Auseinandersetzung um Nachlassverwaltung und Beerdigungskosten
Nach einem Erbfall kommt es häufig zu Auseinandersetzungen über die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses, die Berechtigung zur Verfügung über Nachlassmittel sowie die Tragung von Bestattungs- und sonstigen Nachlasskosten. Dabei stellen sich rechtliche Fragen zur Erbenstellung, zur Wirksamkeit von Vollmachten, zur Herausgabe von Nachlassgegenständen sowie zur Reichweite des § 1968 BGB über die Bestattungskosten. Der vorliegende Fall verdeutlicht typische Konfliktfelder im Zusammenhang mit der praktischen Umsetzung und rechtlichen Bewertung erbrechtlicher Ansprüche.[1]
Erbfolge und Nachlassverwaltung nach Tod des Erblassers
Die Klägerin ist Alleinerbin des am 20. Februar 2020 verstorbenen R… T… E…, bestätigt durch Erbschein vom 24. November 2020. Der Erblasser hatte zuvor der Beklagten eine notarielle Vorsorgevollmacht erteilt und sie testamentarisch eingesetzt, diese Erbeinsetzung aber mit einem handschriftlichen Testament vom 10. Februar 2020 widerrufen. Nach dem Erbfall löste die Beklagte die Nachlasskonten auf, überwies 6.608,51 € auf ihr Konto und zahlte der Klägerin nur 399,77 € zurück. Zudem organisierte sie die Bestattung eigenständig und beglich Kosten aus dem Nachlass, ohne die Klägerin vollständig einzubeziehen.
Streit um Nachlassaufwendungen und Abrechnung
Die Klägerin bestreitet die Berechtigung der Beklagten zur alleinigen Nachlassabwicklung und die Erstattung bestimmter Aufwendungen. Sie weist insbesondere die Notwendigkeit von Kontoauszügen vor dem Erbfall zurück und kritisiert unberechtigte Kostenpositionen wie Apothekenkosten, Rücklastschriftgebühren, Danksagungen oder Trauerbewirtung. Die vorgelegte Abrechnung der Beklagten sei unvollständig und nicht überprüfbar. Die Klägerin fordert zudem die Auszahlung eines Restbetrags von 1.673,55 € und beanstandet das Verschwinden einer wertvollen Goldkette sowie eines Versicherungsordners aus dem Nachlass.
Konflikt um vermisste Nachlassgegenstände und Herausgabeanspruch
Die Beklagte bestreitet den Besitz oder die Herausgabe der vermissten Goldkette und des Versicherungsordners. Sie erklärt, den Ordner nicht benötigt zu haben, da sie selbst bei der Allianz arbeite. Die Klägerin behauptet hingegen, die Goldkette aufgrund medizinischer Gründe selbst in Besitz genommen zu haben. Der Streit um die Herausgabe dieser Nachlassgegenstände sowie die genaue Abrechnung der Nachlasskosten bleibt strittig.
Erbschaftsbesitz der Beklagten
Unstreitig hatte die Beklagte Geld vom Giro- und Tagesgeldkonto des Erblassers in Höhe von 6.608,51 Euro auf ihr Privatkonto transferiert. Damit wurde sie Erbschaftsbesitzerin i.S.d. § 2018 BGB, da sie sich auf ein in Wahrheit nicht bestehendes Erbrecht stützte. Daher konnte die Klägerin als Alleinerbin gemäß § 2018 BGB Herausgabe verlangen. Der Zahlungsanspruch ergibt sich außerdem aus §§ 677, 681 S. 2, 667 BGB i.V.m. § 1922 BGB, da die Beklagte unter Nutzung der ihr erteilten Vollmacht gehandelt hat und als Geschäftsführerin ohne Auftrag haftet. Gleichwohl kann sich die Beklagte auf Gegenansprüche aus dem Verhältnis zur Klägerin oder zum Erblasser berufen (§ 242 BGB).
Umfang der Beerdigungskosten nach § 1968 BGB
Auch wenn der heutige Wortlaut des § 1968 BGB nicht mehr ausdrücklich von einer „standesmäßigen Beerdigung“ spricht, lässt sich weiterhin auf die frühere Auslegung zurückgreifen. Entscheidend bleibt, was nach den in den Kreisen des Erblassers üblichen Auffassungen zu einer würdigen und angemessenen Bestattung gehört. Maßgeblich sind dabei die Lebensstellung des Verstorbenen, regionale Sitten und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Nachlasses – selbst eine Nachlassüberschuldung kann den Umfang begrenzen.
Zwar sind die Vorstellungen der Angehörigen allein nicht ausschlaggebend, wer aber – wie hier die Beklagte als Schwester – die Bestattung als Totenfürsorgeberechtigte organisiert, hat bei der konkreten Ausgestaltung einen weiten Ermessensspielraum. Entscheidend ist, ob der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zur Stellung des Erblassers stand.
Die Rechtsprechung prüft die einzelnen Kostenpositionen in der Regel nicht isoliert, sondern wertet das Gesamtbild. § 1968 BGB umfasst neben den unmittelbaren Kosten der Beisetzung auch weitere notwendige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bestattung.
Kein Herausgabeanspruch hinsichtlich der Goldkette und des Versicherungshefters
Die weiteren Klageanträge zu Ziffer 2 (Goldkette) und Ziffer 3 (Versicherungshefter) bleiben ohne Erfolg. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass es sich bei den fraglichen Gegenständen um Nachlassgegenstände handelte und dass diese sich im Besitz der Beklagten befanden. Als Erbin traf sie die Darlegungs- und Beweislast für den sog. Erbschaftsbesitz (§ 2018 BGB).
Ein Besitz der Beklagten wurde nicht bewiesen. Daher war sie nicht verpflichtet, sich zum weiteren Verbleib der Gegenstände zu erklären oder diesen zu beweisen. Entsprechend ist die Klage insoweit mangels Substantiierung und Beweisantritts abzuweisen
[1] AG Brandenburg Urt. v. 24.1.2025 – 30 C 273/23
• Vollmacht endet mit dem Tod: Nach dem Erbfall dürfen Konten und Nachlasswerte nur noch mit klarer rechtlicher Grundlage verwaltet werden – etwa durch Erbschein oder Zustimmung der Erben.
• Bestattungskosten im Rahmen halten: Die Ausgestaltung der Beerdigung muss der Lebensstellung des Erblassers entsprechen; überzogene Ausgaben sind nicht automatisch vom Nachlass zu tragen.
• Wer Nachlasswerte einbehält, muss Rechenschaft ablegen: Wer ohne Erbrecht über Gelder oder Gegenstände verfügt, ist zur Herausgabe und ordnungsgemäßen Abrechnung gegenüber der Erbin verpflichtet.
.
Quellen
[1] AG Brandenburg Urt. v. 24.1.2025 – 30 C 273/23

