Wem gehört die Briefmarkensammlung in Höhe von 240.000-Euro?
Erbstreitigkeiten sind oft nicht nur juristische Auseinandersetzungen, sondern auch emotionale Konflikte, die Familien tief spalten können. Wenn unterschiedliche Interessen, alte Verletzungen und hohe finanzielle Werte aufeinandertreffen, wird ein Erbfall schnell zur Zerreißprobe. Insbesondere dann, wenn Unklarheiten im Testament bestehen oder einzelne Angehörige übergangen werden. In England streiten zwei Frauen über eine Briefmarkensammlung, die der Erblasser zu Lebzeiten verschenkt hat.
Erblasser verschenkt die Briefmarkensammlung
Der Erblasser lebte in England und ist im Jahre 2021 im Alter von 90 Jahren verstorben. Er setzte zu Lebzeiten ein Testament auf und seine drei leiblichen Töchter sollten jeweils 18.000 Euro erhalten. In einem älteren Testament sollte auch seine Stieftochter diesen Betrag bekommen, doch in dem neueren Testament belief sich ihr Erbe auf einem Pfund.[1]
Der Erblasser hat aber noch vor seinem Versterben seine wertvolle Briefmarkensammlung an seine Putzkraft für einen Pfund übergeben. Gegen dieses Vorgehen geht die Stieftochter gerichtlich vor und hat eine Anfechtung ausgesprochen.
Schenkungen zu Lebzeiten in Deutschland
In England steht es dem Erblasser zu den Nachlass so zu gestalten, wie er möchte. Lediglich bei Schenkungen, die absichtlich darauf gerichtet sind das Vermögen zu schmälern, kann es zu Anfechtungen kommen.
Das deutsche Erbrecht hat auch die Regelung, dass Schenkungen zu Lebzeiten beachtet werden, wenn es eine absichtliche Schenkung ist, um den Nachlass zu schmälern. Diese Schenkungen könnten vorgenommen werden, um den Pflichtteilsanspruch von Angehörigen zu schmälern. Gemäß § 2325 BGB werden Schenkungen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall erfolgten, anteilig dem Nachlass hinzugerechnet und wirken so bei der Berechnung des Pflichtteils mit.[2]
Darauf können sich aber nur Pflichtteilsberechtigte berufen. Nach § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Pflichtteilsberechtigt sind der Ehepartner und die Abkömmlinge sowie unter Umständen die Eltern des Erblassers.[3] Nach deutschem Recht würde die Stieftochter in dem Erbfall von dem Erblasser nichts erben und auch nicht Ansprüche auf ein Pflichtteil haben.
Was können die Erben gegen diese Schenkungen machen?
Die Schenkung der Briefmarkensammlung hat den Wert des Nachlasses erheblich gemindert und damit auch den Pflichtteilsanspruch der leiblichen Kinder reduziert. In so einem Fall ist an den Pflichtteilsergänzungsanspruch zu denken: Der Pflichtteilsergänzungsanspruch stellt sicher, dass pflichtteilsberechtigte Personen – wie Ehegatten, Abkömmlinge und unter Umständen auch Eltern des Erblassers – trotz lebzeitiger Schenkungen des Erblassers ihren gesetzlichen Mindestanspruch am Nachlass wahren können. Schenkungen, die der Erblasser innerhalb der letzten zehn Jahre vor seinem Tod getätigt hat, werden dem Nachlass rechnerisch hinzugerechnet, um den Pflichtteil zu berechnen, als wäre das verschenkte Vermögen weiterhin Bestandteil des Nachlasses. Zu beachten ist, dass sich der Wert der Schenkungen mit jedem abgelaufenen Jahr um 10 % verringert („Abschmelzungsregel“), sodass nach Ablauf von zehn Jahren die Schenkung für die Pflichtteilsergänzung nicht mehr relevant ist.[4] Der Stieftochter ist in dieser Situation zu raten, das neue Testament in dem nicht erwähnt wurde, anzufechten. Hierbei trägt sie aber die Beweislast bezüglich der Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, dass der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder so eine Erklärung überhaupt nicht abgeben wollte gemäß § 2078 BGB.[5]
Quellen
[1] https://www.mirror.co.uk/news/uk-news/stamp-collector-changes-leaves-250000-33953605
[2] https://www.erbrechtsinfo.com/allgemeines-erbrecht/pflichtteil-bei-schenkung/
[3] https://www.sparkasse.de/pk/ratgeber/familie/erben-und-vererben/pflichtteil.html#
[4] https://www.erbrechtexperte.de/pflichtteilsergaenzungsanspruch.html
Standorte
Mit Standorten in Bochum, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf und in Essen sind wir im ganzen Rhein- und Ruhrgebiet jederzeit für Sie da.
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