Die Anordnung der Nachlasspflegschaft 

Nachlasspflegschaft und Pflichtteilsanspruch Die Themen Nachlasspflegschaft und Pflichtteilsanspruch führen in der Praxis häufig zu komplizierten rechtlichen Auseinandersetzungen. Besonders dann, wenn unklar ist, wer die Erben sind, oder wenn Pflichtteilsberechtigte ihre...

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Nachlasspflegschaft und Pflichtteilsanspruch

Die Themen Nachlasspflegschaft und Pflichtteilsanspruch führen in der Praxis häufig zu komplizierten rechtlichen Auseinandersetzungen. Besonders dann, wenn unklar ist, wer die Erben sind, oder wenn Pflichtteilsberechtigte ihre Ansprüche gegenüber dem Nachlass durchsetzen wollen, entstehen Konflikte. Ein aktueller Fall zeigt exemplarisch, wie eng Pflichtteil, Vermächtnis und Nachlasspflegschaft miteinander verknüpft sind und welche Rolle die Gerichte bei der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses spielen.

Gesetzliche Erben und Nachlasspflegschaft

Das Amtsgericht sah die Beteiligten zu 1 bis 8 als mögliche gesetzliche Erben der Erblasserin an, ohne dass sich aus der Nachlassakte nähere Angaben ergaben. Mit Beschluss vom 16. April 2024 wurde die Beteiligte zu 9 als Nachlasspflegerin bestellt. Ihr Wirkungskreis umfasste die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben. Der Beteiligte zu 11 wurde als Verfahrenspfleger für unbekannte Erben eingesetzt.

Pflichtteilsberechtigung der Beteiligten zu 10

 Die Beteiligte zu 10 war nach dem Tod ihres Vaters pflichtteilsberechtigt. Ihr Vater hatte seine Ehefrau – die Erblasserin – durch Testament zur Alleinerbin eingesetzt und der Schwester der Beteiligten zu 10 bereits 2006 ein Hausgrundstück durch Vermächtnis zugewandt. Die Beteiligte zu 10 war nicht bedacht. Sie argumentierte, die Erblasserin hätte das Vermächtnis nicht vollständig erfüllen dürfen, da ihr gemäß § 2318 Abs. 1 BGB ein Leistungsverweigerungsrecht zugestanden hätte.

Streit um Rückforderung und Nachlasspflegschaft

Nach Auffassung der Beteiligten zu 10 könne der über das Leistungsverweigerungsrecht hinausgehende Teil der Vermächtniserfüllung nach Bereicherungsrecht (§ 813 Abs. 1 BGB) zurückgefordert werden. Dieser Rückforderungsanspruch müsse in den Nachlass zurückgeführt und zur Erfüllung des Pflichtteils verwendet werden. Sie beantragte daher, den Wert des Vermächtnisses und die Höhe ihres Pflichtteils zu ermitteln. Das Nachlassgericht stimmte einer Abtretung des Anspruchs nicht zu, wies aber darauf hin, dass die Forderung weiterhin im Raum stehe. Trotzdem hob es die Nachlasspflegschaft auf, da nach Begleichung der Schulden kein sicherungsbedürftiger Nachlass mehr vorhanden sei.

Gegen die Aufhebung der Nachlasspflegschaft legte die Beteiligte zu 10 Beschwerde ein. Das Amtsgericht half dem Rechtsmittel nicht ab, sodass die Sache in die Beschwerdeinstanz gelangte.

Entscheidung im Beschwerdeverfahren

Das Gericht entschied zugunsten der Beteiligten zu 10. Nach § 1961 BGB ist eine Nachlasspflegschaft zwingend anzuordnen, wenn ein Nachlassgläubiger – hier die Pflichtteilsberechtigte – deren Bestellung verlangt und die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen.

Rechtliche Bewertung: Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB

Das Gericht stellte klar, dass es auf einen „sicherungsbedürftigen Nachlass“ nicht ankommt. Entscheidend ist allein, dass die Erben unbekannt sind und ein Nachlassgläubiger die Pflegschaft zur Durchsetzung seiner Ansprüche beantragt. Damit war die Aufhebung der Nachlasspflegschaft durch das Amtsgericht rechtsfehlerhaft. Die Beschwerde hatte Erfolg und die Nachlasspflegschaft musste fortbestehen.

Fazit: Pflichtteil und Nachlasspflegschaft eng verzahnt

Der Fall verdeutlicht, dass Pflichtteilsberechtigte über § 1961 BGB die Anordnung einer Nachlasspflegschaft erzwingen können. Ein sicherungsbedürftiger Nachlass ist hierfür keine Voraussetzung. Zudem zeigt sich, dass erfüllte Vermächtnisse unter Umständen nach § 2318 BGB in Verbindung mit § 813 BGB teilweise zurückgefordert werden können. Wer Pflichtteilsansprüche geltend machen möchte, sollte daher frühzeitig prüfen, ob eine Nachlasspflegschaft sinnvoll ist, um Rechte zu sichern und durchzusetzen.

Tipp:

Vermächtnis prüfen: Wird ein Vermächtnis trotz Leistungsverweigerungsrecht erfüllt, kann der Erbe den überzahlten Teil nach § 813 BGB zurückfordern.

Nachlasspflegschaft nutzen: Pflichtteilsberechtigte können nach § 1961 BGB die Bestellung einer Nachlasspflegschaft anordnen.

Frühzeitig handeln: Wer Pflichtteilsansprüche sichern will, sollte rechtzeitig anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen.

Quellen


1 OLG Düsseldorf Beschl. v. 16.4.2025 – 3 W 49/25

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