Zigarettenschmuggel aufgedeckt – jetzt geht’s ums Geld

Wie aus bloßen Verdachtsmomenten millionenschwere Steuerforderungen werden Zigarettenschmuggel ohne klare Beweise - und trotzdem soll gezahlt werden? Ein aktueller Beschluss des Hessischen Finanzgerichts sorgt für Aufsehen: Trotz fehlender Klarheit, ob der...

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Wie aus bloßen Verdachtsmomenten millionenschwere Steuerforderungen werden

Zigarettenschmuggel ohne klare Beweise – und trotzdem soll gezahlt werden? Ein aktueller Beschluss des Hessischen Finanzgerichts sorgt für Aufsehen: Trotz fehlender Klarheit, ob der Beschuldigte Steuerschuldner oder nur Hehler war, bleibt die Tabaksteuer fällig. Das Gericht zeigt damit: Wer mit unversteuerten Zigaretten in Verbindung gebracht wird, steht schnell mit einem Bein im Steuerrecht – und mit dem anderen im Finanzstrafrecht.

Was ist passiert?

Im Zentrum des Falls steht ein Mann, der laut Zollfahndung zwischen Juni und Oktober 2022 rund 150.000 unversteuerte Zigaretten verkauft haben soll – der mutmaßliche Steuerschaden: fünfstellig. Grundlage der Vorwürfe: abgehörte Telefonate mit verschlüsselten Codes wie „1“, „2“ oder „blau“, die laut Ermittlern als Tarnbegriffe für bestimmte Zigarettenmarken dienten. Bei einer späteren Durchsuchung fand der Zoll fast 8.000 Zigaretten ohne Banderole in Haus und Auto des Beschuldigten. Die Staatsanwaltschaft sah damit den Tatbestand der Steuerhehlerei (§ 374 AO) als erfüllt – das zuständige Hauptzollamt setzte Tabaksteuer per Wahlfeststellungsbescheid fest: Entweder als Steuerschuldner oder – falls nicht beweisbar – eben als Haftungsschuldner wegen der Hehlerei. Dagegen klagte der Beschuldigte – ohne Erfolg.

Klare Indizien für Zigarettenschmuggel und illegale Taterträge

Trotz der Einwände des Antragstellers blieb das Hessische Finanzgericht hart: Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde abgelehnt. Für das Gericht war klar – der Verdacht auf Zigarettenschmuggel und die damit verbundenen Taterträge rechtfertigen die steuerliche Inanspruchnahme. Zwar blieb der genaue Reiseweg der Zigaretten ungeklärt, doch aus Sicht des Gerichts war die Steuerpflicht des Mannes eindeutig – und zwar unabhängig davon, ob als Steuerschuldner oder Haftungsschuldner.

Die drei zentralen Gründe der Entscheidung:

  1. Gesicherte Indizienlage durch TKÜ & Zigarettenfunde:
    Die abgehörten Gespräche in Kombination mit dem Fund von knapp 8.000 unversteuerten Zigaretten ließen für das Gericht einen gewerbsmäßigen Handel mit Schmuggelware erkennen – ein klassischer Fall von Steuerhehlerei und ein erheblicher Hinweis auf entsprechende Taterträge.
  2. Wahlfeststellung als zulässiges Instrument:
    Da unklar blieb, ob der Beschuldigte selbst eingeführt oder nur mitgeschmuggelt hatte, war die steuerliche Wahlfeststellung rechtmäßig. Der Antragsteller wurde somit wahlweise als Steuerschuldner oder Haftungsschuldner für die Tabaksteuer in Anspruch genommen.
  3. Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit:
    Das Gericht betonte, dass bei summarischer Prüfung keine Zweifel an der Steuerpflicht bestehen. Es sei lebensfremd, dass sich die kodierten Telefonate auf andere Alltagswaren bezogen hätten – insbesondere angesichts des Umfangs der gehandelten Zigaretten und der bei der Durchsuchung aufgefundenen Schmuggelware.

Wahlfeststellung bei Zigarettenschmuggel bestätigt

Das Hessische Finanzgericht bekräftigt mit diesem Beschluss die Wirksamkeit der sogenannten Wahlfeststellung: Wer im Zusammenhang mit Zigarettenschmuggel auffällt, kann auch ohne exakten Nachweis des Schmuggelwegs zur Tabaksteuer herangezogen werden – entweder als direkter Steuerschuldner oder wegen der vereinnahmten Taterträge als Haftender. Für die Finanzbehörden bedeutet das: Auch bei lückenhafter Beweislage darf der Steuerzugriff erfolgen. Damit wird deutlich: Wer mit unversteuerten Zigaretten handelt, kann sich nicht auf formale Unsicherheiten berufen, um der Steuer zu entgehen.

Tipp:

1. Zigarettenschmuggel nicht bagatellisieren – auch Indizien reichen oft aus
Schon bloße Gesprächsfetzen oder der Besitz unversteuerter Zigaretten können reichen, um Ermittlungen zu rechtfertigen. Wer in Verdacht gerät, muss damit rechnen, dass Zoll und Steuerfahndung die Taterträge auch rückwirkend abschöpfen.

2. Wahlfeststellung ermöglicht doppelte Angriffslinie der Behörden
Bei unklarer Beweislage – etwa bei unbekannter Lieferkette – kann das Finanzamt Betroffene wahlweise als Steuerschuldner oder wegen Steuerhehlerei als Haftungsschuldner belangen. Das erhöht das Risiko einer Inanspruchnahme erheblich.

3. Taterträge können steuerlich teuer werden – auch ohne strafrechtliche Verurteilung
Unabhängig vom Ausgang eines Strafverfahrens können die finanziellen Folgen gravierend sein. Das Finanzamt kann auf dem Zivilweg Tabaksteuer nachfordern – inklusive Verzinsung und unter Umständen mit Vollstreckung.

 

Quelle: Hessisches Finanzgericht: Beschluss vom 15.01.2025 – 7 V 891/24

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