Wer erbt wirklich? 

Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis In der Praxis kommt es häufig vor, dass ein Testament vermeintlich klar formuliert ist, bei genauerer Betrachtung jedoch Fragen zur Erbenstellung aufwirft. Besonders brisant wird...

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Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis

In der Praxis kommt es häufig vor, dass ein Testament vermeintlich klar formuliert ist, bei genauerer Betrachtung jedoch Fragen zur Erbenstellung aufwirft. Besonders brisant wird es, wenn ein Erbscheinsantrag gestellt wird, obwohl das Testament mehrere Personen mit erheblichen Vermögensanteilen berücksichtigt. Dann ist zu klären, ob tatsächlich ein Alleinerbe eingesetzt wurde – oder ob mehrere Miterben vorhanden sind.

Was ist geschehen?

Der Beteiligte zu 5 beantragte die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben der Erblasserin ausweist.

Grundlage war ein handschriftliches Testament vom 28. Mai 2008. Dort heißt es u.a.:

Mein Testament … Mein Haus und Grundstück vererbe ich … (Beteiligter zu 5). … Er hat sich stets um das Haus bemüht und mir bei der Instandhaltung geholfen.
Von dem sonst vorhandenen Vermögen vererbe ich … (Beteiligte zu 2) 20.000 € für ihre langjährige Hilfe …
… (Beteiligte zu 6) erhält 50.000 € für ihre Rente.
… (Beteiligte zu 3) erhält das Barrengold und 100.000 €.
Das übrige Barvermögen erhält … (Beteiligter zu 1).
Der Schmuck soll laut beiliegender Liste verteilt werden
.“[1]

Die Liste sieht eine Verteilung des Schmucks an die Beteiligten zu 2, 4 und 6 vor.

Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Erbschein

Das Nachlassgericht entsprach dem Antrag des Beteiligten zu 5. Dagegen legte der Beteiligte zu 1 Beschwerde ein. Er behauptet, selbst Alleinerbe zu sein – schließlich habe er den größten Vermögensanteil erhalten. Das Nachlassgericht half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem Beschwerdegericht vor.

Testamentsauslegung: Erbeinsetzung trotz Einzelzuwendungen?

Bei der Auslegung kommt es auf den tatsächlichen Willen der Erblasserin an (§ 133, § 2084 BGB). Zwar spricht die Verwendung von „erhält“ meist für ein Vermächtnis (§ 2087 Abs. 2 BGB), doch hat die Erblasserin über ihr gesamtes Vermögen verfügt – ein starkes Indiz für Erbeinsetzungen.

Nachlassbewertung und Erbquoten

Erhält eine Person den mit Abstand wertvollsten Teil des Nachlasses, etwa eine Immobilie oder ein bedeutendes Geldvermögen, spricht vieles dafür, dass sie als Erbe und andere Begünstigte lediglich als Vermächtnisnehmer anzusehen sind. Eine solche Zuwendung kann als Erbeinsetzung gewertet werden, wenn ihr Wert die übrigen Nachlassgegenstände deutlich übersteigt und der Erblasser darin im Wesentlichen seinen Nachlass gesehen hat.[2]

Entscheidend sind die Wertvorstellungen des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Hat er bereits künftige Wertentwicklungen oder Änderungen in der Zusammensetzung des Nachlasses berücksichtigt, sind auch diese Aspekte in die Auslegung einzubeziehen. Neben dem Wortlaut sind alle Umstände zu würdigen, die Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen des Erblassers zulassen.

Die klare Schwerpunktsetzung auf Beteiligte zu 1 und 5 lässt auf eine gewollte Miterbenstellung schließen.

Vermächtnislast: Gleichverteilung statt anteilige Haftung

Obwohl § 2148 BGB eine anteilige Haftung der Erben vorsieht, ergibt sich aus dem Testament, dass die Vermächtnisse aus dem „übrigen Nachlass“ zu erfüllen sind. Daher haften die Miterben nicht nach Quoten, sondern je zur Hälfte.

Tipp:

Wert der Zuwendung als Indiz: Der Umfang des zugewiesenen Vermögens ist ein wesentliches Kriterium für die Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis.

Deutliche Begünstigung spricht für Erbenstellung: Erhalten zwei Personen den Großteil des Nachlasses, sind sie in der Regel als Miterben anzusehen.

Erbquote richtet sich nach dem Wertanteil: Maßgeblich ist der Anteil der Zuwendung am bereinigten Nachlasswert.

Quellen


[1] OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.02.2025 – 3 Wx 216/24

[2] BayObLG Beschluss vom 7. Juni 1994 – 1 Z BR 69/93

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