Ein Ehegattentestament, drei Parteien und eine zentrale Frage: Wer erbt wirklich?
Die bindende Verfügung beim Ehegattentestament bei Erbeinsetzung der Patenkinder
Ein gemeinschaftliches Testament, das einst die Harmonie zwischen Ehegatten widerspiegelte, ein späterer Änderungsversuch und handschriftliche Erklärungen sorgen nach dem Tod eines kinderlosen Erblassers für Streit. Im Mittelpunkt: zwei Patenkinder und die zweite Ehefrau des Verstorbenen. Doch was zählt mehr – der ursprüngliche Wille im Testament oder spätere Änderungen? Dieser Fall beleuchtet die spannende Frage, wie bindend ein gemeinschaftliches Testament wirklich ist und wie Gerichte den letzten Willen interpretieren. Ein Erbstreit mit weitreichenden Konsequenzen.
Was ist geschehen?
Der im Jahr 2021 verstorbene Erblasser war seit 2020 in zweiter Ehe mit der Beteiligten zu 1 verheiratet. Er hinterließ keine eigenen Kinder. Die Beteiligten zu 2 und 3, Patenkinder des Erblassers und seiner ersten, bereits 2016 verstorbenen Ehefrau, stehen im Mittelpunkt eines Erbstreits.
Im gemeinschaftlichen notariellen Testament vom 9. Januar 2001 hatten der Erblasser und seine erste Ehefrau die Beteiligten zu 2 und 3 als Schlusserben zu je 1/2 bestimmt. Eine spätere Änderung im Testament des Erblassers zugunsten seiner zweiten Ehefrau führte zu Konflikten, insbesondere darüber, ob die ursprüngliche Schlusserbeneinsetzung bindend war. Drei handschriftliche Testamente, die in den Jahren 2020 und 2021 von der Beteiligten zu 1 verfasst und von dem Erblasser unterschrieben worden sind, enthalten die Alleinerbeneinsetzung der Beteiligten zu 1.[1]
Die wechselbezügliche Verfügung des Ehegattentestaments
Das Ehegattentestament ist eine Möglichkeit für Ehegatten, gemeinsam über ihr Vermögen zu testieren und sich gegenseitig abzusichern. Die getroffenen wechselbezüglichen Verfügungen sind solche Bestimmungen, die ein Ehegatte gerade deshalb trifft, weil der andere Ehegatte eine entsprechende Verfügung getroffen hat. Die Verfügung steht und fällt also mit der anderen Verfügung[2]
Regelmäßig muss gerichtlich geprüft werden, ob in einem Ehegattentestament die Verfügung gerade wechselbezüglich und somit bindend geworden ist. Die Folge bei einer wechselbezüglichen Verfügung ist, dass eine einseitige Testamentsänderung nicht mehr zulässig ist. Dies gilt vor allem, wenn der Ehegatte bereits verstorben ist. Beim Verfassen sollte somit festgehalten werden, welche Verfügung bindend sein soll und welche nicht.
Beispiel:
„Die im gemeinsamen Testament für den ersten Todesfall getroffenen Verfügungen sind gegenseitig abhängig
und verbindlich. Hingegen sind die Regelungen für den zweiten Todesfall weder wechselbezüglich noch bindend. Dies gibt dem länger lebenden Ehegatten die Freiheit, die Bestimmung der Schlusserben vollständig neu zu gestalten.“
Das Ehegattentestament bei der Testamentsauslegung
Nach § 2270 Abs. 1 BGB sind Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, dass die Verfügung des einen Ehegatten nur im Hinblick auf die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen wurde. Die Auslegung des Testaments ergab, dass die Ehegatten die Beteiligten zu 2 und 3 bewusst gemeinsam als Schlusserben bestimmt hatten. Der Wortlaut „unsere Patenkinder“ deutet auf einen übereinstimmenden Willen hin. Auch die strikte Einschränkung der Änderungsbefugnis des überlebenden Ehegatten bestätigt die Bindungswirkung. Die nachträgliche Abänderung durch den Erblasser im Testament vom 25. November 2019 zugunsten der zweiten Ehefrau war unwirksam, da sie die bindende Schlusserbeneinsetzung der Beteiligten zu 3 verletzte (§ 2271 Abs. 2 S. 1 BGB).
Tipp:
• Bindung der Verfügungen im ersten Todesfall: Im gemeinsamen Testament sind die Regelungen für den ersten Todesfall wechselbezüglich und somit rechtlich verbindlich. Änderungen können hier nicht einseitig vorgenommen werden.
Tipp: Prüfen Sie genau, ob diese Bindung Ihren langfristigen Wünschen entspricht.
• Prüfung der Schlusserbfolge: Da der überlebende Ehegatte die Schlusserbfolge ändern kann, sollte vorab überlegt werden, ob bestimmte Einschränkungen oder Vorgaben sinnvoll wären.
Tipp: Besprechen Sie Ihre Wünsche frühzeitig und dokumentieren Sie diese eindeutig.
• Klare Formulierungen vermeiden Streit: Eine klare Unterscheidung zwischen bindenden und änderbaren Verfügungen im Testament hilft, spätere Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden.
Tipp: Lassen Sie Ihr Testament rechtlich prüfen, um Missverständnisse auszuschließen.
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