Erbenansprüche auf NS-Konten verjährt

OLG Hamm bestätigt Ablehnung der Auskunftsklage Im Erbrecht stoßen historische Fragen zunehmend auf aktuelle juristische Hürden - etwa wenn Nachkommen von NS-Verfolgten Ansprüche auf verlorene Vermögenswerte geltend machen wollen. Ein...

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OLG Hamm bestätigt Ablehnung der Auskunftsklage

Im Erbrecht stoßen historische Fragen zunehmend auf aktuelle juristische Hürden – etwa wenn Nachkommen von NS-Verfolgten Ansprüche auf verlorene Vermögenswerte geltend machen wollen. Ein aktueller Fall vor dem OLG Hamm zeigt, welche rechtlichen Grenzen bestehen, wenn Erben Jahrzehnte später Auskunft oder Entschädigung verlangen. Das Urteil betont die Bedeutung der Verjährung auch in historisch sensiblen Zusammenhängen.

NS-Vermögen im Erbrecht: OLG Hamm verneint Auskunftsanspruch eines Erben

Im Erbrecht treffen historische Gerechtigkeitsfragen oft auf klare juristische Grenzen. Besonders brisant sind Fälle, in denen Nachkommen von NS-Verfolgten Ansprüche auf mutmaßlich verlorene Vermögenswerte stellen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte im Mai 2025 über einen solchen Fall zu entscheiden – und wies die Klage eines Erben auf Auskunft über ein jüdisches Konto aus der NS-Zeit mit Verweis auf die Verjährung ab.[1]

Kein Auskunftsanspruch zu NS-Konto: Sparkasse verweigert Auskunft wegen Verjährung

Ein Erbe forderte von einer Sparkasse Auskunft über ein Konto, das sein jüdischer Großvater bereits 1932 eröffnet hatte. Der Kläger vermutete, dass das Konto in der NS-Zeit unrechtmäßig einbehalten wurde und womöglich noch ein Guthaben besteht. Die Sparkasse lehnte Auskunft und Auszahlung mit Hinweis auf die Verjährung ab. Das OLG Hamm bestätigte nun diese Ablehnung – ein Auskunftsanspruch bestehe nicht mehr.

Historisches Erbe trifft moderne Verjährungsregeln

Der jüdische Großvater des Klägers betrieb vor dem Zweiten Weltkrieg eine Metzgerei in Hagen und unterhielt ein Konto bei der Stadtsparkasse. Im Zuge familiärer Recherchen stieß der Kläger 2023 auf Hinweise zu einem möglichen Restguthaben. Doch sämtliche Ansprüche – ob auf Auskunft oder Auszahlung – seien längst verjährt, so das Gericht.

Rechtlicher Rahmen: Dreißigjährige Verjährung abgelaufen

Das OLG Hamm verwies auf die alte, bis 2001 geltende 30-jährige Verjährungsfrist (§ 197 BGB a.F.), die spätestens in den 1970er-Jahren geendet habe. Auch die neue dreijährige Regelverjährung (§ 195 BGB) aus dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz von 2002 helfe dem Kläger nicht. Es liege kein Neubeginn oder Hemmung der Frist vor.

Keine Ausnahme wegen NS-Unrecht: Verjährung bleibt verbindlich

Das Gericht betonte, dass auch bei NS-verursachtem Unrecht die allgemeinen Verjährungsregeln des Zivilrechts gelten. Moralisch nachvollziehbare Ansprüche könnten nicht unbegrenzt aufrechterhalten werden. Die Rechtsprechung stelle das Prinzip der Rechtssicherheit über die nachträgliche Korrektur historischer Unrechtslagen – auch im Erbrecht.

Grundrechte nicht verletzt: Rechtssicherheit geht vor

Der Kläger berief sich auf Art. 14 GG (Eigentumsschutz) und Art. 3 GG (Gleichbehandlung) sowie auf die historische Verantwortung des Staates für Wiedergutmachung. Das OLG Hamm lehnte auch diese Argumentation ab: Die gesetzliche Verjährung sei verhältnismäßig, diene dem Rechtsfrieden und gelte einheitlich – auch in komplexen historischen Fällen. Für Wiedergutmachung seien spezielle Entschädigungsgesetze geschaffen worden.

Kein Auskunftsanspruch ohne durchsetzbaren Hauptanspruch

Ein sogenannter sekundärer Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines möglichen Zahlungsanspruchs wurde ebenfalls abgelehnt. Solche Pflichten bestehen nur, wenn der Hauptanspruch selbst noch durchsetzbar ist – was wegen Verjährung hier nicht der Fall war.

Fazit: Verjährung im Erbrecht setzt klare Grenzen – auch bei NS-Raubgut

Das Urteil des OLG Hamm verdeutlicht die strengen Anforderungen an Auskunfts- und Zahlungsansprüche im Erbrecht, wenn es um historische Vermögensverluste aus der NS-Zeit geht. Trotz der moralischen Tragweite bleibt das zivilrechtliche Verjährungsrecht maßgeblich. Wer Ansprüche auf NS-Raubgut oder Wiedergutmachung geltend machen will, muss daher mit erheblichen juristischen Hürden rechnen

Tipp:

Verjährung prüfen: Historisch begründete Forderungen müssen frühzeitig geltend gemacht werden.

Rechtssicherheit vs. Gerechtigkeit: Die Verjährung kann nicht durch moralische Argumente oder bloße Nachforschungen unterbrochen werden.

Keine Auskunft ohne Anspruch: Auskunftsansprüche setzen voraus, dass ein Hauptanspruch überhaupt noch bestehen kann.

Quellen


[1] OLG Hamm Urt. v. 7.5.2025 – 31 U 10/24

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