Ausländische Konten, verschleierte Umsätze, beschlagnahmter Lamborghini
Ein Textilhändler im Onlinegeschäft verschleiert über Jahre hinweg seine wahren Umsätze, nutzt PayPal-Konten im Ausland und gibt zentrale Steuererklärungen gar nicht erst ab. Die Steuerfahndung stößt auf ein ausgeklügeltes System – samt Luxuswagen im Firmenvermögen. Trotz des massiven Steuerschadens von mehr als 700.000 Euro verhängt das Landgericht Nürnberg-Fürth eine Bewährungsstrafe. Ausschlaggebend: die aktive Kooperation des Angeklagten im Verfahren.
Was ist passiert?
Der Angeklagte war seit 2012 unternehmerisch im Onlinehandel tätig. Nach einer ersten Phase als Einzelunternehmer gründete er 2017 eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft (UG), über die der Vertrieb fortgeführt wurde. Die Umsätze entstanden über Plattformen und eigene Shops – doch große Teile der Einnahmen tauchten nie in der Steuerbilanz auf. Zahlungen liefen über ausländische Konten, darunter auch ein PayPal-Konto auf den Namen eines in Thailand lebenden Bekannten. Der Angeklagte reichte entweder falsche Steuererklärungen ein oder unterließ die Abgabe vollständig. Betroffen waren Einkommens-, Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer. Die Ermittler beschlagnahmten im Rahmen der Sicherung ein Fahrzeug im Wert von über 250.000 € – ein Lamborghini, der als Vermögenswert der UG galt.
Differenzierte Strafzumessung bei hoher Hinterziehung
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte über einen besonders komplexen Fall zu urteilen, bei dem sich strafrechtliche und steuerliche Fragen eng miteinander verschränkten. Trotz des hohen Schadens entschied sich das Gericht für eine differenzierte Betrachtung – auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Zukunft des Angeklagten.
- 15 Fälle von Steuerhinterziehung: Der Angeklagte verkürzte Steuern in erheblichem Umfang, indem er Einnahmen verschwieg, falsche Angaben machte und Erklärungen nicht abgab. Insgesamt beläuft sich der steuerliche Schaden auf rund 733.000 €.
- Systematische Auslandsstruktur: Die Umsätze wurden gezielt über schwer greifbare ausländische Zahlungswege abgewickelt. Besonders ins Gewicht fiel die Nutzung von PayPal-Konten außerhalb Deutschlands, was den Zugriff der Behörden erschwerte und als Indiz für erhebliche kriminelle Energie gewertet wurde.
- Kooperationsbereitschaft im Verfahren: Strafmildernd wurde berücksichtigt, dass der Angeklagte im Laufe des Verfahrens kooperierte und dazu beitrug, die tatsächliche Höhe der Umsätze und Hinterziehungen realistisch zu erfassen – insbesondere dort, wo offizielle Ermittlungen im Ausland ins Leere liefen.
Strafrechtliche Konsequenzen mit Augenmaß
Das Urteil zeigt eindrücklich, dass selbst bei Steuerhinterziehung in erheblichem Umfang nicht automatisch eine Haftstrafe ohne Bewährung verhängt wird. Entscheidend ist, wie das Verhalten des Täters im Verfahren juristisch eingeordnet werden kann. Im konkreten Fall führten die konstruktive Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu, dass das Gericht die Freiheitsstrafe noch zur Bewährung aussetzte. Dennoch bleibt das Signal klar: Wer dauerhaft hohe Summen am Fiskus vorbeiführt und komplexe Auslandsstrukturen nutzt, riskiert neben empfindlichen Geldstrafen auch massive Einziehungsmaßnahmen – unabhängig von der Unternehmensform.
1. PayPal-Konten im Ausland schützen nicht:
Zahlungen über Drittkonten – etwa von Freunden im Ausland – sind für Steuerfahnder ein rotes Tuch und schnell aufklärbar.
2. Geständnis kann Strafrahmen deutlich verschieben:
Wer frühzeitig reinen Tisch macht, kann selbst bei hohen Schadenssummen mit einer Bewährungsstrafe rechnen.
3. Lamborghini als Wertersatz? Möglich!:
Bei Luxusgütern im Firmenvermögen ist eine Beschlagnahme zur Schadenskompensation möglich – und kann das Strafmaß beeinflussen.
Quelle:
Landgericht Nürnberg-Fürth: Urteil vom 12.03.2024 – 12 KLs 505 Js 503/22

