Keine Ersatzerbschaftsteuer für nichtrechtsfähige Auslands-Familienstiftung

Verwaltungssitz allein genügt nicht - Rechtsfähigkeit als Schlüssel zur Steuerpflicht Was passiert, wenn eine Schweizer Familienstiftung ihr Vermögen ausgerechnet von Deutschland aus verwalten lässt? Genau diese Frage hatte der Bundesfinanzhof...

kontaktaufnahme

Berlin
+49 30 - 32 51 21 550

Bochum
+49 234 - 95 70 07 00

Dortmund
+49 231 - 97 39 41 00

Duisburg
+49 203 - 94 19 31 00

Düsseldorf
+49 211 - 75 61 51 00

Essen
+49 201 - 85 77 01 00

Verwaltungssitz allein genügt nicht – Rechtsfähigkeit als Schlüssel zur Steuerpflicht

Was passiert, wenn eine Schweizer Familienstiftung ihr Vermögen ausgerechnet von Deutschland aus verwalten lässt?

Genau diese Frage hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aufsehenerregenden Urteil zu klären – und setzte ein deutliches Zeichen: Ohne Rechtsfähigkeit keine Ersatzerbschaftsteuer.

Damit stoppt der BFH die bislang expansive Auffassung mancher Finanzämter, wonach auch ausländische Familienstiftungen mit deutschem Verwaltungssitz automatisch steuerpflichtig seien. Das Urteil hat weitreichende Folgen für grenzüberschreitende Vermögensstrukturen, Family Offices und Stiftungen mit internationalem Bezug – und bringt endlich Klarheit, wo bisher Unsicherheit herrschte.

Was ist passiert?

Im Mittelpunkt des Falls stand eine Familienstiftung nach Schweizer Recht, gegründet im Jahr 1959 von einer Stifterin zur Unterstützung ihrer Nachkommen. Auf den ersten Blick also ein klassischer Fall familiärer Vermögensbindung – mit einem entscheidenden Twist:
Zwar lag der satzungsmäßige Sitz der Stiftung in der Schweiz, die tatsächliche Verwaltung aber erfolgte komplett von Deutschland aus. Sämtliche Mitglieder des Stiftungsrats lebten hier, führten die Stiftungsgeschäfte von Deutschland aus, und selbst die Stiftungskonten wurden bei deutschen Banken geführt.

Als das Finanzamt von der Struktur erfuhr, wurde eine Ersatzerbschaftsteuererklärung angefordert und ein Steuerbescheid über mehrere Millionen Euro erlassen. Die Begründung: Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliege das Vermögen jeder Familienstiftung – egal, wo gegründet – alle 30 Jahre der sogenannten Ersatzerbschaftsteuer.

Die Stiftung wehrte sich und zog direkt zum Bundesfinanzhof. Ihr zentrales Argument: Sie sei nach deutschem Recht gar keine rechtsfähige Stiftung und könne deshalb auch nicht Ersatzerbschaftsteuerpflichtige sein.

Rechtsfähigkeit als Schlüssel zur Steuerpflicht

Der BFH hat die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts aufgehoben. Entscheidend war dabei, dass die Klägerin nach deutschem Recht keine rechtsfähige Stiftung darstellt – und damit auch nicht unter die Ersatzerbschaftsteuer fällt. Drei Punkte waren für das Urteil ausschlaggebend:

  1. Nur rechtsfähige Stiftungen sind steuerpflichtig.
    § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG betrifft ausschließlich rechtsfähige Familienstiftungen. Nichtrechtsfähige Stiftungen besitzen kein eigenes Vermögen und können daher keine Steuerschuldnerin sein.
  2. Maßgeblich ist der Verwaltungssitz – Anwendung der Sitztheorie.
    Da die Stiftung von Deutschland aus verwaltet wurde, galt deutsches Recht. Ohne Anerkennung nach §§ 80 ff. BGB fehlte ihr die Rechtsfähigkeit.
  3. Keine Erweiterung des Tatbestands durch andere Normen.
    § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG und die Gleichstellungsvorschriften zu ausländischen Vermögensmassen (§§ 3, 7 ErbStG) erweitern den Tatbestand nicht. Sie regeln nur die persönliche Steuerpflicht oder Einzelzuwendungen, nicht aber die Ersatzerbschaftsteuer selbst.

Praktische Tragweite des Urteils für die Besteuerung ausländischer Familienstiftungen

Das Urteil bringt deutliche Rechtssicherheit für alle Stiftungen mit internationalem Bezug. Der BFH stellt klar: Eine ausländische Familienstiftung wird nur dann ersatzerbschaftsteuerpflichtig, wenn sie nach deutschem Recht rechtsfähig ist. Damit endet die bisherige Unsicherheit für Fälle, in denen die Verwaltung faktisch in Deutschland, die Gründung aber im Ausland erfolgte.

Für Berater, Family Offices und Stifter bedeutet das: Strukturen mit Verwaltungssitz in Deutschland sollten im Hinblick auf Rechtsfähigkeit und Anerkennung nach §§ 80 ff. BGB überprüft werden. Nur wenn diese gegeben ist, greift der 30-jährige Ersatzerbschaftszyklus überhaupt.

Zugleich macht das Urteil deutlich, dass nichtrechtsfähige Auslandsstiftungen steuerlich keineswegs „unsichtbar“ sind: Zuwendungen oder Vermögensübertragungen können weiterhin nach §§ 3, 7 ErbStG steuerpflichtig sein. Der Unterschied liegt lediglich darin, wann und bei wem der Steuerzugriff erfolgt – nicht, ob er erfolgt.

Im Ergebnis stärkt die Entscheidung den Grundsatz der Rechtssicherheit und grenzt die Ersatzerbschaftsteuer auf ihren gesetzlichen Kernbereich zurück: Sie betrifft nur rechtsfähige Familienstiftungen, nicht aber treuhänderisch verwaltete Vermögensmassen ausländischen Rechts.

Tipp:

1. Rechtsstatus prüfen und dokumentieren.
Ermitteln Sie, ob die Stiftung nach deutschem Recht rechtsfähig ist oder als Treuhandstiftung gilt. Eine fehlende Anerkennung nach §§ 80 ff. BGB schließt die Ersatzerbschaftsteuerpflicht aus – diese Feststellung sollte aktenkundig gemacht werden.
2. Verwaltungssitz konsequent beobachten.
Verlagert sich die tatsächliche Geschäftsleitung nach Deutschland, kann sich die Rechtsordnung ändern, nach der die Stiftung beurteilt wird. Eine saubere Trennung zwischen Verwaltung in Deutschland und Sitz im Ausland ist entscheidend, um steuerliche Risiken zu vermeiden.
3. Zuwendungen steuerlich mitdenken.
Auch ohne Ersatzerbschaftsteuer können Einzelübertragungen oder Ausschüttungen an Destinatäre nach §§ 3, 7 ErbStG steuerpflichtig sein. Daher sollten Cashflows und Begünstigtenlisten stets dokumentiert und regelmäßig steuerlich überprüft werden.

Quelle:

BFH-Urteil vom 04. Juni 2025, II R 30/22

Barrierefreiheit

Inhalts- und Navigationshilfen

Farbanpassungen

Textanpassungen

100%
Bitte aktiviere JavaScript in deinem Browser, um dieses Formular fertigzustellen.

Formular

Klicke oder ziehe Dateien in diesen Bereich zum Hochladen. Du kannst bis zu 5 Dateien hochladen.
Checkboxen
✉️ Kontaktieren Sie uns
Nach oben scrollen