Fallinhalt:
Der Erblasser war zweimal verheiratet und in beiden Ehen hat er testiert. Im zweiten (also zeitlich letzten) Testament hat er seine Tochter aus erster Ehe enterbt sowie seine zweite Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt.
Das erste Testament mit der verstorbenen Ehefrau entfaltet grundsätzlich Bindungswirkung, weil die Ehegatten sich gegenseitig eingesetzt haben. Beim Versterben eines Ehepartners werden diese wechselbezüglichen Verfügungen grundsätzlich bindend.
Aber welches Testament ist das wirksame Testament? Wie löst man die Situation für die zweite Ehefrau?
Lösungsansatz:
Die zweite Ehefrau kann das Testament anfechten, weil sie als Pflichtteilsberechtigte übergangen wird.
Die Anfechtung wäre ausgeschlossen, wenn die Gegenseite (hier die Tochter) beweisen kann, dass der Erblasser auch bei Kenntnis der Sachlage die Verfügung, hier das erste Testament, genauso errichtet hätte und die zweite Ehefrau somit ausgeschlossen hätte.
Ergebnis:
In diesem Fall wurde die Anfechtung erklärt und das erste Testament wurde somit nichtig, so dass das zweite Testament gültig war und die zweite Ehefrau einen Erbschein als Alleinerbin ausgestellt bekommen hat.