
Die meisten Erbfälle haben einen ausländischen Bezug und der Nachlass ist teilweise im Inland, aber auch im Ausland. Eine Rechtsberatung in solchen Fällen ist besonders wichtig. Es fallen je nach Einzelfall Erbschaftssteuer an. Erben, die nicht in Deutschland leben, profitieren von der folgenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs. Demnach müssen ausländische Vermächtnisnehmer beim Erwerb von inländischen Immobilien keine Erbschaftssteuer zahlen, wenn auch der Erblasser nicht in Deutschland lebt und nicht deutscher Staatsbürger ist.
Erleichterung bei ausländischen Vermächtnissen
Dem Urteil lag folgender Fall zugrunde: Die Erblasserin hat im Wege eines Vermächtnisses ihrer Nichte ein in Deutschland gelegenes Grundstück hinterlassen. Weder die Tante noch die Nichte hatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland und es lag auch keine nachlaufende Erbschaftssteuerpflicht vor. Das Gericht beschäftigte sich mit der Frage, ob ein Fall der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland gegeben ist und ein Vermächtnis, welches auf die Übertragung eines im Inland gelegenen Grundstücks gerichtet ist, einem inländischen Grundstück für diese Zwecke gleichsteht. Grundlage war § 121 Nr. 2 BewG, der nur inländische Grundstücke umfasst, aber keine Ansprüche nennt, welche auf Übertragung inländischer Grundstücke gerichtet sind.
Das Finanzamt hat einen entsprechenden Erbschaftssteuerbescheid erlassen, wobei die Klägerin gegen diesen Bescheid vorgegangen ist. Mit Erfolg, denn der BFH hob in seiner Entscheidung den Steuerbescheid auf und stellte klar, dass vorliegend keine deutsche Erbschaftssteuerpflicht gegeben war.
Eine Gesetzeslücke führt zu den Ersparnissen der Erbschaftssteuer
Die Erblasserin lebte in der Schweiz und die Nichte in den USA. Sie vererbte ihr ein Grundstück in München und sie wurde durch Annahme des Vermächtnisses im Grundbuch eingetragen.
Grundsätzlich ist es bei diesem Fall einleuchtend, dass eine im Ausland lebende Erbin ohne deutsche Staatsangehörigkeit nicht steuerpflichtig ist und daher auch keine Erbschaftssteuer zahlen muss. Rechtlich gesehen überrascht diese Entscheidung, denn wäre die Immobilie nicht im Wege des Vermächtnisses, sondern durch eine Erbeinsetzung zugewendet worden, wäre die Nichte nach geltendem deutschen Recht gerade verpflichtet gewesen, die anfallenden Erbschaftssteuern zu zahlen.
Begründet wurde dieses überraschende Ergebnis des BFH mit einer vorliegenden Gesetzeslücke:
Der Unterschied zwischen einer Erbeinsetzung und eines Vermächtnisses wird verdeutlicht:
Beim Vererben von Immobilien durch Erbeinsetzungen wird der Erwerb ohne weiteren Zwischenakt mit dem Tod des Erblassers vollzogen, anders ausgedrückt: Der Erbe wird mit dem Tod des Erblassers automatisch Eigentümer der Immobilie. Dieser automatische Erwerb führt zu Erbschaftssteuern. Bei einem Vermächtnis ist das nicht der Fall: Hier kriegt der Vermächtnisnehmer erstmalig einen schuldrechtlichen Anspruch auf das Vermächtnis und wird nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers Eigentümer der Immobilie.
Dieser Unterschied sei erheblich genug, um eine unterschiedliche rechtliche Bewertung durchzuführen und die Steuerpflicht im Fall eines Vermächtnisses entfallen zu lassen.
Zeitliche Beschränkung für die Erbschaftsteuer
Es ist zu beachten, dass diese Beurteilung zumindest bis zum Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung und somit für Todesfälle bis zum 16.08.2015 gilt. Bei Erbfällen ab dem 17.08.2018 kann unter Anwendung des ausländischen Erbrechts auch eine andere Rechtsfolge eintreten, wenn das Vermächtnis dingliche Wirkung entfaltet und somit direkt auf den Berechtigten übergeht. Falls Sie sich unsicher sind, welches Recht für Sie gilt, ist es ratsam, eine Rechtsberatung wahrzunehmen.
In jedem Fall ist zu beachten, dass der BFH betonte, dass diese Gesetzeslücke nur greift, wenn sowohl der Erblasser als auch der Vermächtnisnehmer keinen inländischen Bezug haben, also weder in Deutschland leben noch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.
Zur Vermeidung von Erbschaftsteuern bei Immobilien mit ausländischem Bezug:
• Wenn weder der Erblasser noch der Vermächtnisnehmer ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben noch eine deutsche Staatsangehörigkeit, kann es sein, dass keine Erbschaftsteuer anfällt.
• Die Unterscheidung zwischen einem Vermächtnis und einer Erbeinsetzung ist in diesem Fall sehr wichtig.
• Es sind auch zeitliche Beschränkungen zu beachten.
Es kann durch eine umfassende Würdigung eines Fachanwalts festgestellt werden, ob die Erbschaftsteuer im Einzelfall anfallen wird. Wir bei Scheidt Kalthoff & Partner stehen mit unserer langjährigen Erfahrung im Erbrecht sowie im Steuerrecht Ihnen zur Seite. Vereinbaren Sie heute noch einen Termin zur Erstberatung!