Schenkungsauflagen und Grundstücksübertragung
Die Übertragung von Immobilien im Rahmen von Erbschaften und Schenkungen ist oft komplex und kann insbesondere in Patchwork-Familien zu Streitigkeiten führen. Wer sicherstellen möchte, dass Grundstücke und Vermögenswerte planmäßig an die vorgesehenen Erben weitergegeben werden, sollte die rechtlichen Grundlagen von Schenkungen, Auflagen und Eheverträgen kennen.
Anspruch der Kinder auf Miteigentum
Die Kläger, Kinder aus der ersten Ehe des verstorbenen Erblassers, forderten die Zustimmung der Beklagten – der zweiten Ehefrau des Erblassers und deren gemeinsamen Sohn – zur Übertragung des Grundstücks I.str. 7. Ziel war die Eintragung der Kläger und des Sohnes als Miteigentümer zu je einem Drittel. Der Erblasser hatte in seinem Testament vom 15. Mai 2003 die Parteien zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt.[1]
Ehevertrag und Gütertrennung: Rechtliche Rahmenbedingungen
Vor ihrer Eheschließung 1995 schlossen der Erblasser und seine zweite Ehefrau einen Ehevertrag. Darin wurde der Güterstand der Gütertrennung vereinbart, Unterhaltsansprüche im Scheidungsfall weitgehend ausgeschlossen und der Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Diese Vereinbarungen waren später entscheidend für die Frage, ob die Zustimmung der Ehefrau für die Grundstücksübertragung erforderlich war.
Vermögenslage des Erblassers: Ausgangspunkt der Auseinandersetzung
Zum Zeitpunkt des Ehevertrags verfügte der Erblasser über ein geringes Vermögen: Ein Gebrauchtwagenhandel erwirtschaftete nur geringe Erträge, zuvor angehäufte Schulden aus einem Fleischgroßhandelsbetrieb belasteten sein Vermögen. Immobilien und Versicherungen bildeten die wesentlichen Vermögenswerte. Die zweite Ehefrau war zum Zeitpunkt der Eheschließung auf den legalen Aufenthalt in Deutschland angewiesen, was die Argumentation einer möglichen Zwangslage beeinflusste.
Schenkungsverträge und Weitergabeverpflichtungen
Bereits 1995 übertrug der Vater des Erblassers das Grundstück I.str. 7 im Wege einer Schenkung an den Erblasser. Die Übertragung war mit Auflagen versehen, darunter ein Rückerwerbsrecht und die Verpflichtung, das Grundstück an die Kinder weiterzugeben. In den Nachträgen von 2003 und 2008 wurde diese Weitergabeverpflichtung konkretisiert, sodass die Kinder des Erblassers letztlich als Miteigentümer eingetragen werden sollten.
Streitpunkte der Beklagten: Zustimmung und Sittenwidrigkeit
Die Beklagten argumentierten, dass die Weitergabeverpflichtungen in den Urkunden von 2003 und 2008 unwirksam seien, da die zweite Ehefrau nicht zugestimmt habe. Außerdem sei der Ehevertrag von 1995 sittenwidrig, da die Ehefrau auf die Heirat angewiesen gewesen sei und wirtschaftlich unterlegen war. Auch mögliche Drucksituationen beim Abschluss der Verträge wurden geltend gemacht.
Entscheidungen der Gerichte: Landgericht, OLG und BGH
Das Landgericht bestätigte den Anspruch der Kläger auf Zustimmung zur Übertragung des Grundstücks. Das Oberlandesgericht München wies die Berufung der Beklagten zurück. Der Bundesgerichtshof hob die Entscheidung teilweise auf und verwies die Sache zurück, um die Wirksamkeit der Auflagen von 2003 und 2008 zu prüfen. Entscheidend war, dass die Weitergabeverpflichtung erst in den späteren Urkunden konkretisiert wurde, nicht bereits 1995.
Rechtliche Bewertung: Schenkung, Auflage und Zustimmung
Die Auflage zur Übertragung des geschenkten Grundstücks stützt sich auf §§ 2301, 2302 BGB. Ein Schenkungsversprechen zugunsten Dritter kann bereits bei lebzeitiger Übertragung bestehen. Die Zustimmung der Ehefrau nach § 1365 BGB war hier nicht erforderlich, da die Gütertrennung wirksam vereinbart war. Auch eine Sittenwidrigkeit des Ehevertrags lag nicht vor, da keine einseitige Benachteiligung der Ehefrau festgestellt wurde.
Bedeutung für das Erbrecht: Immobilienweitergabe und Patchwork-Familien
Das Urteil zeigt, dass Schenkungsauflagen im Erbrecht wirksam durchsetzbar sind, selbst wenn der Beschenkte zunächst Eigentümer wird. Für Patchwork-Familien ist besonders die rechtssichere Gestaltung von Immobilienübertragungen entscheidend, um spätere Erbstreitigkeiten zu vermeiden. Notarielle Verträge und sorgfältige Dokumentation sichern dabei die Interessen aller Beteiligten.
• Erwarteter Vermögenserwerb: Die Aussicht auf eine spätere Immobilienschenkung begründet keinen Verzicht; Vermögen kann durch Gestaltung des Güterstands außerhalb des Zugewinns bleiben.
• Mitwirkung Dritter: Bei Änderungen einer Schenkung unter Auflage ist die Zustimmung von Dritten, deren Rechte unverändert bleiben, nicht erforderlich.
• Beteiligungspflicht: Nur direkt betroffene Vertragsparteien müssen bei Änderungen mitwirken; unveränderte Rechte lösen keine Zustimmungspflicht aus.
Quellen
[1]OLG München, Endurt. v. 7.4.2025 – 33 U 4723/20

