Anforderungen an den Erbvertrag

Verfügung von Todes wegen: Wann ist sie bindend und wann nicht? In der erbrechtlichen Praxis stellt sich häufig die Frage, ob eine Verfügung von Todes wegen - etwa ein Testament oder ein...

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Verfügung von Todes wegen: Wann ist sie bindend und wann nicht?

In der erbrechtlichen Praxis stellt sich häufig die Frage, ob eine Verfügung von Todes wegen – etwa ein Testament oder ein Erbvertrag – rechtlich bindend ist oder durch ein später errichtetes Testament wirksam aufgehoben werden kann. Besonders problematisch ist dies, wenn mehrere Testamente oder notarielle Urkunden vorliegen. Entscheidend ist in solchen Fällen oft, ob es sich bei der früheren Verfügung um einen Erbvertrag gemäß § 2278 BGB handelt. Denn vertragsmäßige Verfügungen entfalten eine Bindungswirkung, die eine spätere Abänderung durch ein neues Testament ausschließen kann.[1]

Erbvertrag oder gemeinschaftliches Testament?

Am 19.10.2012 schlossen ein Ehepaar und ihre beiden Töchter eine notarielle Vereinbarung, in der sich die Eheleute gegenseitig als Vorerben einsetzten. Die Nacherbschaft sollte auf die gemeinsamen Töchter übergehen. Laut Ziffer II § 4 der Urkunde wurden diese Regelungen ausdrücklich als vertragsmäßige Verfügungen im Sinne von § 2278 BGB bezeichnet. Zudem erklärten die Töchter einen Pflichtteilsverzicht.

Auffällig war, dass der Notar die Urkunde selbst nicht unterzeichnete. Seine Unterschrift befand sich nur auf dem Umschlag, mit dem die Urkunde versiegelt wurde.

Neues gemeinschaftliches Testament im Jahr 2021

Am 08.09.2021 errichtete das Ehepaar ein gemeinschaftliches notarielles Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Nach dem Tod der Ehefrau beantragte der Witwer einen Erbschein, der ihn als alleinigen Erben ausweisen sollte. Das Nachlassgericht Bremen-Blumenthal wies diesen Antrag jedoch mit Beschluss vom 26.11.2024 zurück.

Streit um die Bindungswirkung des Erbvertrags

Der überlebende Ehegatte legte gegen die Entscheidung Beschwerde ein. Er argumentierte, dass kein Erbvertrag im Sinne des § 2278 BGB beabsichtigt gewesen sei und das Dokument wegen der fehlenden Unterschrift des Notars unwirksam sei. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht.

Entscheidung: Kein Widerruf der vertragsmäßigen Verfügungen möglich

Das Beschwerdegericht bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Die Vereinbarung vom 19.10.2012 sei ein wirksamer Erbvertrag, der vertragsmäßige Verfügungen enthält. Eine Aufhebung durch das spätere Testament sei nach §§ 2290, 2292 BGB nicht möglich, da die Töchter, als vertragsgebundene Miterben, an der späteren Verfügung nicht beteiligt waren.

Formwirksamkeit trotz fehlender Unterschrift auf der Urkunde

Die fehlende Unterschrift des Notars auf der Urkunde selbst führte nicht zur Unwirksamkeit. Nach § 35 Beurkundungsgesetz (BeurkG) kann die Form auch dann gewahrt sein, wenn der Notar den versiegelten Umschlagunterzeichnet. Eine zeitliche Reihenfolge zwischen Unterschrift und Versiegelung schreibt das Gesetz nicht vor. Die gegenteilige Behauptung des Beteiligten wurde als unbeachtlich gewertet.

Fazit: Ein Erbvertrag entfaltet eine starke Bindungswirkung – auch dann, wenn Jahre später ein neues gemeinschaftliches Testament errichtet wird. Entscheidend ist die Vertragsmäßigkeit der Verfügungen und die Beteiligung aller Vertragspartner an späteren Änderungen.

Tipp:

Erbvertrag entfaltet Bindungswirkung: Wird in einer notariellen Urkunde ausdrücklich eine vertragsmäßige Verfügung (§ 2278 BGB) vereinbart, ist ein späteres gemeinschaftliches Testament ohne Mitwirkung der anderen Vertragsparteien unwirksam.

Pflichtteilsverzicht stärkt Vertragscharakter: Der gleichzeitige Pflichtteilsverzicht der Erben spricht für eine verbindliche und endgültige Regelung – spätere Änderungen sind rechtlich schwer durchsetzbar.

Formmangel heilbar durch Umschlag-Unterschrift: Eine fehlende notarielle Unterschrift auf der Urkunde kann nach § 35 BeurkG durch die Signatur auf dem verschlossenen Umschlag geheilt werden – der genaue Zeitpunkt der Unterschrift ist dabei irrelevant.

Quellen


[1] OLG Bremen Beschl. v. 9.5.2025 – 1 W 4/25

 

 

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