Haftung nach Steuerhinterziehung? Nicht um jeden Preis!

Gericht setzt Grenzen bei der Zins-Haftung Wer wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wurde, muss mit finanziellen Konsequenzen rechnen - doch nicht jede Forderung der Finanzverwaltung ist automatisch rechtmäßig. Im Mittelpunkt...

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Gericht setzt Grenzen bei der Zins-Haftung

Wer wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wurde, muss mit finanziellen Konsequenzen rechnen – doch nicht jede Forderung der Finanzverwaltung ist automatisch rechtmäßig. Im Mittelpunkt eines aktuellen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Schleswig stand ein Haftungsbescheid, der nicht nur Steuern, sondern auch Zinsen umfasste. Der Antragsteller setzte sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Wehr – mit Teilerfolg. Die Entscheidung zeigt: Auch bei strafrechtlicher Vorbelastung bleibt effektiver Rechtsschutz gegen überzogene Haftungsbescheide möglich.

Was ist passiert?

Nach seiner Verurteilung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gegen den Antragsteller – inklusive erheblicher Zinsforderungen. Der Mann wehrte sich zunächst erfolglos im Widerspruchsverfahren. Seine Argumente: Die Steuerhinterziehung sei nicht allein auf sein Verhalten zurückzuführen, das Finanzamt habe durch eigenes Fehlverhalten zur falschen Steuerfestsetzung beigetragen, und zudem sei der betroffene Steuerpflichtige bereits überschuldet gewesen. Als schließlich auch der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt wurde, wandte sich der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das Verwaltungsgericht Schleswig.

Zinsen gestrichen – Haftung bleibt bestehen

Das Verwaltungsgericht Schleswig gab dem Antragsteller teilweise recht: Zwar bleibt der Haftungsbescheid wegen der Steuerhinterziehung im Wesentlichen bestehen – doch bei der Festsetzung der Zinsen gab es gravierende Fehler. Die aufschiebende Wirkung der Klage wurde daher teilweise angeordnet. Das Gericht nannte drei entscheidende Gründe:

  1. Fehlerhafte Zinsberechnung: Die angesetzten Nachzahlungszinsen bezogen sich teilweise auf Zeiträume vor der Tatvollendung – das ist unzulässig.
  2. Unklare gesetzliche Grundlage für Zinsen im Altfall: Für das Jahr 2013 durfte nach damaliger Rechtslage keine Haftung für § 233a AO-Zinsen erfolgen – das war erst ab 2017 möglich.
  3. Summarisch überzeugende Zweifel am Umfang der Zinsfestsetzung: Die Zinsen wurden offensichtlich pauschal aus einem anderen Verfahren übernommen, ohne Berücksichtigung der individuellen Haftungslage des Antragstellers.

Haftung für Zinsen nicht grenzenlos

Das Verwaltungsgericht Schleswig zieht klare Grenzen: Wer rechtskräftig wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verurteilt wurde, muss mit einer Haftung nach § 71 AO rechnen – auch dann, wenn die Steuerbehörde mögliche Unregelmäßigkeiten kannte oder hätte erkennen können. Gleichzeitig setzt das Urteil ein wichtiges Signal zur Begrenzung der Haftung für Zinsen: Diese dürfen nur dann geltend gemacht werden, wenn sie auf Steuerstraftaten beruhen, für die tatsächlich auch eine Haftung besteht – und nur nach neuem Recht. Damit stärkt die Entscheidung die Rechtssicherheit bei der Haftungsverteilung und grenzt übermäßige Inanspruchnahmen ein.

Tipp:

1. Zinsberechnung immer auf Aktualität prüfen
Nicht jede Zinsfestsetzung ist rechtmäßig: Für Steuerzeiträume vor dem 31.12.2016 war eine Haftung für Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) noch nicht vorgesehen. Prüfen Sie daher, ob der Haftungstatbestand überhaupt in der neuen Rechtslage liegt.

2. Kausalität im Einzelfall hinterfragen
Die Haftung nach § 71 AO setzt einen konkreten Zusammenhang zwischen der Beihilfehandlung und dem Steuerschaden voraus. Kann der Schaden auch bei korrekter Erklärung entstanden sein (z. B. wegen Zahlungsunfähigkeit), kann dies die Haftung mindern.

3. Keine automatische Bindung an Strafurteil – aber nutzen
Auch wenn die Finanzbehörde nicht an das Strafurteil gebunden ist, darf sie sich dessen Feststellungen zunutze machen. Wer haftungsrechtlich betroffen ist, sollte daher prüfen, ob die übernommenen Inhalte korrekt und vollständig übertragen wurden.

 

Quelle: Verwaltungsgericht Schleswig: Beschluss vom 02.09.2024 – 4 B 23/24

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