Im deutschen Erbrecht spielt § 2077 BGB eine entscheidende Rolle, wenn es um die Frage geht, was mit der Erbeinsetzung eines Ehepartners oder eingetragenen Lebenspartners passiert, wenn die Partnerschaft aufgelöst wird. Eine Erbeinsetzung erfolgt häufig im Rahmen eines Testaments oder Erbvertrags. Besonders in engen persönlichen Beziehungen, wie einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft, setzen sich die Partner oft gegenseitig als Erben ein. Doch was geschieht, wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft endet? Ein aktuelles Urteil gibt Aufschluss über die Bedeutung von § 2077 III BGB und den Willen des Erblassers.
Die Ausgangslage: Erbeinsetzung und Partnerschaft
Nach dieser Vorschrift wird eine Erbeinsetzung automatisch unwirksam, wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft bei Erbfall bereits aufgelöst war oder ein Scheidungs- oder Aufhebungsverfahren lief, das die Voraussetzungen für die Auflösung erfüllte. Diese Regelung dient dazu, den mutmaßlichen Willen des Erblassers zu schützen, da dieser häufig keine Erbeinsetzung eines früheren Partners wünschen würde.
Während also die Grundregel von § 2077 I BGB die automatische Unwirksamkeit einer Erbeinsetzung nach der Auflösung einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft vorsieht, regelt Absatz III dieser Vorschrift eine wichtige Ausnahme: „Absatz 1 gilt nicht, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser die Verfügung auch für den Fall der Auflösung der Ehe oder Lebenspartnerschaft getroffen haben würde.“
Mit anderen Worten: Der Wille des Erblassers ist entscheidend. Liegen klare Anhaltspunkte vor, dass der Erblasser trotz Trennung oder Scheidung an der ursprünglichen Erbeinsetzung festhalten wollte, bleibt diese wirksam, gem. § 2077 III BGB.
Das aktuelle Urteil des OLG München: Klarheit in der Praxis
Das Gericht muss also prüfen, ob Umstände vorlagen, die den Schluss zuließen, dass der Erblasser die Erbeinsetzung bewusst auch nach der Auflösung der Beziehung gewollt hat.
Im vorliegenden Fall (OLG München, Beschl. v. 25.6.2024 – 31 Wx 250/18) entschied das erkennende Gericht zugunsten der Antragstellerin unter Berücksichtigung von § 2077 III BGB. Der Erblasser hatte seinen damaligen Lebensgefährten im Testament als Alleinerben eingesetzt. Doch vor seinem Tod wurde die Lebenspartnerschaft aufgelöst, weil der Lebensgefährte aufgrund schwerer Krankheit zur Pflege zu seiner Tochter, der Antragstellerin, gezogen war.
Das Gericht stellte klar, dass die Erbeinsetzung gemäß § 2077 III BGB nicht automatisch unwirksam geworden war. Tragende Begründung hierfür war, dass der Senat vorliegend einen hypothetischen Willen des Erblassers feststellte, nach dem eine Aufrechterhaltung der testamentarischen Verfügung für den konkreten Fall der Auflösung der Lebenspartnerschaft anzunehmen war. Die Aufhebung der Lebenspartnerschaft war lt. Senat gerade keine bewusste Entscheidung aufgrund Zerrüttung der Partnerschaft. Vielmehr ist die Auflösung nach der glaubwürdigen und uneigennützigen Zeugenaussage eines Zeugen ausschließlich aufgrund einer Rechtsberatung anlässlich einer Testamentserrichtung durch seine Person erfolgt. Der Senat konnte hieraus nur den Schluss ziehen, dass praktisch ausschließlich äußere Umstände dazu führten, dass sich der Erblasser genötigt sah, zum Schutz seines Vermögens, die (rechtliche) Partnerschaft zu beenden, ohne die emotionale Verbundenheit zu seinem Freund und Gefährten aufzugeben.
Fazit Das aktuelle Urteil unterstreicht die Bedeutung von § 2077 III BGB und zeigt, dass der Wille des Erblassers im Mittelpunkt steht. Eine automatische Unwirksamkeit der Erbeinsetzung ist nicht immer die Regel, sondern hängt maßgeblich von den individuellen Umständen und dem Verhalten des Erblassers ab. Wer seine Erbfolge rechtssicher gestalten möchte, sollte frühzeitig juristische Beratung in Anspruch nehmen.
Quellen
OLG München, Beschl. v. 25.6.2024 – 31 Wx 250/18, ZEV; ZEV 2024, 760ff.
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