Wann ist sie zulässig?
Die Ausschlagung einer Erbschaft für ein minderjähriges Kind hat erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Folgen. Sie setzt zwingend die Genehmigung des Familiengerichts voraus (§ 1643 Abs. 2 BGB) und ist nur dann zulässig, wenn sie dem Kindeswohl entspricht. Besonders bei unklaren Vermögensverhältnissen oder überschuldetem Nachlass stehen Eltern und Sorgeberechtigte vor einer verantwortungsvollen Entscheidung. Der folgende Fall des OLG Düsseldorf zeigt, wann eine Erbausschlagung im Sinne des Kindes gerechtfertigt ist.
Fall: Erbausschlagung bei drohender Nachlassüberschuldung
Ein minderjähriger Junge (geb. 2015) wurde nach dem Tod seines Großvaters gesetzlicher Erbe, nachdem dessen Söhne – einschließlich seines Vaters – die Erbschaft für sich und ihre Kinder ausgeschlagen hatten. Die Kindesmutter schlug daraufhin auch für ihren Sohn die Erbschaft aus und beantragte die familiengerichtliche Genehmigung. Das Familiengericht lehnte jedoch ab. Grund: Der Nachlass umfasse eine Eigentumswohnung (geschätzter Wert 75.000 €) und Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 38.500 €, sodass keine eindeutige Überschuldung erkennbar sei. Weitere Schulden träfen primär die GmbH des Erblassers.[1]
M legte Beschwerde gegen die familiengerichtliche Entscheidung ein und argumentierte, dass der Nachlass des E deutlich überschuldet sei. Sie verwies auf offenen Posten des Erblassers, besonders problematisch sei die potenzielle persönliche Haftung des K nach § 15b InsO wegen einer drohenden Insolvenzverschleppung.
OLG Düsseldorf: Genehmigung muss erteilt werden
Das OLG Düsseldorf gab der Beschwerde statt und hob die familiengerichtliche Entscheidung auf:
Die Genehmigung der Ausschlagung ist zu erteilen, wenn sie dem Kindeswohl am besten entspricht. Hierbei gilt das Kindeswohlprinzip gemäß § 1697a BGB. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein wirtschaftlicher Nachteil durch Annahme der Erbschaft droht.
Ein starkes Indiz für eine Überschuldung liegt bereits darin, dass alle Söhne des E – auch für ihre Kinder – ausgeschlagen haben. Diese nahen Angehörigen verfügen regelmäßig über bessere Einsicht in die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Nachlasses. Ihre Einschätzung kann daher herangezogen werden, um die Erbausschlagung im Sinne des Kindeswohls zu beurteilen.
Haftungsrisiken durch GmbH-Beteiligung
Besonders relevant ist das Risiko einer persönlichen Haftung des minderjährigen K im Zusammenhang mit der Beteiligung des E an einer überschuldeten GmbH. Hier besteht ein erhebliches wirtschaftliches Gefährdungspotenzial – insbesondere im Hinblick auf § 15b InsO (Haftung bei Insolvenzverschleppung).
Fazit: Erbausschlagung zum Schutz des Kindes
Die Entscheidung unterstreicht: Eltern dürfen eine Erbschaft für ihr Kind ausschlagen, wenn berechtigte Anhaltspunkte für eine wirtschaftliche Gefährdung bestehen. Dies gilt auch dann, wenn noch Vermögenswerte im Nachlass vorhanden sind, aber Haftungsrisiken – etwa durch Gesellschaftsbeteiligungen – drohen.
• Genehmigungsfähigkeit: Eine Erbausschlagung für ein minderjähriges Kind ist zu genehmigen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Überschuldung bestehen – insbesondere, wenn alle anderen Erben gleichfalls ausgeschlagen haben.
• Beratungsbedarf: In vergleichbaren Fällen sollten Erziehungsberechtigte anwaltlich gut begleitet sein, um die wirtschaftliche Gesamtlage korrekt einzuschätzen und Risiken für das Kind zu minimieren.
• Erbrechtliche Instrumente nutzen: Neben der Ausschlagung bieten auch andere Mittel wie Nachlassverwaltung, Dreimonatseinrede oder Nachlassinsolvenz Schutz vor unüberschaubaren Haftungsrisiken.
Quellen
[1] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.10.2024- II-3 WF 81/24

