Beihilfe zu § 266a StGB: Können Selbstständige für Sozialabgaben ihrer Auftraggeber belangt werden?

Wann Selbstständige für Sozialabgaben haften - und warum der Vorwurf der Beihilfe brisant ist Wer als Freelancer arbeitet, kennt die Vorteile der Selbstständigkeit: freie Zeiteinteilung, unternehmerische Unabhängigkeit und volle Kontrolle...

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Wann Selbstständige für Sozialabgaben haften – und warum der Vorwurf der Beihilfe brisant ist

Wer als Freelancer arbeitet, kennt die Vorteile der Selbstständigkeit: freie Zeiteinteilung, unternehmerische Unabhängigkeit und volle Kontrolle über die eigene Tätigkeit. Doch was, wenn genau diese Unabhängigkeit plötzlich strafrechtliche Konsequenzen haben könnte?

Immer häufiger geraten Soloselbstständige ins Fadenkreuz der Ermittlungsbehörden – nicht wegen Steuerhinterziehung oder Scheinselbstständigkeit, sondern aufgrund eines anderen Vorwurfs: Beihilfe zum Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB).

Doch kann ein Selbstständiger Beihilfe leisten, wenn er ganz legal seine Leistungen erbringt? Und wie weit geht die Verantwortung eines Freelancers? Dieser Beitrag zeigt die juristische Problematik auf und erklärt, warum die Ausweitung der Strafbarkeit nicht nur fragwürdig, sondern auch gefährlich für die gesamte freie Berufswelt ist.

Wenn Selbstständige plötzlich Beschuldigte sind

Bislang galt die Regel: Nur Arbeitgeber oder ihnen gleichgestellte Personen (§ 266a Abs. 5 StGB) können sich strafbar machen, wenn Sozialversicherungsbeiträge nicht korrekt abgeführt werden. Arbeitnehmer, die auf diese Weise schwarz beschäftigt wurden, blieben meist strafrechtlich unbehelligt. Inzwischen sehen sich jedoch auch Soloselbstständige mit Ermittlungsverfahren konfrontiert – selbst wenn sie ihre Tätigkeit ordnungsgemäß versteuert haben.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Ein freiberuflicher IT-Spezialist, der für verschiedene Unternehmen tätig ist, wird plötzlich mit dem Vorwurf der Beihilfe konfrontiert. Obwohl er eigenständig arbeitet, seine Honorare ordnungsgemäß abrechnet und keine Anweisungen von seinen Auftraggebern erhält, ermitteln die Behörden. Hintergrund ist eine immer strengere Auslegung des Sozialversicherungsrechts (§ 7 Abs. 1 SGB IV), die dazu führt, dass Selbstständige fiktiv in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis eingeordnet werden.

Warum diese Entwicklung problematisch ist

Der Vorwurf der Beihilfe setzt voraus, dass der Freelancer vorsätzlich zur Haupttat – also zur Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen – beiträgt. Doch genau hier liegt das Problem:

1. Fehlender Gehilfenvorsatz

Beihilfe erfordert, dass der Gehilfe bewusst eine rechtswidrige Tat unterstützt. Ein Selbstständiger, der seinen Auftrag regulär erfüllt, hat jedoch keine Kenntnis von möglichen Verstößen seines Auftraggebers – geschweige denn die Absicht, diese zu fördern.

2. Keine aktive Unterstützung

Der bloße Vertragsschluss und die Annahme einer Zahlung stellen keine Beihilfe dar. Es gibt keine Abrede über Schwarzlohn, keine kollusive Zusammenarbeit – der Freelancer leistet seine Arbeit und rechnet sie ab.

3. Keine Garantenstellung

Eine Garantenpflicht, die den Selbstständigen dazu verpflichten würde, seinen Auftraggeber zur Abführung von Sozialabgaben zu zwingen, existiert nicht. Die Klärung des Beschäftigungsstatus ist gesetzlich Aufgabe des Auftraggebers, nicht des Auftragnehmers.

Strafrecht darf kein Instrument zur Durchsetzung sozialpolitischer Interessen sein

Diese Entwicklung zeigt eine bedenkliche Tendenz: Durch die enge Verzahnung von Sozialrecht und Strafrecht geraten immer mehr Freiberufler in eine Grauzone, die für sie existenzgefährdend sein kann. Freelancer sollten daher besonders auf ihre Vertragsgestaltung achten, um sich vor unberechtigten Vorwürfen zu schützen. Ebenso wichtig ist es, dass Ermittlungsbehörden und Gerichte die Grenzen des Strafrechts wahren und nicht versuchen, sozialpolitische Probleme durch strafrechtliche Maßnahmen zu lösen.

Tipp:

1. Klare vertragliche Gestaltung und Dokumentation:
• Der Vertrag sollte unmissverständlich festhalten, dass es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelt.
• Keine feste Eingliederung in die Arbeitsabläufe des Auftraggebers (z. B. keine Pflicht zur Nutzung interner Tools oder regelmäßige Meetings mit Anwesenheitspflicht).
• Eigenes Risiko, eigene Arbeitsmittel und eigene Zeiteinteilung sollten klar geregelt sein.

2. Klare vertragliche Gestaltung und Dokumentation:
• Die DRV sieht es kritisch, wenn ein Freelancer überwiegend oder ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber arbeitet.
• Am besten ist eine breite Kundenbasis sowie eine eigene Webseite, ein Geschäftskonto und Marketingmaßnahmen zur Kundengewinnung.

3. Keine Schwarzlohnabreden oder verschleierte Weisungsgebundenheit:
• Freelancer sollten keine mündlichen oder schriftlichen Absprachen akzeptieren, die auf eine Umgehung von Sozialabgaben hinauslaufen.
• Wer sich auf verdeckte Scheinselbstständigkeit einlässt, kann nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich belangt werden.

Quellen


https://www.iww.de/pstr/leserforum/beihilfe-zur-schwarzarbeit-beihilfe-zu-266a-stgb-durch-den-selbststaendigen-durchsetzung-sozialpolitischer-interessen-mit-den-mitteln-des-f165612

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