Rechtliche Gestaltung und Vorteile eines Behindertentestaments
Ein Behindertentestament ist eine spezielle testamentarische Regelung, die darauf abzielt, das Erbe einer Person mit Behinderung optimal zu schützen. Es sorgt dafür, dass der erbberechtigte Mensch mit Behinderung finanziell abgesichert ist, ohne dass Sozialleistungen wie Eingliederungshilfe oder Grundsicherung gefährdet werden. Das Behindertentestament ist wegen der Möglichkeit der Sittenwidrigkeit aufgrund des Nachrangs staatlicher Leistungen häufig Gegenstand vor Gericht. Damit stellt das Behindertentestament eine wichtige Vorsorgemaßnahme dar, um die Lebensqualität der Erben langfristig zu sichern.
Warum braucht man ein Behindertentestament?
Menschen mit Behinderung sind häufig auf Sozialleistungen wie die Grundsicherung oder Eingliederungshilfe angewiesen. Diese Leistungen sind in der Regel einkommens- und vermögensabhängig, sodass der Sozial- oder Eingliederungshilfeträger keine Unterstützung gewährt, wenn der Leistungsempfänger über eigenes Einkommen oder Vermögen verfügt.
Erbt eine Person mit Behinderung, wird dieses Erbe in der Regel als Vermögen angerechnet. Das bedeutet, dass sie zunächst ihre Sozialleistungen aus dem geerbten Betrag finanzieren muss, wodurch das Erbe letztlich nicht ihr selbst, sondern dem Sozial- bzw. Eingliederungshilfeträger zugutekommt.
Um dies zu verhindern, können Eltern ein sogenanntes Behindertentestament errichten. Diese spezielle testamentarische Gestaltung sorgt dafür, dass das Erbe dem behinderten Kind zugutekommt, ohne dass es auf Sozialleistungen angerechnet wird.[1]
Die Struktur des Behindertentestaments
Bei einem Behindertentestament wird grundsätzlich eine Vor- und Nacherbfolge in Kombination mit einer Dauertestamentsvollstreckung (§ 2209 BGB) angeordnet.
Zu beachten ist, dass der behinderte Familienangehörige im Erbfall mindestens in Höhe des Pflichtteils abgesichert werden muss. Andernfalls kann die testamentarische Regelung unwirksam sein, wodurch die Gefahr besteht, dass Ansprüche an Dritte, insbesondere an den Sozialleistungsträger, übergehen. Sonst könnte ein nach § 93 Abs. 1 SGB XII überleitbarer Pflichtteilsanspruch entstehen.
Das Nachlassvermögen ist auch insoweit geschützt, als die Eigengläubiger des behinderten Vorerben nicht in dieses vollstrecken können gemäß §§ 2115, 2214 BGB.
Der Pflichtteilsanspruch im Verhältnis zum Behindertentestament
Bei einem Behindertentestament ist die Regelung zugunsten des behinderten Kindes deshalb so wichtig, um zu verhindern, dass Pflichtteilsansprüche entstehen. Dadurch würde das Kind Vermögen erhalten, das zur Deckung seines Lebensunterhalts genutzt werden müsste, ohne dass sich seine Lebensqualität verbessert. Letztlich käme das Erbe dem Sozial- oder Eingliederungshilfeträger zugute.
Der Übergangsanspruch aus § 93 Abs. 1 SGB XII, kann, solange der Pflichtteil noch nicht geltend gemacht und/ oder erfüllt wurde, durch den Sozialleistungsträger durchgesetzt werden.[2]
Die Gestaltung des Behindertentestaments
In einem Behindertentestament wird der Angehörige mit Behinderung als Vorerbe eingesetzt, und zwar mit einem Erbanteil, der über der Pflichtteilsquote liegt. Gleichzeitig werden ein oder mehrere Nacherben für die Zeit nach dem Tod des Vorerben bestimmt. Um sicherzustellen, dass das Erbe nicht zur Deckung staatlicher Sozialleistungen verwendet wird, wird eine Dauertestamentsvollstreckung auf Lebenszeit angeordnet.
Der Testamentsvollstrecker erhält dabei klare Anweisungen, wie die Erträge aus dem Nachlass genutzt werden sollen, nämlich ausschließlich zur Verbesserung der Lebensqualität des erbenden Angehörigen mit Behinderung. Unklare Formulierungen können zu einem Zugriff des Sozialhilfeträgers auf das Nachlassvermögen führen.
Es soll ausdrücklich festgelegt werden, dass diese Zuwendungen nicht zur Entlastung des Sozial- oder Eingliederungshilfeträgers dienen dürfen.
• Ziel des Behindertentestaments:
Es schützt das Erbe einer Person mit Behinderung, sichert deren finanzielle Versorgung.
• Struktur und rechtliche Absicherung:
Durch die Kombination aus Vor- und Nacherbfolge sowie Dauertestamentsvollstreckung bleibt das Erbe vor dem Zugriff des Sozialleistungsträgers und anderer Gläubiger geschützt. Der behinderte Erbe muss dabei mindestens in Höhe des Pflichtteils abgesichert sein.
• Vermeidung des Pflichtteilsanspruchs:
Das Testament muss so gestaltet sein, dass kein Pflichtteilsanspruch entsteht, da dieser auf den Sozialleistungsträger übergehen könnte. Der Testamentsvollstrecker verwaltet das Erbe gezielt zur Verbesserung der Lebensqualität des Erben, ohne dass es zur Entlastung der Sozialhilfeträger dient.
Quellen
[1] https://www.lebenshilfe.de/informieren/senioren/behindertentestament?srsltid=AfmBOop1tig4kUn-gG4pCHKlDr7qb4hM1Mj5LDggvjq_3XA91e_lD3Ta
[2] Erbrecht Effektiv, Ausgabe 01/2025, Seite 6