Ausschlagungserklärung durch bevollmächtigten Rechtsanwalt

Ausschlagung und Anfechtung: Welche Form ist erforderlich?  Die Ausschlagung einer Erbschaft ist als eine dem Erblasser gegenüber abgegebene Willenserklärung zu betrachten, die gemäß den gesetzlichen Vorgaben in einer bestimmten Form...

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Ausschlagung und Anfechtung: Welche Form ist erforderlich?

 Die Ausschlagung einer Erbschaft ist als eine dem Erblasser gegenüber abgegebene Willenserklärung zu betrachten, die gemäß den gesetzlichen Vorgaben in einer bestimmten Form zu erfolgen hat. Hat ein Erbe die Erbschaft ausgeschlagen, so kann diese Erklärung grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln der Anfechtung angefochten werden, etwa wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung. Die Anfechtung ermöglicht es dem Erklärenden, sich von der ursprünglich abgegebenen Willenserklärung zu lösen, vorausgesetzt, sowohl die materiellen als auch die formellen Voraussetzungen sind erfüllt. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, welchen formellen Anforderungen eine wirksame Anfechtungserklärung unterliegt und wie diese im Verhältnis zur ursprünglich ausgeschlagenen Erklärung zu beurteilen ist.

 

Ausgangspunkt: Ausschlagung und Anfechtung

Der Beteiligte zu 1) hatte am 20.12.2023 – aus seiner Sicht aufgrund der Überschuldung des Nachlasses – die Erbschaft für seinen Sohn abgelehnt. Die Ausschlagung wurde sowohl formell als auch inhaltlich als wirksam betrachtet. Dem Beteiligten wurde erst im Nachhinein bekannt, dass dem Nachlass durch eine Nachzahlung von Pflegegeld ein Betrag von nahezu 19.000 Euro zugeflossen war. In Anbetracht dieser neuen Erkenntnis unternahm er den Versuch, die Ausschlagungserklärung aufgrund eines Irrtums anzufechten.[1]

 

Streitpunkt: Formwirksamkeit der Anfechtungserklärung

 Das Gericht hat festgestellt, dass die Anfechtung der Ausschlagung den gleichen Formvorschriften unterliegt wie die Ausschlagung selbst. Dies ist in § 1955 BGB i. V. m. § 1945 BGB festgelegt. Dies impliziert:

Es besteht die Notwendigkeit, die Erklärung entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form (§ 129 BGB) abzugeben.

Die Argumentation des Antragsstellers, dass die Übermittlung der Anfechtung durch seinen Anwalt mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) einer öffentlichen Beglaubigung gleichwertig sei, da die Herkunft der Erklärung zweifelsfrei nachvollziehbar sei, wurde im Rahmen der rechtlichen Würdigung nicht berücksichtigt.

 

Formunwirksamkeit der Anfechtungserklärung wegen fehlender öffentlicher Beglaubigung

Das Gericht verneint die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung mit folgender Begründung: Die gesetzlich vorgeschriebene Form der öffentlichen Beglaubigung dient nicht lediglich der Authentifizierung des Absenders, sondern erfüllt eine eigenständige formelle Nachweisfunktion gemäß § 129 BGB. Die Übermittlung der Anfechtungserklärung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ersetzt diese Beglaubigung nicht. Obgleich beA als ein sicherer Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO zu klassifizieren ist, werden die Formanforderungen des § 1945 Abs. 1 BGB durch diesen Übertragungsweg nicht erfüllt.

Darüber hinaus betont das Gericht, dass auch im Fall einer Vertretung die Anfechtungserklärung selbst in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abzugeben ist. Die bloße Vorlage einer öffentlich beglaubigten Vollmacht ist hierfür nicht ausreichend. Das Gericht gelangt zu dem Schluss, dass die Anfechtungserklärung nicht den formalen Vorgaben entspricht und daher keine rechtlichen Konsequenzen nach sich zieht.

Tipp:
  • Formvorgaben beachten:Sowohl die Ausschlagung einer Erbschaft als auch deren Anfechtung müssen entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form erfolgen (§§ 1945, 1955 BGB). Eine einfache schriftliche Erklärung oder die Übermittlung per beA genügt nicht.
  • Irrtum als Anfechtungsgrund ist möglich:Eine Ausschlagung kann angefochten werden, wenn der Erbe sich über eine wesentliche Eigenschaft des Nachlasses (z. B. unerwartete Vermögenswerte) geirrt hat. Voraussetzung ist, dass sowohl inhaltlich als auch formell korrekt angefochten wird.
  • Die Vertretung ändert nichts an der Form:Auch bei Anfechtung durch einen Bevollmächtigten muss die Erklärung selbst formwirksam sein. Eine beglaubigte Vollmacht ersetzt nicht die formgerechte Anfechtungserklärung.

 

Quellen


[1] OLG Frankfurt a. M. (21. Zivilsenat), Beschluss vom 16.01.2025 – 21 W 123/24

 

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