Steuerfalle Nacherbfolge: Keine Vermächtnisse durch Vorerben

 FG: Kein Abzug nach § 10 Abs. 5 ErbStG ohne Verfügungsbefugnis Ein Vorerbe kann für die Nacherben keine steuerlich wirksamen Vermächtnisse anordnen - selbst dann nicht, wenn diese tatsächlich erfüllt werden. Das...

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 FG: Kein Abzug nach § 10 Abs. 5 ErbStG ohne Verfügungsbefugnis

Ein Vorerbe kann für die Nacherben keine steuerlich wirksamen Vermächtnisse anordnen – selbst dann nicht, wenn diese tatsächlich erfüllt werden. Das Finanzgericht hat nun klargestellt: Für den Abzug als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 ErbStG kommt es allein auf die Verfügung des ursprünglichen Erblassers an. Ein späterer "Vermächtniserfüllungsvertrag" bleibt steuerlich folgenlos.

Was ist passiert?

Die Kläger sind Kinder eines Erben, der einen Gesellschaftsanteil im Rahmen einer gestaffelten Vor- und Nacherbschaft erhalten hatte. Die Vorerbin – Großmutter der Kläger – hatte in ihrem Testament Vermächtnisse zu deren Gunsten angeordnet, obwohl der GbR-Anteil zum gebundenen Nacherbenvermögen gehörte. Zivilrechtlich durfte sie darüber nicht verfügen. Dennoch wurde der Anteil später durch notariellen „Vermächtniserfüllungsvertrag“ auf die Kläger übertragen. Das Finanzamt behandelte den Erwerb als steuerpflichtigen Erwerb der Nacherbin und ließ den Abzug der vermeintlichen Vermächtnisse als Nachlassverbindlichkeit nicht zu. Die Kläger wollten die Steuerlast mindern – und scheiterten.

Kein Abzug von Vermächtnissen ohne Verfügungsbefugnis

Das Finanzgericht wies die Klage der Kinder ab. Es stellte klar, dass weder das Testament der Vorerbin noch der spätere Vermächtniserfüllungsvertrag steuerlich beachtlich sind. Entscheidend sei allein, ob die geltend gemachten Vermächtnisse rechtlich wirksam und vom Erblasser selbst angeordnet worden sind. Drei Gründe waren dabei ausschlaggebend:

  1. Die Vorerbin hatte keine Verfügungsbefugnis

Nach § 2100 BGB konnte die Vorerbin über das zur Nacherbschaft gehörende Vermögen nicht testamentarisch verfügen. Die Anordnung eines Vermächtnisses war zivilrechtlich unwirksam – und damit auch steuerlich unbeachtlich.

  1. Keine Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG

Nach § 6 Abs. 2 ErbStG gilt der Nacherbe erbschaftsteuerlich als Erbe des Vorerben. Vermächtnisse sind nur dann abziehbar, wenn sie vom Erblasser stammen. Hier hätte allein der ursprüngliche Erblasser (GV) wirksam ein Vermächtnis anordnen können – das ist aber nicht geschehen.

  1. Freiwillige Erfüllung ändert nichts an der Rechtslage

Dass der Vater der Kläger den Anteil später im Rahmen eines "Vermächtniserfüllungsvertrags" übertrug, hat keinen Einfluss. Die steuerliche Anerkennung scheitert, weil es sich nicht um ein bindendes Vermächtnis handelte, sondern um eine freiwillige Leistung ohne steuerrechtliche Relevanz.

Klares Signal für die steuerliche Behandlung von Nacherbfällen

Das Urteil verdeutlicht die strikte Trennung zwischen zivilrechtlicher Gestaltung und steuerlicher Anerkennung im Erbschaftsteuerrecht. Entscheidend ist nicht, ob ein Vermächtnis faktisch erfüllt wurde, sondern ob es vom ursprünglichen Erblasser wirksam angeordnet wurde. Für Nacherben bedeutet das: Sie können sich nicht auf spätere Anordnungen des Vorerben berufen, wenn dieser keine Verfügungsbefugnis hatte. Auch gut gemeinte testamentarische Wünsche oder „Vermächtniserfüllungsverträge“ bleiben ohne steuerliche Wirkung, wenn sie außerhalb der gesetzlichen Systematik der Vor- und Nacherbschaft stehen. Die Entscheidung schafft damit Klarheit für komplexe Erbfälle über mehrere Generationen und stärkt die Rechtssicherheit bei der Auslegung des § 6 und § 10 ErbStG.

Tipp:

1. Gestaltungsspielraum bei Vor- und Nacherbschaft realistisch einschätzen
Testamentarische Verfügungen über gebundenes Nacherbenvermögen sind nicht nur zivilrechtlich unwirksam – sie haben auch keine steuerliche Wirkung.
2. Vermächtnisse müssen vom ursprünglichen Erblasser stammen
Nur dann können sie als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 ErbStG geltend gemacht werden. Verfügungen des Vorerben sind insoweit irrelevant.
3. Vermächtniserfüllungsverträge steuerlich genau prüfen
Auch wenn ein solcher Vertrag notariell beurkundet wurde, entfaltet er keine steuerliche Wirkung, wenn kein wirksames Vermächtnis vorliegt.

Quelle:

FG München, Urteil vom 17.01.2024 - 4 K 379/21

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