Disquotale Einlagen in eine KGaA lösen keine Schenkungsteuer aus
Schenkungsteuer? Nicht so schnell! Wer Vermögen über eine KGaA übertragen will, steht oft im Visier des Finanzamts. Doch nicht jede Einlage bedeutet automatisch eine steuerpflichtige Schenkung – das zeigt ein aktuelles Urteil des FG Hamburg. Die Richter stellen klar: Eine disquotale Einlage in die Kapitalrücklage zugunsten eines persönlich haftenden Gesellschafters ist kein steuerbarer Vorgang. Auch die neue Vorschrift des § 7 Abs. 9 ErbStG greift nicht rückwirkend. Ein wichtiges Signal für Familiengesellschaften – und für alle, die bei Nachfolgegestaltungen auf rechtssichere Strukturen setzen.
Was ist passiert?
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand eine komplexe gesellschaftsrechtliche Gestaltung mit steuerlicher Brisanz: Die Mutter der Klägerin übertrug im Jahr 2017 erhebliche Vermögenswerte – darunter Beteiligungen, Wertpapierdepots und Goldmünzen – per Einlage in die Kapitalrücklage einer eigens gegründeten KGaA. Diese Kapitalzuführung erfolgte ohne Gegenleistung und sollte unter bestimmten Bedingungen wirksam werden, insbesondere nachdem die Kinder als persönlich haftende Gesellschafter (phG) eingetragen waren.
Das Finanzamt wertete diese disquotale Einlage in die KGaA als steuerpflichtige Schenkung nach § 7 Abs. 8 ErbStG. Begründung: Die Klägerin habe durch die Einlage eine mittelbare Werterhöhung ihrer Beteiligung an der KGaA erfahren. In der Folge setzte die Behörde mit Schenkungsteuerbescheid einen hohen Erwerbswert fest – später teilweise reduziert –, wogegen die Klägerin sowohl Einspruch als auch Klage erhob.
Einlage ohne Schenkung: Wann Vermögen steuerfrei bleibt
Das Finanzgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 15.10.2024 (3 K 134/22) klargestellt, dass eine disquotale Einlage in die Kapitalrücklage einer KGaA keine Schenkung an den persönlich haftenden Gesellschafter darstellt. Die Klage gegen den Schenkungsteuerbescheid hatte Erfolg – mit folgender Begründung:
- Kein Anteil an einer Kapitalgesellschaft:
Die Beteiligung des phG an der KGaA gilt nicht als „Anteil an einer Kapitalgesellschaft“ im Sinne des § 7 Abs. 8 ErbStG. Der phG hält kein Grundkapital, sondern lediglich schuldrechtliche Ansprüche wie Gewinn- und Auseinandersetzungsrechte. Eine unmittelbare Vermögensmehrung beim phG lag daher nicht vor. - Keine freigebige Zuwendung:
Auch nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt keine Schenkung vor. Die Einlage in das Gesellschaftsvermögen der KGaA führte nicht zu einer zivilrechtlichen Vermögensverschiebung zugunsten der Klägerin. - § 7 Abs. 9 ErbStG nicht rückwirkend anwendbar:
Die neu eingeführte Vorschrift zur Besteuerung der Werterhöhung bei KGaA-phG greift nur für Fälle ab dem 28. März 2024. Eine rückwirkende Anwendung auf frühere Gestaltungen – wie hier – ist rechtlich unzulässig. - Kein Gestaltungsmissbrauch:
Die Gründung der KGaA und die disquotale Einlage erfolgten aus nachvollziehbaren, außersteuerlichen Gründen. Der Vorwurf eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO scheidet aus.
Klare Grenzen für die Schenkungsteuer bei Einlagen
Das Urteil des FG Hamburg schafft Klarheit für eine bislang umstrittene Frage im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht: Eine disquotale Einlage in die Kapitalrücklage einer KGaA führt nicht automatisch zu einer Schenkung an den persönlich haftenden Gesellschafter.
Die Entscheidung stärkt damit die Rechtssicherheit für Familiengesellschaften, die Vermögen generationenübergreifend in einer KGaA strukturieren möchten. Sie betont, dass eine Einlage, die keine unmittelbare Bereicherung eines Gesellschafters bewirkt, auch nicht der Schenkungsteuer unterliegt – selbst wenn sich der wirtschaftliche Wert seiner Beteiligung erhöht.
Zudem stellt das Urteil klar: § 7 Abs. 9 ErbStG, der diese Fallkonstellation künftig steuerlich erfassen soll, ist nicht rückwirkend anwendbar. Damit bietet das FG eine wichtige Orientierung für die Beurteilung von Altfällen und grenzt zugleich eine exzessive Ausdehnung des steuerpflichtigen Schenkungsbegriffs ein.
1. Einlagen juristisch klar strukturieren
Wer Vermögen in eine KGaA einbringt, sollte vertraglich eindeutig regeln, ob und inwieweit eine Zuwendung an bestimmte Gesellschafter erfolgt. Fehlt eine unmittelbare Bereicherung, liegt in der Regel keine Schenkung vor.
2. Steuerpflicht frühzeitig prüfen – aber nach altem Recht
Bei Einlagen vor dem 28. März 2024 gilt: § 7 Abs. 9 ErbStG ist nicht rückwirkend anwendbar. Lassen Sie ältere Gestaltungen deshalb ausschließlich nach der damals gültigen Rechtslage prüfen.
3. Kapitalrücklage ≠ Vermögensvorteil für phG
Allein die Erhöhung der Kapitalrücklage führt nicht automatisch zu einem steuerbaren Vorteil für den phG. Prüfen Sie genau, ob sich das Kapitalkonto des Gesellschafters verändert – nur dann kann ein steuerlicher Vorgang entstehen.
Quelle: FG Hamburg Urteil v. 15.10.2024 – 3 K 134/2

