
In den meisten Erbfällen ist das wesentliche Vermögen die Immobilie, die der Erblasser hinterlässt. Bei einem hinterlassenen handschriftlichen Testament, in dem ein Erbe diese Immobilie erben soll, ist regelmäßig zwischen einer Erbeinsetzung und einem Vermächtnis zu unterscheiden. Damit musste sich auch der OLG Karlsruhe auseinandersetzen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.9.2023 – 11 W 42/23 (Wx)):
Was ist geschehen?
Die Erblasserin hinterlässt keine eigenen Kinder und der Ehegatte ist vor verstorben. Die Hinterbliebenen sind die Schwester und die Nichten der Erblasserin.
Die Erblasserin verfasst zu Lebzeiten folgendes handschriftliches Testament:
„Ich setzte D. [Bet. zu 1als Erbin von dem Gebäude ein. Alles steht Ihr zur Verfügung. Sie kann bestimmen, wer noch etwas ab kommt.
B. [Bet. zu 3] und W. [Bet. zu 2] sollen Anteil haben.
Die D. (Beteiligte zu 1) beantragte ein Erbschein, der sie als Alleinerbin ausstellte. Das Vermögen der Erblasserin umfasste neben Vermögen bei der Bank auch Landwirtschaftsflächen. Die Stellung als Alleinerben begründete D. damit, dass die im Testament erwähnte Immobilie den größten Teil des Vermögens ausmache.
Auslegung des Testaments bei mehreren Hinterbliebenen
Die anderen im Testament erwähnten Erben sind dem Vorgehen der D. entgegentreten. Sie legen das Testament so aus, dass die Formulierung „alles stehe Ihr zur Verfügung“ beutete, dass sie zwar die Immobilie erben soll, aber sie alle drei Erben geworden sind und das Einsetzen der D. als eine Teilungsordnung zu verstehen ist.
Das Nachlassgericht hat den beiden Beteiligten recht gegeben und das Testament auch so ausgelegt, dass alle drei Erben geworden sind und somit eine Erbengemeinschaft bilden. Die Formulierung „B. und W. sollen Anteil haben“ begründe eine Erbeinsetzung, sowie die Generalvollmacht, die D. bekommen hat. Dieser hätte es bei einer Einsetzung als Alleinerbin nicht bedurft.
D. hat Beschwerde eingereicht und es damit bis zum OLG geschafft.
Die Erbeinsetzung ist gegeben, wenn die Immobilie das wesentliche Vermögen ausmacht
Das OLG gab der D. insoweit recht, als die Erblasserin durch ihr handschriftliches Testament die restlichen Beteiligten gerade nicht als Erben eingesetzt hat. Das Vererben der Immobilie, die laut Angaben der D. 87 Prozent des Nachlasswerts ausmacht, führt zu der Einsetzung des D. als Alleinerbin. Die Formulierungen „Alles steht Ihr zur Verfügung“ und „Sie kann bestimmen, wer noch etwas ab kommt“ seien laut OLG als Erweiterung der Erbenstellung auszulegen und schwer nur auf die Immobilie zu beziehen.
Das OLG berücksichtigte auch die persönliche Beziehung zwischen D. und der verstorbenen Erblasserin, die zu Lebzeiten regelmäßig in alltäglichen Situationen intensiv unterstützt hat und auch die Pflege sowie dessen Organisation übernommen hat. Die Generalbevollmächtigung spreche auch eher für die Alleinerbeinsetzung, um die rechtliche Abwicklung nach dem Tod zu vereinfachen.
Die Formulierung „Anteile haben“ spricht für ein Vermächtnis oder eine Auflage
Der Einwand der anderen Beteiligten, dass sie laut Erblasserin „Anteile haben“ sollen, begründe keine Erbeinsetzung. Auch führe diese Formulierung nicht dazu, dass die Erbeinsetzung des D als Alleinerbin, dadurch unwirksam wird. Eine Unwirksamkeit der Alleinerbeinsetzung könne sich nur ergeben, wenn die Erblasserin eine rechtliche Verbindlichkeit ihrer Anordnung gewollt hätte und sie bei Kenntnis von der Unverbindlichkeit der Anordnung von der Einsetzung der D. als Alleinerbin hätte absehen wollen.
Bei einem undeutlich verfassten Testament kommt es häufig zu Streitigkeiten zwischen den Hinterbliebenen und oft zu Fragen der Auslegung, wenn die Formulierungen im Testament mehrdeutig sind. Die Formulierungen sowie weitere Umstände, wie die Pflege zu Lebzeiten der Erblasserin, wurden berücksichtigt. Wenn die Immobilie den größten Teil des Vermögens des Erblassers ausmacht, spricht das dafür, dass dessen Erwerber im Wege der gewillkürten Erbfolge Erbe werden soll. Es ist ratsam bei einem oder mehreren Immobilien im Nachlass eine rechtliche Beratung wahrzunehmen, falls Sie ein Testament erstellen möchten, um zu gewährleisten, dass die gewünschte Erbfolge eintritt. Planen Sie Ihre Zukunft mit Sicherheit: Vereinbaren Sie einen Termin zur Erstberatung für Ihren Immobilienbesitz!