Anfechtung des Erbverzichts

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Rechte, Fristen und Risiken

Ein Erbverzicht ist ein bedeutender rechtlicher Schritt mit weitreichenden Folgen. Wer auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet, ist in der Regel dauerhaft an diese Erklärung gebunden – sowohl persönlich als auch rechtlich. Doch was geschieht, wenn sich die Umstände ändern oder der Erbverzicht auf einer falschen Grundlage beruht? Unter bestimmten Voraussetzungen kann man einen Erbverzicht anfechten.

Wann ist ein Erbverzicht anfechtbar?

Ein Erbverzichtsvertrag kann nur dann angefochten werden, wenn gesetzlich anerkannte Anfechtungsgründe vorliegen. Diese ergeben sich aus den §§ 119 und 123 BGB. Anfechten können entweder der Verzichtende oder auch der Erblasser zu Lebzeiten selbst.

Ist eine Anfechtung nach dem Tod des Erblassers möglich?

Die Möglichkeit der Anfechtung nach dem Tod des Erblassers ist umstritten:

Während einige die Anfechtung für möglich halten, ist die überwiegende Ansicht, dass die Anfechtung überwiegend ausgeschlossen ist. [1] Gegen die Anfechtungsmöglichkeit nach dem Tod des Erblassers sprechen die Gründe der Rechtssicherheit Bei einer möglichen Anfechtung, könnte eine Erbfolge eintreten, die nicht dem Willen des Erblassers entspricht. Auch die Rechtsnatur des Erbverzichts spricht gegen die Anfechtung. Es ist ein Rechtsgeschäft unter Lebenden auf den Todesfall, das mit dem Eintritt des Erbfalls als verbindlich gilt.[2]

Anfechtungsgründe für den Erbverzicht

Ein notariell beurkundeter Erbverzicht kann nur unter engen Voraussetzungen angefochten werden. Mögliche Anfechtungsgründe[3] sind:

  • Irrtum (§ 119 BGB): Wenn sich der Verzichtende über den Inhalt oder die rechtlichen Folgen des Verzichts geirrt hat – etwa über die Reichweite des Verzichts oder über den tatsächlichen Wert des Nachlasses.
  • Arglistige Täuschung (§ 123 BGB): Wenn der Erblasser oder Dritte den Erben über wesentliche Umstände – etwa das tatsächliche Vermögen – getäuscht haben.
  • Drohung (§ 123 BGB): Wenn der Verzicht durch unzulässige Druckausübung oder Zwang zustande kam.

Fristen beachten: Anfechtung nur innerhalb eines Jahres

Die Anfechtung muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, erklärt werden, sobald der Anfechtungsgrund bekannt wird (§ 121 Abs. 1 BGB). Spätestens ein Jahr nach Kenntnis erlischt das Anfechtungsrecht – unabhängig von einer späteren Meinungsänderung oder familiären Entwicklungen.

Keine Anfechtung wegen „falscher Einschätzung“

Nicht jeder nachträgliche Unmut oder jede enttäuschte Erwartung berechtigt zur Anfechtung. Wer etwa auf sein Erbe verzichtet, um familiären Frieden zu sichern, kann diesen Verzicht nicht später rückgängig machen, nur weil die Familie dennoch in Streit gerät oder weil sich der Nachlass als werthaltiger erweist als angenommen. Eine falsche Einschätzung des wirtschaftlichen Werts begründet regelmäßig keinen Irrtum im Sinne des § 119 BGB.

Praxisfall: Erfolgreiche Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Der Kläger verlangt in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft nach seiner Mutter (E) die Rückzahlung aufgrund der Rückabwicklung eines Erbauseinandersetzungsvertrags aus dem Jahr 1989. Hintergrund ist ein notarieller Übergabevertrag von 1978, in dem der Beklagte – Sohn der Erblasserin – im Gegenzug zur Übertragung des elterlichen Baugeschäfts ausdrücklich auf sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet hatte. Nach dem Tod der Mutter wurde dennoch ein Erbschein erteilt, der den Beklagten als Miterben auswies. Im Rahmen der anschließenden Erbauseinandersetzung erhielt dieser ein Haus sowie einen Miteigentumsanteil. Erst 2007 erklärten der Kläger und seine Schwestern die Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung, da der Beklagte den früheren Erbverzicht bewusst verschwiegen habe. Das OLG München bestätigte die Anfechtung: Der Beklagte habe den Irrtum seiner Geschwister über seine Erbenstellung arglistig aufrechterhalten; ein bloßes „Vergessen“ sei angesichts der Bedeutung des Verzichts unglaubhaft. Die Anfechtung erfolgte fristgerecht gemäß § 124 BGB

Fazit:

Ein Erbverzicht kann nur in Ausnahmefällen angefochten werden – etwa bei Irrtum, Täuschung oder Drohung. Wer über einen solchen Schritt nachdenkt oder einen bestehenden Verzicht überprüfen lassen will, sollte frühzeitig rechtlichen Rat einholen. Denn: Rechtzeitigkeit und Beweisbarkeit sind entscheidend für den Erfolg.

Quellen


 

[1] MüKoBGB/Wegerhoff BGB § 2346 Rn. 4

[2] Burandt/Rojahn/Große-Boymann BGB § 2346 Rn.21

[3] MAH ErbR/Malitz § 7 Rn. 54

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