Die lenkende Ausschlagung im Erbrecht: Ein rechtliches Gestaltungsinstrument

Im Erbrecht kann die Entscheidung, eine Erbschaft auszuschlagen, weitreichende Konsequenzen haben. Durch Ausschlagung kann u.U. gezielt gelenkt werden, wer letztlich in den Genuss des Nachlasses kommt. Dieser Vorgang wird als...

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Im Erbrecht kann die Entscheidung, eine Erbschaft auszuschlagen, weitreichende Konsequenzen haben. Durch Ausschlagung kann u.U. gezielt gelenkt werden, wer letztlich in den Genuss des Nachlasses kommt. Dieser Vorgang wird als „lenkende Ausschlagung“ bezeichnet und bietet eine interessante Möglichkeit, die Nachlassregelung innerhalb der Familie zu gestalten.

Was ist eine lenkende Ausschlagung?

Die lenkende Ausschlagung beschreibt den Vorgang, bei dem der Erbe eine Erbschaft ausschlägt, um den Nachlass auf eine andere Person zu übertragen. Dies kann insbesondere dann relevant sein, wenn steuerrechtliche Freibeträge besser ausgeschöpft werden sollen, oder die Erbschaft auf einen anderen Verwandten übergehen soll, der besser mit dem Nachlass umgehen kann oder geringere steuerliche Belastungen zu erwarten hat.

Welche Voraussetzungen und Rechtswirkungen hat eine Ausschlagung?

Voraussetzung für eine „lenkende Ausschlagung“ ist in jedem Fall, dass sich der ausschlagende Erbe über die Rechtswirkung seiner Ausschlagung im Klaren ist. Dazu gehört unabdingbar das Wissen, wie die gesetzliche Erbfolge geregelt ist. Aus § 1953 II BGB folgt:

„Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte.“

Im Falle einer Ausschlagung muss sich die Person, welche die Erbschaft ausschlägt, selbst wegdenken und dann unter Berücksichtigung der gesetzlichen Erbfolge feststellen, wer ohne diese Person Erbe wird. Außerdem ist die fristgerechte Erklärung zwingend: Die Ausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis von dem Anfall und dem Grunde der Berufung erfolgen, gem. § 1944 BGB. Hier ist die höchstrichterliche Rechtsprechung sehr streng.

Damit eine Ausschlagung durch Eltern für ihre minderjährigen Kinder rechtlich wirksam ist, müssen weitere, bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: So Eltern dürfen eine Erbschaft für ihr minderjähriges Kind nur ausschlagen, wenn das Familiengericht dem zustimmt, gem. § 1643 BGB. Diese Genehmigung soll sicherstellen, dass die Ausschlagung im wohlverstandenen Interesse des Kindes erfolgt.

Steuerliche Aspekte

Ein weiterer Grund für die lenkende Ausschlagung sind steuerliche Vorteile. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, dass ein Erbe, der bereits erhebliche Vermögenswerte besitzt, zugunsten eines Nachfolgers ausschlägt, der steuerlich günstiger gestellt ist. Durch die gezielte Nutzung von Steuerfreibeträgen innerhalb der Familie lassen sich erhebliche Steuerlasten vermeiden.

Risiken

So flexibel die lenkende Ausschlagung auch erscheinen mag, sie ist nicht frei von Risiken. Problematisch kann beispielsweise sein, wenn Eltern die Ausschlagung nicht im Kindeswohl, sondern im eigenen Interesse vornehmen.

Ein weiteres Risiko besteht im Irrtum über die Rechtsfolgen. Eine im Ergebnis misslungene „lenkende Ausschlagung“ kann nicht immer mittels einer Irrtumsanfechtung wieder rückgängig gemacht werden. Das OLG Frankfurt hat dies in einer Entscheidung aus 2021 zwar bejaht, die herrschende Auffassung verneint dies jedoch, beispielsweise das OLG Hamm in einer Entscheidung aus 2011.

Fazit

Die lenkende Ausschlagung im Erbrecht ist ein wirkungsvolles Instrument, um den Nachlass gezielt zu steuern. Eltern können beispielweise auf diese Weise die Erbfolge beeinflussen und steuerliche Vorteile nutzen. Allerdings erfordert dieses Vorgehen eine sorgfältige rechtliche Prüfung und, insbesondere bei minderjährigen Erben, die Zustimmung des Familiengerichts. Bei unsachgemäßer Anwendung kann es zu Streitigkeiten oder rechtlichen Problemen kommen. Es empfiehlt sich daher, in Fällen, in denen eine lenkende Ausschlagung erwogen wird, frühzeitig fachlichen Rat einzuholen. Wir beraten Sie hierzu kompetent und verständlich!

Tipp:

Anlass und Zweck: Durch Ausschlagung kann u.U. gezielt gelenkt werden, wer letztlich in den Genuss des Nachlasses kommt. Dies kann insbesondere dann relevant sein, wenn steuerrechtliche Freibeträge besser ausgeschöpft werden sollen.
Vorsicht: Im Falle einer Ausschlagung muss sich die Person, welche die Erbschaft ausschlägt, selbst wegdenken und dann unter Berücksichtigung der gesetzlichen Erbfolge feststellen, wer ohne diese Person Erbe wird. Außerdem ist die fristgerechte Erklärung zwingend: Die Ausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis von dem Anfall und dem Grunde der Berufung erfolgen, gem. § 1944 BGB. Ein weiteres Risiko besteht im Irrtum über die Rechtsfolgen. Eine im Ergebnis misslungene „lenkende Ausschlagung“ kann nicht immer mittels einer Irrtumsanfechtung wieder rückgängig gemacht werden.
Eltern schlagen für minderjährige Kinder aus: Eltern dürfen eine Erbschaft für ihr minderjähriges Kind nur ausschlagen, wenn das Familiengericht dem zustimmt, gem. § 1643 BGB. Diese Genehmigung soll sicherstellen, dass die Ausschlagung im wohlverstandenen Interesse des Kindes erfolgt.

Quellen


Erbrecht-Ratgeber | Infos für Erben und Erblasser

BGH, Beschluss vom 04.09.2024 – IV ZB 37/23

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 06.02.2021 – 21 W 167/20

OLG Hamm, Beschluss vom 31.05.2011 – I-15 W 176/11

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