Kein Auskunftsanspruch über lebzeitige Schenkungen von Miterben gegen Erbschaftsbesitzer

OLG Naumburg weist Klage auf weitere Auskünfte zurück  Erbstreitigkeiten sind oft komplex und erfordern eine genaue rechtliche Prüfung. In diesem Fall geht es um eine Stufenklage zwischen Miterben, die insbesondere...

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OLG Naumburg weist Klage auf weitere Auskünfte zurück

 Erbstreitigkeiten sind oft komplex und erfordern eine genaue rechtliche Prüfung. In diesem Fall geht es um eine Stufenklage zwischen Miterben, die insbesondere die Frage betrifft, ob der beklagte Erbschaftsbesitzer verpflichtet ist, Auskunft über lebzeitige Zuwendungen der verstorbenen Erblasserin zu erteilen. Der Rechtsstreit beleuchtet die Rechte und Pflichten, die die Beteiligten einer Erbschaft untereinander haben.

Die Erbengemeinschaft: Rechtsgrundlagen und Funktionsweise

Eine Erbengemeinschaft entsteht kraft Gesetzes, sobald eine Erbschaft mehreren Personen zufällt. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Erbfolge gesetzlich bestimmt ist oder auf einem Testament bzw. Erbvertrag basiert. Die Mitglieder der Erbengemeinschaft – die sogenannten Miterben – können sowohl gesetzliche als auch testamentarisch bestimmte Erben sein. Rechtlich handelt es sich bei der Erbengemeinschaft um eine Gesamthandsgemeinschaft. Der gesamte Nachlass wird gemeinschaftliches Vermögen aller Miterben und bleibt bis zur Aufteilung ungeteilt. Jeder Miterbe hat einen bestimmten Anteil am Nachlass, der sich aus der gesetzlichen Erbfolge oder einer testamentarischen Verfügung ergibt.[1]

Kein Auskunftsanspruch gegen Erbschaftsbesitzer

Der Erbschaftsbesitzer, der den Nachlass als Ganzes herausgeben muss, ist bereits nach § 2018 BGB i.V.m. § 260 BGB verpflichtet, dem Erben ein Bestandsverzeichnis aller besessenen Nachlassgegenstände vorzulegen. Er ist darüber hinaus verpflichtet, gegebenenfalls mit einer eidesstattlichen Versicherung zu bestätigen, dass er den Bestand des Nachlasses nach bestem Wissen so vollständig, wie es ihm möglich war, angegeben hat (§ 260 Abs. 2 BGB). Die Vorschrift des § 2027 BGB begründet eine darüber hinausgehende besondere Verpflichtung des Erbschaftsbesitzers, Auskunft über den Bestand des Nachlasses und den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu erteilen.[2]

Das OLG Naumburg hat ausgeführt, dass bei Miterben der Anspruch aus § 2027 BGB nicht einschlägig ist. Es sei gerade davon auszugehen, dass ein Miterbe den Nachlass für die Gesamtheit der Miterben in den Besitz nimmt und somit auch keinen Auskunftsanspruch aus dieser Norm ergeben kann. [3]Jedenfalls umfasst die Auskunftsverpflichtung des Erbschaftsbesitzers lediglich Auskünfte über die tatsächlich von ihm in Besitz genommenen Nachlassgegenstände und Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhanden waren. Das schließt Vermögenswerte, welche durch lebzeitige Schenkungen des Erblassers weggefallen sind, nicht ein.[4]

Auch verneinte das OLG einen Auskunftsanspruch aufgrund von Ausgleichungspflichten aus § 2057 BGB. Den Auskunftsanspruch haben zunächst Miterben, soweit sie zu den Ausgleichsberechtigten zählen, wobei jeder Miterbe selbstständig handeln kann. Der Verpflichtete hat dabei Auskunft über sämtliche Zuwendungen zu erteilen, die er selbst erhalten hat.[5] Auch diesen Anspruch hat das OLG abgelehnt, weil die Fallgruppen der §§ 2051- 2053 BGB nicht einschlägig sind. Es lägen keine ‚Zuschüsse‘ vor, die die Vermögensverhältnisse des Erblassers in entsprechendem Maße überstiegen haben gemäß § 2050 Abs. 2 BGB.[6]

Tipp:

Erbstreitigkeiten und Erbengemeinschaft:
Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, wenn mehrere Personen erben, unabhängig von gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge. Der Nachlass bleibt gemeinschaftliches Vermögen der Miterben, bis er aufgeteilt wird.
Kein Auskunftsanspruch gegen den Erbschaftsbesitzer:
Nach § 2027 BGB besteht kein Anspruch von Miterben auf Auskunft über lebzeitige Zuwendungen des Erblassers, da der Nachlass gemeinschaftlich verwaltet wird und nur vorhandene Nachlassgegenstände erfasst werden müssen.
Urteil des OLG Naumburg:
Das Gericht entschied, dass kein Auskunftsanspruch aus § 2057 BGB besteht, da keine ausgleichspflichtigen Zuschüsse vorlagen, die die Vermögensverhältnisse des Erblassers wesentlich überschritten hätten.

Quellen


[1] https://www.erbrecht.de/erbe-sein/erbengemeinschaft/

[2] https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/damrautanck-praxiskommentar-erbrecht-bgb-2027-auskunftspflicht-des-erbschaftsbesitzers_idesk_PI17574_HI13735828.html

[3] OLG Naumburg, Urt. v. 13.6.2024- 2 U 81/23

[4] Weidlich, Dietmar, Bürgerliches Gesetzbuch, 83. Auflage 2024, § 2027 Rn. 1.

[5] https://www.haufe.de/recht/deutsches-anwalt-office-premium/damrautanck-praxiskommentar-erbrecht-bgb-2057-auskunftspflicht_idesk_PI17574_HI13736338.html

[6] https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__2050.html

 

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