Geordnete Abwicklung überschuldeter Nachlässe
Wenn ein Erblasser Schulden hinterlässt oder der Nachlass unübersichtlich ist, stehen die Erben oft vor der Frage, wie sie ihre persönliche Haftung vermeiden und den Nachlass trotzdem ordnungsgemäß abwickeln können. In solchen Fällen bietet die Nachlassverwaltung eine rechtlich sichere Lösung: Das Nachlassgericht bestellt auf Antrag einen Nachlassverwalter, der die Vermögenswerte verwertet, die Schulden begleicht und die Erben von der Haftung befreit.
Ein aktueller Beschluss des OLG Düsseldorf zeigt, welche Maßstäbe bei der Auswahl des Nachlassverwalters gelten und warum Angehörige der Erben für dieses Amt in der Regel nicht geeignet sind. Der Fall verdeutlicht, wie wichtig Unabhängigkeit, Fachkenntnis und Neutralität für eine rechtssichere Nachlassabwicklung sind.
Ausgangssituation: Keine letztwillige Verfügung und ausgeschlagene Erbschaft
Der Erblasser (E) war geschieden und hinterließ zwei Söhne. Da beide Söhne sowie deren Abkömmlinge die Erbschaft ausgeschlagen hatten, kamen die Geschwister des Erblassers (B 2–4) als gesetzliche Erben in Betracht.
Eine letztwillige Verfügung existierte nicht. Zum Nachlass gehörten Miteigentumsanteile an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, die E gemeinsam mit seinen Geschwistern besaß.[1]
Antrag auf Nachlassverwaltung: Vermeidung persönlicher Haftung der Erben
Da E nach Angaben der Beteiligten spiel- und verschuldungsbedingt erhebliche Nachlassverbindlichkeiten hinterließ, beantragten die Geschwister B 2–4 über ihre Verfahrensbevollmächtigte, die Anordnung einer Nachlassverwaltung.
Ziel war es, die persönliche Haftung der Erben auszuschließen (§ 1975 BGB) und den Nachlass geordnet abzuwickeln. Die Bevollmächtigte, die zugleich Ehefrau von B 4 und Schwägerin von B 2 und 3 ist, erklärte sich bereit, das Amt der Nachlassverwalterin selbst zu übernehmen.
Entscheidung des Nachlassgerichts: Bestellung eines externen Nachlassverwalters
Das Nachlassgericht ordnete mit Beschluss vom 13. März 2025 die Nachlassverwaltung an, bestellte jedoch nicht die vorgeschlagene Verfahrensbevollmächtigte, sondern den Rechtsanwalt B 1 als Nachlassverwalter.
Begründung: Die Auswahl des Nachlassverwalters liege im Ermessen des Gerichts. Regelmäßig würden erfahrene Fachanwälte für Erbrecht bestellt, um Interessenkonflikte zu vermeiden und eine unabhängige Verwaltung zu gewährleisten.
Beschwerde der Erben: Vorwurf fehlerhafter Ermessensausübung
Die Geschwister B 2–4 legten gegen die Entscheidung Beschwerde ein. Sie argumentierten, das Gericht habe ihr rechtliches Gehör verletzt und ihren Vorschlag nicht ausreichend geprüft. Ihre Verfahrensbevollmächtigte sei ebenso fachkundig im Erbrecht und könne die Verwaltung kostengünstiger führen, etwa durch den teilweisen Verzicht auf Gebühren. Ein Interessenkonflikt bestehe nicht, da sie selbst keine Erbin sei.
OLG Düsseldorf: Keine Nachlassverwaltung durch Angehörige der Erben
Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Beschwerde jedoch zurück. Es stellte klar, dass das Nachlassgericht bei der Auswahl des Verwalters ein pflichtgemäßes Ermessen ausübt (§ 1981 Abs. 1 BGB).
Entscheidend sei die Unabhängigkeit des Nachlassverwalters. Ein Näheverhältnis zu den Erben, wie hier bei der Ehefrau und Schwägerin, könne bereits den Anschein eines Interessenkonflikts begründen. Dies gelte selbst dann, wenn die betreffende Person fachlich geeignet wäre.
Auswahlkriterien für Nachlassverwalter: Unabhängigkeit vor Näheverhältnis
Das Gericht stellte zudem fest, dass der bestellte Nachlassverwalter B 1 ein erfahrener Fachanwalt für Erbrecht sei, der bereits zahlreiche Nachlasspflegschaften und -verwaltungen abgewickelt habe. Die Auswahl sei daher nicht ermessensfehlerhaft.
Zudem sei es sachgerecht, bei der Verwertung von Immobilien einen berufsmäßigen Nachlassverwalter einzusetzen. Die bloße Möglichkeit geringerer Kosten rechtfertige keine Bestellung eines Verwalters, der verwandt ist.
• Das Nachlassgericht ist nicht an Vorschläge der Erben gebunden.
• Angehörige der Erben, auch wenn sie selbst keine Erben sind, gelten in der Regel nicht als unbefangen.
• Entscheidend sind Fachkenntnis, Unabhängigkeit und die Vermeidung jedes Interessenkonflikts.
Quellen
[1]OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.4.2025 – I-3 W 61/25

