Zwei Tage vor dem Tod: Millionärin heiratet am Sterbebett und enterbt ihren Sohn
Der Erbfall der verstorbenen Managerin Frau M. erregt Aufsehen und wirft Fragen nach der Rechtmäßigkeit von Testamenten und erbrechtlichen Verfügungen in Ausnahmesituationen auf. Zwei Tage vor ihrem Tod traf die schwerkranke Frau M. am Sterbebett weitreichende Verfügungen über ihr gesamtes Vermögen und setzte ihren 60-jährigen Lebensgefährten als Alleinerben ein. Dieser Fall wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die komplexen rechtlichen Fragen rund um die Regelung des Nachlasses, sondern auch auf die Bedeutung der Geschäftsfähigkeit und die mögliche Einflussnahme auf testierende Personen in extremen Lebenssituationen.
Schwer erkrankte Frau ändert ihr Testament
Im Januar 2023 verstirbt Frau M., eine wohlhabende Managerin aus Wien und Tochter eines bekannten österreichischen Künstlers, im Alter von 50 Jahren an den Folgen einer schweren Krebserkrankung. Zwei Tage vor ihrem Tod hat sie einen 60-jährigen Mann geheiratet, mit dem sie seit 2016 zusammen war. Unmittelbar nach der Eheschließung änderte Frau M. ihr Testament und setzte den 60-Jährigen als Alleinerben ein. Ihr minderjähriger Sohn, der zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt war, sollte lediglich den Pflichtteil erhalten. Außerdem verkaufte sie eine Luxuswohnung in Paris an eine Gesellschaft, deren einziger Gesellschafter der 60-Jährige war, zu einem Preis, der weit unter dem tatsächlichen Marktwert lag.
Verkauf der Luxuswohnung und Enterbung des Sohnes
Zwei Tage vor ihrem Tod unterzeichnete Frau M. im Endstadium ihrer Krankheit eine Vorsorgevollmacht und heiratete am Sterbebett ihren Lebensgefährten. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch ein neues Testament handschriftlich verfasst, da Frau M. aufgrund ihres Gesundheitszustandes dazu zu schwach war. In diesem Testament wurde die 60-Jährige als Alleinerbe eingesetzt, während ihr Sohn nur den Pflichtteil erhalten sollte. Der tatsächliche Wert der in Paris gelegenen Wohnung betrug nach einem Sachverständigengutachten mindestens 1,5 Millionen Euro, sie verkaufte die Immobilie jedoch für nur 710.000 Euro an die Firma des 60-Jährigen.
Anfechtung des Testaments
Der Vater des minderjährigen Sohnes sowie die Rechtsanwälte Michael Dohr und Norbert Marschall erhoben Anfechtungsklage. Sie argumentierten, Frau M. sei massiv unter Druck gesetzt worden und aufgrund ihrer schweren Erkrankung und hochdosierter Medikamente nicht mehr in der Lage gewesen, eine geschäftsfähige Entscheidung zu treffen. Der 50-Jährigen sei eingeredet worden, dass das Vermögen ihres Sohnes durch dessen Vater gefährdet sei und nur der 60-Jährige das Erbe in seinem Sinne erhalten könne.
Die Klage hatte Erfolg: In einem Vergleich wurde die Pariser Wohnung zurückgegeben und das volle Erbrecht des Sohnes von der 60-Jährigen anerkannt. Auf Antrag des Sohnes wird nun auch die Annullierung der Ehe seiner Mutter angestrebt.
Die „Versorgungsehe“ am Sterbebett
Ein weiterer Aspekt, der die Entscheidung für eine Eheschließung am Sterbebett beeinflusst, ist die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Witwen- bzw. Witwerrente.
Wird eine Ehe kurz vor dem Tod eines Partners geschlossen, um den überlebenden Partner finanziell abzusichern, entfällt in der Regel der Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente. Diese Ehen werden als Versorgungsehen bezeichnet und führen dazu, dass keine Rentenansprüche geltend gemacht werden können. Bei Ehen, die weniger als 12 Monate gedauert haben, wird grundsätzlich vermutet, dass sie aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen wurden. In diesen Fällen wird die Versorgung der Hinterbliebenen als Hauptzweck der Eheschließung vermutet, was einen Rentenanspruch ausschließt. Ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente kann demnach nur unter der Voraussetzung bestehen, dass der Hinterbliebene nachweisen kann, dass die Ehe nicht ausschließlich aus Versorgungsgründen geschlossen wurde, sondern auf anderen triftigen Gründen beruhte.[1]
• Vorsicht bei Testamentsänderungen am Sterbebett:
Testamente, die kurz vor dem Tod geändert werden, können durch den Nachweis von Druck oder Krankheit angefochten werden. Eine solche Änderung kann unwirksam sein, wenn der Erblasser aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht mehr testierfähig war.
• Risiken von Erbverträgen in Krisensituationen:
Verträge und erbrechtliche Verfügungen, die unter außergewöhnlichem Druck oder in einer Ausnahmesituation getroffen wurden, können leicht angefochten werden, wenn der Erblasser nicht in der Lage war, die rechtlichen Konsequenzen vollständig zu überblicken.
• Versorgungsehen und Witwenrente:
Ehen, die kurz vor dem Tod geschlossen werden, um den überlebenden Partner finanziell abzusichern, können als Versorgungsehen eingestuft werden. In solchen Fällen kann der Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente entfallen, insbesondere wenn die Ehe weniger als 12 Monate gedauert hat.
Quellen