Keine Steuerbegünstigung fürs Familienheim ohne tatsächliche Eigennutzung

Steuerfreies Familienheim? Nicht ohne vorherigen Einzug. Was für viele nach einem klaren Fall der Steuerbefreiung klingt, entpuppte sich vor Gericht als steuerlicher Stolperstein. Denn das sogenannte Familienheim, das unter bestimmten...

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Steuerfreies Familienheim? Nicht ohne vorherigen Einzug.

Was für viele nach einem klaren Fall der Steuerbefreiung klingt, entpuppte sich vor Gericht als steuerlicher Stolperstein. Denn das sogenannte Familienheim, das unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei vererbt werden kann, verliert diesen Status schneller als gedacht – insbesondere dann, wenn der Erblasser selbst nie dort gewohnt hat. Ein aktuelles Urteil zeigt, wie streng die Gerichte auf den tatsächlichen Lebensmittelpunkt des Verstorbenen abstellen – und wann gute Absichten einfach nicht ausreichen.

Was ist passiert?

Nach dem Tod seiner Mutter wird der Kläger Alleinerbe. Zum Nachlass gehört ein Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung – rund 130 Meter entfernt von der Wohnung, in der die Erblasserin bis zuletzt lebte. Der Sohn bewohnt diese Wohnung schon zu Lebzeiten seiner Mutter regelmäßig und macht nach dem Erbfall die Steuerbefreiung für ein Familienheim geltend.

Seine Argumentation: Die Mutter habe die Wohnung ursprünglich selbst nutzen wollen, sei aber wegen einer schweren Erkrankung am Umzug gehindert worden. Die Immobilie sei seit Jahren familiär eingebunden gewesen, man habe sie gemeinsam gepflegt, aufgesucht und als Bestandteil des familiären Lebens betrachtet. Er selbst nutze sie nun als Hauptwohnsitz, dauerhaft und ausschließlich.

Das Finanzamt folgte dieser Sicht nicht. Entscheidend sei allein, ob die Erblasserin die Wohnung tatsächlich bewohnt habe. Da das nicht der Fall war, versagte die Behörde die Steuerbefreiung. Der Streit ging vor Gericht – mit grundsätzlicher Bedeutung für die Auslegung des Begriffs „Familienheim“.

Keine Steuervergünstigung ohne tatsächliche Selbstnutzung

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Die begehrte Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG wurde versagt – zu Recht, wie das Gericht meint. Der Erblasserin habe es an der entscheidenden Voraussetzung gefehlt: der tatsächlichen Eigennutzung der Wohnung als Lebensmittelpunkt.

Drei zentrale Gründe für die Entscheidung:

  1. Keine Nutzung – kein Familienheim
    Die Erblasserin habe die Wohnung zu keinem Zeitpunkt selbst bewohnt. Damit habe sich dort auch nicht der Mittelpunkt ihres familiären Lebens befunden – ein zentrales Merkmal, das der Familienheim-Begriff voraussetzt.
  2. Zwingende Hinderungsgründe nur bei vorheriger Nutzung relevant
    Zwar kann eine Steuerbefreiung auch dann greifen, wenn der Erblasser aus zwingenden Gründen – etwa Krankheit – an der Nutzung gehindert war. Das gilt laut Gericht aber nur, wenn zuvor bereits eine Eigennutzung bestand. Eine bloß geplante Nutzung reiche nicht aus.
  3. Keine steuerliche „Einheitsbetrachtung“ mehrerer Wohnungen
    Dass die Wohnung gemeinsam mit einer nahegelegenen anderen Immobilie als familiäre Einheit empfunden wurde, sei unerheblich. Es handle sich um zwei rechtlich getrennte Objekte – steuerlich zählt allein das konkret genutzte Wohnobjekt.

Nutzung schlägt Absicht

Das Urteil des Finanzgerichts hat erhebliche Praxisrelevanz – insbesondere für Erbfälle, in denen Immobilien nicht oder nur geplant vom Erblasser bewohnt wurden. Es bestätigt eine zunehmend restriktive Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG und betont: Die Steuervergünstigung knüpft nicht an die familiäre Bedeutung oder die geplante Nutzung einer Immobilie an, sondern ausschließlich an die tatsächliche Selbstnutzung durch den Erblasser.

Damit stellt das Gericht klar, dass auch zwingende Hinderungsgründe – wie etwa eine schwere Krankheit – nur dann relevant sind, wenn zuvor bereits eine tatsächliche Nutzung stattgefunden hat. Bloße Absichtserklärungen oder subjektive Vorstellungen zur zukünftigen Nutzung reichen nicht aus.

Für die Praxis bedeutet das: Wer die Steuerbefreiung für ein Familienheim nutzen möchte, muss auf eine rechtzeitige, dokumentierbare Nutzung der Immobilie durch den Erblasser achten. Symbolische, familiär geprägte oder räumlich nahe Wohnverhältnisse ersetzen die erforderliche rechtliche Voraussetzung nicht.

Tipp:

1. Tatsächliche Eigennutzung rechtzeitig sicherstellen
Damit eine Immobilie als steuerbegünstigtes Familienheim gelten kann, muss der Erblasser sie nachweislich selbst bewohnt haben. Wer plant, eine Immobilie zu vererben und dabei die Steuervergünstigung zu nutzen, sollte frühzeitig selbst einziehen – auch wenn der Umzug erst als Alterswohnsitz gedacht war.

2. Gesundheitliche Hinderungsgründe nur bei vorheriger Nutzung relevant
Selbst schwerwiegende Erkrankungen schützen nicht vor dem Verlust der Steuerbegünstigung, wenn der Erblasser die Immobilie nie selbst genutzt hat. Die Ausnahme greift nur dann, wenn die Nutzung begonnen und später aus zwingenden Gründen aufgegeben wurde.

3. Keine rechtliche Einheit mehrerer Immobilien unterstellen
Auch wenn mehrere Wohnungen räumlich nah beieinanderliegen oder familiär gemeinsam genutzt werden: Steuerlich zählt jede Immobilie für sich. Eine „Einheitsbetrachtung“ wird nicht anerkannt – und kann zur vollständigen Versagung der Steuervergünstigung führen.

 

Quelle: FG Berlin-Brandenburg Urteil v. 19.12.2024 – 14 K 14131/22

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