Anforderungen an das Erstellen eines Testaments
Die Erteilung eines Erbscheins ist ein wichtiger Schritt zur Klärung der Erbfolge und kann insbesondere dann zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen, wenn Zweifel an der Echtheit oder Wirksamkeit eines Testaments bestehen. Häufig geht es dabei um Fragen der Testierfähigkeit der Erblasserin oder um die Behauptung, das Testament sei nicht eigenhändig errichtet worden. Solche Streitigkeiten enden oft in einem aufwendigen Gerichtsverfahren, in dem Sachverständigengutachten, Zeugenaussagen und Schriftanalysen eine entscheidende Rolle spielen.
Was ist geschehen?
Der Testamentsvollstrecker beantragte am 07.06.2023 einen Erbschein, der den Beteiligten zu 2) als Alleinerben ausweisen sollte. Grundlage ist ein handschriftliches Testament vom 05.02.2019 mit Nachtrag vom 08.02.2019 und Änderung vom 02.04.2019. In diesem Testament war der vorverstorbene Lebensgefährte der Erblasserin als Vorerbe und der Beteiligte zu 2) als Nacherbe eingesetzt. Nach Ziffer 4 des Testaments waren die Kinder, Enkel und Urenkel von der Erbfolge ausgeschlossen. Zuvor hatte die Erblasserin ihre Tochter (Testament vom 13.11.2017) und ihre Urenkelin (Testament vom 18.05.2013) bedacht.
Der Sohn der Erblasserin, der Beschwerdeführer, bestreitet die Wirksamkeit der Testamente mit der Begründung, seine Mutter sei zum Zeitpunkt der Errichtung aufgrund einer Demenzerkrankung testierunfähig gewesen. Außerdem seien die Testamente nicht von der Erblasserin selbst verfasst worden, da sie Analphabetin gewesen sei.[1]
Darlegungs- und Beweislast für Testierunfähigkeit
Das Nachlassgericht hat den Sachverhalt durch Anhörung der Beteiligten, Vernehmung der Schwester der Erblasserin als Zeugin und Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens ermittelt. Die Voraussetzungen für das Vorliegen eines eigenhändigen Testaments hat der Beschwerdeführer zu beweisen.
Das Gericht stellte fest, dass eine Testierunfähigkeit der Erblasserin nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden konnte. Zwar spreche eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Demenzerkrankung, eine eindeutige Feststellung sei jedoch nicht möglich. Zudem sprächen die glaubhaften Angaben des Testamentsvollstreckers für das Fortbestehen der Testierfähigkeit.
Hinsichtlich der Behauptung, die Erblasserin habe das Testament nicht selbst geschrieben, stellte das Gericht fest, dass trotz des nur kurzen Schulbesuchs keine Anhaltspunkte vorlägen, die eine Schreibfähigkeit ausschließen würden. Die vorhandenen Unterschriften stimmten mit dem Schriftbild des Testaments überein.
Testierunfähigkeit bei Analphabetismus?
Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein und machte erneut geltend, die Erblasserin sei Analphabetin und testierunfähig gewesen. Er beantragte weitere Aufklärung durch Beiziehung der Krankenakten der Kliniken.
Im Beschwerdeverfahren wurden die Krankenakten beigezogen und dem Beschwerdeführer zur Einsicht zur Verfügung gestellt. Die Diagnose einer krankhaften Störung reicht für die Feststellung nicht aus, vielmehr muss eine durch die krankhafte Störung bedingte fehlende Einsichtsfähigkeit vorliegen.[2] Das Gericht prüfte insbesondere:
1. Eigenhändigkeit des Testaments
Der Senat hat bestätigt, dass die Erblasserin das Testament eigenhändig geschrieben hat. Dies wurde durch Zeugenaussagen und Schriftproben bestätigt. Die Behauptung, die Erblasserin sei Analphabetin gewesen, wurde als nicht glaubhaft erachtet.
2. Lesefähigkeit der Erblasserin
Es konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass die Erblasserin des Lesens unkundig war. Da die Beweislast beim Beschwerdeführer lag, ging diese Unsicherheit zu seinen Lasten.
3. Testierfähigkeit der Erblasserin Der Senat hat die Testierfähigkeit eingehend geprüft und festgestellt, dass keine ausreichenden
Der Senat hat die Testierfähigkeit eingehend geprüft und festgestellt, dass keine ausreichenden Beweise für eine Testierunfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung vorlagen. Aus den ärztlichen Unterlagen ergaben sich erst für spätere Zeiträume Hinweise auf eine Demenzerkrankung.
Da weder die Unwirksamkeit des Testaments noch die Testierunfähigkeit der Erblasserin nachgewiesen werden konnten, blieb die Entscheidung des Nachlassgerichts bestehen. Der Beteiligte zu 2. bleibt Erbe der Erblasserin.
• Erbschein und Streitigkeiten:
Die Erteilung eines Erbscheins kann zu Konflikten führen, wenn Zweifel an der Echtheit oder Wirksamkeit eines Testaments bestehen. Oft geht es um Testierfähigkeit oder die Eigenhändigkeit des Testaments.
• Gerichtliche Entscheidung:
Das Nachlassgericht wies die Anfechtung des Sohnes zurück. Ein Gutachten, Zeugenaussagen und Schriftanalysen bestätigten die Gültigkeit des Testaments.
• Schulbildung und Testierfähigkeit:
Viele Überlebende des Zweiten Weltkriegs besuchten nur kurz die Volksschule. Trotz begrenzter Bildung erlernten sie grundlegendes Lesen und Schreiben. Das OLG entschied, dass auch eine kurze Schulzeit ausreicht, um ein Testament eigenhändig und mit Testierwillen zu verfassen.
Quellen
[1] OLG Brandenburg Beschl. v. 9.1.2025 – 3 W 55/24
[2] OLG Düsseldorf, Beschluss vom 04.04.2014, 3 Wx 115/12; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.12.2023, 21 W 91/23