermächtnis).

Mit dem Vermächtnis hat man einen Anspruch auf einen einzelnen Nachlassgegenstand bzw. Vermögensgegenstand und mit dem Erbe einen bestimmten Teilanspruch auf den Nachlass.

Wann ist ein Vermächtnis sinnvoll?

Das Vermächtnis ist dann sinnvoll, wenn der Erblasser einer bestimmten Person, die meist nicht Erbe ist, etwas aus seinem Nachlass zukommen lassen will. Wenn z.B. der Nachbar oder Freund ein bestimmtes Schmuckstück bekommen soll oder einen bestimmten Geldbetrag. Dies ist insbesondere gegenüber Personen sinnvoll, mit denen der Erblasser nicht verwandt ist.
Außerdem kann der Erblasser bestimmte Erben bevorzugen, wenn diese über das Erbe hinaus weitere Zuwendungen bekommen sollen – sog. Vorausvermächtnis. Sinnvoll kann ein Vermächtnis auch sein, wenn man bestimmte Erinnerungsstücke an eine bestimmte Person geben will. Diese Erinnerungsstücke kann man dann explizit so bezeichnen und erwähnen. Somit geht man sicher, dass die Person einen bestimmten Gegenstand erhält, die dieses Erinnerungsstück auch zu schätzen weiß.

Auch in schwierigen Fällen setzen wir Ihre Interessen durch. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf, gern klären wir Ihre Fragen in einem Erstberatungsgespräch.
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Was ist ein Vermächtnis?

Mit dem Vermächtnis erwirbt der Vermächtnisnehmer – also die Person, die das Vermächtnis erhalten soll – mit dem Eintritt des Todes des Erblassers einen schuldrechtlichen Anspruch auf ihr Vermächtnis. Die Erben müssen das Vermächtnis gegenüber dem Begünstigten auszahlen oder herausgeben.
Der Gegenstand oder der Vermögenswert des Vermächtnisses wird allerdings nicht– anders als im Rahmen der erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge – aufgrund des (Voraus-)Vermächtnisses automatisch erworben.

Ein Beispiel:
Der Erblasser setzt seine Ehefrau F testamentarisch als Alleinerbin ein. Im Testament verfügt er weiter, dass sein Jugendfreund J das werthaltige Ferienhaus in Frankreich erhalten soll, da beide hier viel Zeit verbracht haben. Der Wert des Hauses beträgt 200.000 Euro, der restliche Nachlass 400.000,00 Euro.

Das (gesamte) Vermögen des Erblassers – einschließlich der Schulden und des Ferienhauses - geht mit dessen Tod ungeteilt und als Ganzes automatisch auf die F als Alleinerbin über. Den schuldrechtlichen Erfüllungsanspruch auf Übergabe und Übereignung des Hauses aber hat der J als Vermächtnisnehmer gegenüber der Alleinerbin F (innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist) geltend zu machen und im Zweifel durchzusetzen. Der F verbleiben aus dem Nachlass (gesamt 600.000,00 Euro) daher lediglich 400.000,00 Euro.

Würde es sich bei J nicht um den Jugendfreund handeln, sondern um den Sohn und wäre dieser nicht enterbt, läge das Vorausvermächtnis vor. J wäre als Sohn ja auch Erbe neben der Mutter zu 1/2. Dann würde sich das Beispiel wie folgt ändern:

Das Vermögen des Erblassers (die 600.000,00 Euro) – einschließlich der Schulden - geht nun mit dessen Tod ungeteilt und als Ganzes automatisch auf F und J als Miterben über. Den schuldrechtlichen Erfüllungsanspruch auf Übergabe und Übereignung des Hauses hat der J weiterhin als Vermächtnisnehmer auch gegenüber der Erbin F. 

J ist aber zur Hälfte an dem Nachlass gemindert um das Ferienhaus beteiligt, obwohl er schon dieses vorab (als Vorausvermächtnis) erhalten hat. Dies führt dazu, dass nun F sich mit J das restliche Vermögen in Höhe von 400.000,00 Euro teilen muss, so dass F aus dem Erbe „nur“ 200.000,00 Euro erhält. J dagegen wird über seinen Anteil am Gesamterbe hinaus daher deutlich begünstigt, er erhält im Ergebnis 400.000,00 Euro. Nach den Quoten zu je ½ hätten Ehefrau und Sohn je 300.000,00 Euro zugestanden. Dies könnte man quasi daher auch als Enterbung ansehen Daher darf der Pflichtteil bei einer solchen Verfügung nicht unterschritten werden. Dies wäre vorliegend nicht der Fall.

Hieraus ist ersichtlich, dass es großen Gestaltungspielraum und Prüfungsnotwendigkeiten gibt. Soweit Sie planen ein Testament zu errichten, beraten wir Sie gerne auch zu dem Thema des Vermächtnisses. In der Praxis sind wir laufend mit den Auswirkungen solcher handschriftlich verfassten Testamente betraut. Dabei ist immer wieder festzustellen, dass diese Testamente weder den rechtlichen Anforderungen stand halten, noch dem Willen des Erblassers gerecht werden.

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Ist ein Vermächtnis bindend?

Ist das Vermächtnis in einem Erbvertrag oder Testament durch den Erblasser bestimmt, ist es bindend. Dies gilt solange, wie der Erblasser sein Testament oder Erbvertrag nicht ändert und ein Vermächtnis auflöst oder herausstreicht.
Ist der Erblasser verstorben und tritt der Erbfall ein, dann ist das Vermächtnis für die Erben, die das Vermächtnis an den Vermächtnisnehmer auszahlen oder herausgeben müssen, bindend. Die Erben müssen dem Vermächtnisnehmer das Vermächtnis auszahlen oder herausgeben. Eine Ausnahme kann nur dann bestehen, wenn das Testament ungültig war – beispielsweise, weil der Erblasser testierunfähig war.


Wurde das Vermächtnis unter eine Bedingung gestellt oder wurde eine Zeitbestimmung angeordnet und tritt die Bedingung nach 30 Jahren nicht ein, wird das Vermächtnis ungültig. Hat der Erblasser allerdings für den Bedingungseintritt explizit mehr als 30 Jahre vorgesehen, ist auch nach mehr als 30 Jahren ein Vermächtnis noch zu erfüllen.
Ein Vermächtnis kann unwirksam werden, wenn der Vermächtnisnehmer vor dem Erblasser stirbt. Der Erblasser kann für diesen Fall einen Ersatzvermächtnisnehmer einsetzen. Die Erben des Vermächtnisnehmers haben allerdings meist keinen Anspruch auf das Vermächtnis.

Bis wann muss ein Vermächtnis angenommen werden?

Das Vermächtnis ist nur ein schuldrechtlicher Anspruch. Die Erben müssen dem Vermächtnisnehmer bzw. Begünstigten das Vermächtnis verschaffen. Ist das Vermächtnis z.B. ein Gegenstand, wie ein Auto oder dergleichen, darf man sich der Vermächtnisnehmer diesen Gegenstand nicht einfach so nehmen.
Man kann das Vermächtnis von den Erben innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren herausfordern bzw. den Anspruch auf das Vermächtnis in dieser Zeit durchsetzen. Handelt es sich um eine Immobilie oder ein Grundstück, hat der Vermächtnisnehmer 10 Jahre für die Durchsetzung Zeit. Der Zeitraum beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Erblasser verstorben ist.
Möchte man den Vermächtnisgegenstand nicht, z.B., weil es sich um eine Immobilie handelt und diese verschuldet oder überschuldet ist, kann man das Vermächtnis auch ausschlagen. Hierfür gibt es keine Frist und die Ausschlagung muss lediglich gegenüber den Erben erklärt werden.

Wann muss das Vermächtnis ausgezahlt werden bzw. ausgehändigt werden?

Vermächtnisse können dem begünstigten Vermächtnisnehmer in Form von einem Geldbetrag bzw. eines Vermögenswertes, eines Gegenstandes oder eines Rechtes zuteilwerden. Ist der Erblasser verstorben, kann man von den Erben die Auszahlung oder Herausgabe oder Wahrnehmung des Rechts fordern. Rechtlich haben die Erben dann das Vermächtnis auszuzahlen, herauszugeben oder zu verschaffen.
Verweigern die Erben das Vermächtnis zu verschaffen, lässt sich das Vermächtnis auch gerichtlich einklagen. Um etwaige gerichtliche Auseinandersetzungen vorzubeugen, kann der Erblasser eine Testamentsvollstreckung anordnen. Der Testamentsvollstrecker achtet darauf, dass die Verfügungen des Testaments eingehalten werden und verhilft dem Vermächtnisnehmer zu seinem Vermächtnis zu kommen.

Welcher Freibetrag bei Vermächtnis?

Der Vermächtnisnehmer ist kein Erbe und wird damit weder Teil der Erbengemeinschaft noch (Teil-)-Eigentümer des Nachlasses. Zwar hat der Vermächtnisnehmer einen schuldrechtlichen Anspruch z.B. auf einen Gegenstand, jedoch wird er durch den Erbfall daran noch nicht automatisch Eigentümer. Aus diesem Grund haftet der Vermächtnisnehmer auch nicht für Schulden des Erblassers.

Eine Ausnahme gilt bei Immobilien und Grundstücken. Sind die Immobilien oder Grundstücke, die Teil eines Vermächtnisses sind, z.B. mit Hypotheken oder Grundschulden belastet, hat der Vermächtnisnehmer keinen Anspruch auf eine sog. lastenfreie Übernahme. Die Schulden, die mit dem Grundstück oder der Immobilie verbunden sind, würde der Vermächtnisnehmer übernehmen, wenn er ein verschuldetes Grundstück oder eine verschuldete Immobilie als Vermächtnis annimmt.

Kosten des Vermächtnisses

Wenn es sich bei dem Vermächtnis um ein Grundstück oder eine Immobilie handelt, fallen für die Übertragung auf den Vermächtnisnehmer Kosten für den Notar und das Gericht an – einerseits für die Auflassung, andererseits für die Eintragung in das Grundbuch. Hierfür kann der Erblasser im Testament solche Regelungen treffen, dass der Vermächtnisnehmer diese Kosten zu tragen hat. Fehlt eine solche Kostenklausel, müssen die Erben aus der Erbmasse heraus für diese Kosten aufkommen.

Handelt es sich aber nicht um Immobilien oder Grundstücke, fallen in der Regel auch keine Kosten für die Übergabe der Gegenstände an. Der Vermächtnisnehmer fordert sein Vermächtnis von den Erben und die Gegenstände werden übergeben oder der Betrag ausgezahlt.

Erbschaftssteuer und Vermächtnis

Zwar könnte man aus dem Begriff der Erbschaftsteuer schließen, dass nur Erben diese Steuer zu zahlen haben, allerdings ist dies falsch. Auch für ein Vermächtnis fallen die Erbschaftsteuern an. Diese hat aber in der Regel nicht der Erbe oder die Erbengemeinschaft zu zahlen, sondern der Vermächtnisnehmer selbst. Die Erbschaftsteuer entsteht mit dem Zeitpunkt des Erbfalls und nicht erst bei der Verschaffung durch den Erben an den Vermächtnisnehmer.

Für die Erbschaftsteuer kommt es auf den Wert des Vermögensgegenstandes oder der Geldzahlung an. Es gelten hier auch Freibeträge je nach Verwandtschaftsgrad mit dem Erblasser. Entfernte Verwandte und mit dem Erblasser nicht verwandte Personen haben einen Freibetrag von 20.000 Euro.

Erbschaftsteuer-Beispielrechnung im Falle des Freund J aus obigem Beispiel

In unserem Beispiel von oben ist dem Freund J der Familie das Ferienhaus mit einem Wert von 200.000 Euro vermacht worden. Da es bei J nur um einen Freund handelt und keinen Verwandten, steht J ein Freibetrag von 20.000 Euro zu. Die restlichen 180.000 Euro müssen versteuert werden.

Auch bei dem Steuersatz zählt der Verwandtschaftsgrad und der Wert des Vermächtnisses. Für den Freund J gilt ein Steuersatz von 30%. Somit muss der Freund J 180.000 Euro mit einem Steuersatz von 30% versteuern. Dies ergibt eine Erbschaftsteuer von 54.000 Euro.

Sonderproblem: Vermächtnisse und Teilungsordnung

Von dem Vermächtnis, insbesondere von dem Vorausvermächtnis, ist die Teilungsanordnung zu unterscheiden. Die Teilungsanordnung scheint auf den ersten Blick den gleichen Fall zu behandeln, nämlich, dass ein Erbe einen Gegenstand sicher erhalten soll (so z.B. die Tochter die Zahnärztin ist, die Arztpraxis).

Der Unterschied ist darin zu suchen, dass bei der „reinen“ Aufteilung des Nachlasses (Teilungsanordnung), keine „Verschiebung“ der Erbquoten erfolgen soll. Insoweit ist für die Unterscheidung die Frage zu stellen, ob durch die Verteilung ein Erbe mehr erhalten soll, als ihm nach den Erbquoten zustehen soll. Es ist augenscheinlich, dass dies für den Laien nur schwer zu handhaben ist, zumal durch die Verteilung schnell der gesetzliche Pflichtteil unterschritten werden kann, Pflichtteile als solche übersehen werden können und sich zudem auch steuerliche Auswirkungen ergeben können (insbesondere bei Gesellschaftsbeteiligungen).

Urhebervermerk: © PantherMedia / ilona75

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