Steuervorteil verweigert – obwohl alles nach Gewerbe aussieht?
Ein Wohnungsunternehmen bietet mehr als nur Wohnraum: Es verkauft Strom mit Gewinn, stellt Mediendienste bereit, unterhält ein Handwerkerteam – und erfüllt damit scheinbar alle Kriterien eines Gewerbebetriebs. Doch ausgerechnet das Finanzamt sieht darin bloße Vermögensverwaltung. Das bedeutet: keine Begünstigung bei der Schenkungsteuer. In einem aufsehenerregenden Verfahren ging es um die Frage, ob die zusätzlichen Leistungen ausreichen, um dem Betrieb das Etikett „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ zu verleihen – und damit steuerliche Vorteile zu sichern. Das Urteil könnte viele Unternehmen mit ähnlichem Modell treffen. Denn es geht nicht nur ums Geld – sondern auch um die Frage, wie innovativ Vermietung sein darf, ohne den Steuerstatus zu verlieren.
Was ist passiert?
Ein Kommanditist erhielt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge einen Anteil an einer KG, die umfangreichen Wohnungsbestand besitzt und an Dritte vermietet. Zusätzlich bietet die Gesellschaft Stromhandel, Mediendienstleistungen sowie Hausmeister- und Handwerkerdienste an. In ihrer Feststellungserklärung erklärte sie nur einen geringen Anteil an Verwaltungsvermögen, da sie sich selbst als begünstigtes Wohnungsunternehmen im Sinne des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG ansah. Das Finanzamt folgte dieser Einschätzung jedoch nicht: Der gesamte Wohnungsbestand wurde dem Verwaltungsvermögen zugerechnet, da keine Sonderleistungen erbracht würden, die eine gewerbliche Vermietung begründeten. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos – das Gericht entschied, dass der Betrieb trotz Zusatzleistungen weiterhin dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen sei und somit kein steuerlich begünstigtes Wohnungsunternehmen vorliege.
Vermieten bleibt Verwalten – trotz Zusatzleistungen
Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Es bestätigte den Feststellungsbescheid des Finanzamts, wonach der Wohnungsbestand der KG vollständig als nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG zu werten ist. Die Voraussetzungen der Rückausnahme für begünstigte Wohnungsunternehmen nach Satz 2 Buchst. d) der Norm seien nicht erfüllt.
Hier die zentralen Entscheidungsgründe im Überblick:
- Maßgeblich ist die Art der Vermietungstätigkeit – nicht das Gesamtunternehmen
Das Gericht stellte klar: Für die Rückausnahme kommt es nicht auf die Gesamtgewerblichkeit des Unternehmens an, sondern ausschließlich auf die konkrete Vermietungstätigkeit. Selbst wenn Zusatzleistungen wie Stromlieferungen, Mediendienste oder Hausmeisterdienste erbracht werden, sei entscheidend, ob diese Leistungen verpflichtend und prägend für das Mietverhältnis sind. Nur dann könnte eine gewerbliche Vermietungstätigkeit angenommen werden.
- Keine gewerbliche Vermietung trotz Zusatzleistungen
Zwar erbringe die KG zusätzliche Leistungen wie Stromverkauf und Mediendienste – diese seien aber optional, würden nicht zwingend von allen Mietern genutzt und seien demnach nicht prägend für die Vermietungstätigkeit. Auch Hausmeisterdienste oder Reinigungen gehören laut Gericht zur typischen Sphäre einer professionellen Wohnungsverwaltung – nicht jedoch zu einer gewerblichen Organisation, die eine Rückausnahme rechtfertigen würde.
- Vermietung bleibt Vermögensverwaltung – auch bei großem Aufwand
Das Gericht betonte: Ein hoher organisatorischer Aufwand oder eine besondere Mieterstruktur (z. B. soziale Brennpunkte, Studierende oder Senioren) führe nicht automatisch zur Gewerblichkeit. Entscheidend sei, dass die Nutzung des Wohnraums im Vordergrund bleibe und die zusätzlichen Tätigkeiten nicht darüber hinauswüchsen
- Zusatzleistungen haben dienenden Charakter
Die Zusatzangebote der KG – Strom, Medien, Handwerkerdienste – würden ausschließlich Mietern zur Verfügung gestellt, seien also untrennbar an das Mietverhältnis gebunden. Diese Leistungen stünden nicht für sich und würden nicht den prägenden wirtschaftlichen Zweck des Unternehmens ausmachen. Sie dienten der besseren Bewirtschaftung, nicht der eigenständigen Gewinnerzielung.
Strenge Regeln für Steuerprivilegien bei Wohnungsunternehmen
Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für die schenkungsteuerliche Bewertung von Wohnungsunternehmen. Es stellt klar, dass Zusatzleistungen wie Stromhandel, Mediendienste oder ein eigener Hausmeisterservice für sich genommen nicht ausreichen, um eine gewerbliche Vermietungstätigkeit im Sinne eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nach § 14 AO anzunehmen – zumindest dann nicht, wenn diese Leistungen den Wohnraum lediglich begleiten und nicht prägen.
Damit verfestigt das Gericht die enge Auslegung der Rückausnahme nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG: Auch wenn ein Unternehmen ertragsteuerlich als Gewerbebetrieb eingestuft wird, bedeutet das nicht automatisch, dass es auch schenkungsteuerlich als „begünstigtes Wohnungsunternehmen“ gilt.
Die Folge: Unternehmen mit kleinerem Wohnungsbestand und umfangreichem Serviceangebot können nicht ohne Weiteres auf die steuerlichen Verschonungen nach § 13b ErbStG hoffen. Sie müssen vielmehr darlegen, dass ihre Vermietungstätigkeit selbst über die Schwelle der reinen Vermögensverwaltung hinausgeht – was nach diesem Urteil die Ausnahme bleiben dürfte.
– Zusatzleistungen genau prüfen:
Nur wenn Leistungen wie Stromverkauf, Reinigungsdienste oder Mediendienste zwingender Bestandteil der Vermietung und nicht optional sind, können sie für die Anerkennung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb relevant sein.
– Grenze zur Vermögensverwaltung kennen:
Auch bei großem Verwaltungsaufwand bleibt die Vermietung von Wohnungen grundsätzlich vermögensverwaltend – es sei denn, sie tritt gegenüber einer gewerblichen Organisation klar zurück.
– Feststellungsverfahren richtig nutzen:
Das Bewertungsfinanzamt stellt nur die Werte fest – ob eine steuerliche Begünstigung greift, entscheidet das Schenkungsteuerfinanzamt. Diese Zuständigkeiten sollten in Einspruchs- und Klageverfahren klar berücksichtigt werden.
Quelle: Finanzgericht Münster, 3 K 751/22 F