Der Zugang des Widerrufs bei einem gemeinschaftlichen Testament

Kein Zurück nach dem Tod: Ein Widerruf der gemeinsamen Verfügung lässt sich nicht nachträglich zustellen Es ist nicht selten, dass ein Erbfall zu einem Streit führt. Noch schwieriger wird es,...

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Kein Zurück nach dem Tod: Ein Widerruf der gemeinsamen Verfügung lässt sich nicht nachträglich zustellen

Es ist nicht selten, dass ein Erbfall zu einem Streit führt. Noch schwieriger wird es, wenn der Versterbende zu Lebzeiten mehrmals testiert hat und unterschiedliche Erben eingesetzt hat. Dieser Konflikt kann nur gelöst werden, wenn man die richtige Reihenfolge der erstellten Testamente herausfindet und diese sich inhaltlich widersprechen. In diesem Fall geht es um die rechtliche Auseinandersetzung nach dem Tod einer Erblasserin, die zwei Testamente hinterlassen hat: ein älteres gemeinschaftliches Testament, in dem sie ihren Ehemann zum Alleinerben bestimmt, und ein späteres Einzeltestament, das eine andere Person als Erben einsetzt.

Was ist geschehen?

In diesem Fall hat die Erblasserin zwei Testamente erstellt: ein notarielles gemeinschaftliches Testament mit ihrem Ehemann (Beteiligter 1) vom 26. September 2006, in dem dieser als Alleinerbe eingesetzt wurde, und ein Einzeltestament vom 8. Juni 2022, in dem eine andere Person (Beteiligter 2) zum Alleinerben bestimmt ist. Am selben Tag, dem 8. Juni 2022, ließ die Erblasserin zudem notariell den Widerruf ihrer letztwilligen Verfügung aus dem gemeinschaftlichen Testament beurkunden. Der Beteiligte 1 stellte jedoch am 15. Januar 2024 in einem Anwaltsschreiben die Wirksamkeit dieses Widerrufs infrage, da er nur eine beglaubigte Abschrift, nicht aber die erforderliche Ausfertigung erhalten habe. Bis zur endgültigen Klärung der Sachlage soll der Nachlass gesichert bleiben.[1]

Die Bindungswirkung bei einem gemeinschaftlichen Testament

Ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten hat gemäß § 2271 BGB eine sogenannte Bindungswirkung. Dies bedeutet, dass die im Testament getroffenen „wechselbezüglichen“ Verfügungen während des Lebens beider Partner nicht einseitig geändert werden können, ohne dass der andere davon Kenntnis erlangt. Stirbt einer der Ehegatten, verliert der überlebende Partner sogar kraft Gesetzes das Recht, die wechselbezüglichen Verfügungen im Testament zu widerrufen. Der verstorbene Ehegatte kann somit sicher sein, dass der überlebende Partner nach dessen Tod keine wesentlichen Bestimmungen des gemeinschaftlichen Testaments verändert.

Ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten hat gemäß § 2271 BGB eine sogenannte Bindungswirkung. Dies bedeutet, dass die im Testament getroffenen „wechselbezüglichen“ Verfügungen während des Lebens beider Partner nicht einseitig geändert werden können, ohne dass der andere davon Kenntnis erlangt. Stirbt einer der Ehegatten, verliert der überlebende Partner sogar kraft Gesetzes das Recht, die wechselbezüglichen Verfügungen im Testament zu widerrufen. Der verstorbene Ehegatte kann somit sicher sein, dass der überlebende Partner nach dessen Tod keine wesentlichen Bestimmungen des gemeinschaftlichen Testaments verändert.[2]

Gemeinschaftliches Testament: Späte Zustellung des Widerrufs scheitert Das OLG Celle entschied, dass der Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament nicht wirksam war, da der Widerruf nicht in der erforderlichen Form zugestellt wurde. Nach dem BGH ist für die Wirksamkeit eines Widerrufs einer notariell beurkundeten Willenserklärung der Zugang einer Ausfertigung der Urkunde erforderlich. Die bloße Vorlegung einer beglaubigten Abschrift genügt nicht. Auch die nach dem Tod der Erblasserin veranlasste Zustellung einer Ausfertigung der Widerrufserklärung konnte die Widerrufswirkung nicht mehr herbeiführen. Zugrunde lag § 130 Abs. 2 BGB, wonach sich die Willenserklärung beim Tod des Erklärenden auf dem Weg zum Adressaten befindet und die Zustellung alsbald nachfolgt. Sinn und Zweck dieser Norm sind der Schutz des Erklärungsempfängers. Dieser Vertrauensschutz gilt im Regelfall, wenn der Tod des Erklärenden und die Zustellung der Erklärung zeitlich nah beieinanderliegen. Er entfällt jedoch, wenn die Willenserklärung, wie in diesem Fall, beim Tod des Erklärenden noch nicht auf dem Weg zum Empfänger war. In diesem Fall wurde die Erklärung erst mehr als zwei Monate später erneut zur Zustellung auf den Weg gebracht, sodass sie zu einem Zeitpunkt zugestellt wurde, an dem den Beteiligten der Tod des Erklärenden bereits bekannt war.

Tipp:

Die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments:
• Das gemeinschaftliche Testament entfaltet eine sogenannte Bindungswirkung.
• Folglich kann das gemeinschaftliche Testament nicht ohne den Partner umgeändert oder aufgehoben werden.
• Bei einem Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments zu Lebzeiten, ist der Zugang einer Ausfertigung der Notarurkunde erforderlich.
• Das bloße Vorzeigen der in der Ausfertigung verkörperten Willenserklärung bewirkt nicht dessen Zugang.

Quellen


[1] Oberlandesgericht Celle, Beschl. v. 05.06.2024, Az.: 6 W 56/24

[2] https://www.dhpg.de/de/newsroom/blog/wann-ist-ein-ehegattentestament-wechselbezueglich#:~:text=Ein%20gemeinschaftliches%20Testament%20von%20Ehegatten,der%20andere%20Partner%20davon%20erfährt.

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