Rentnerin zerreißt Testament am Sterbebett und löst Erbstreit aus
Eine 92-jährige Rentnerin hat zu Lebzeiten ein Testament verfasst. Sie hat ihren fünf entfernten Cousins und Cousinen als Erben eingesetzt und der Nachlass beläuft sich auf 800.000 Pfund (ca. 961.000 Euro). Auf ihrem Sterbebett hat es sich die Rentnerin anders überlegt und zerreißt das Testament. Ohne das Testament würde die jüngere Schwester der Rentnerin alles erben. Es ist ein Streit zwischen den Verwandten entfacht.
Das Zerreißen des Testaments als Widerruf
Das Geschehen fand im Jahre 2022 in England statt. Dort gilt ein viktorianisches Gesetz aus dem Jahre 1837. Dort ist vorgesehen, dass ein Testament widerrufen werden kann und man diesen zerreißen kann.
Die im Testament genannten Verwandten haben nach dem Zerstören des Testaments eingewendet, dass die Rentnerin zu schwach zum Zerreißen war und nur drei Viertel des Testaments zerstört habe. Für das vollständige Zerreißen soll der Anwalt der Rentnerin nachgeholfen haben.[1]
Nun streiten die Verwandten darüber, ob das Zerreißen der Rentnerin das Testament unwirksam gemacht hat und ob sie während des Zerreißens auch mental dazu fähig war die Reichweite ihres Handelns einzuschätzen.
Der Widerruf des Testaments in Deutschland
Der Widerruf eines Testaments kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, wobei stets die Form des ursprünglichen Testaments berücksichtigt werden muss. Ein weit verbreitetes und rechtlich unkompliziertes Mittel, ein Testament zu widerrufen, ist die Errichtung eines neuen Testaments. Hierbei gilt: Das neuere Testament setzt das ältere automatisch außer Kraft, soweit es im Widerspruch zu dessen Regelungen steht gemäß § 2258 BGB. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist es empfehlenswert, im neuen Testament ausdrücklich zu vermerken, dass das alte Testament widerrufen wird. Diese Möglichkeit des Widerrufs gilt für das handschriftliche Einzeltestament. Bei Ehegattentestamenten sind die Verfügungen bindend und können somit nicht von einem Testierenden aufgehoben werden.
Handelt es sich bei dem ursprünglichen Testament um ein notariell beurkundetes Testament, so bietet das Gesetz die Möglichkeit, dieses durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung beim zuständigen Amtsgericht zu widerrufen. [2]Durch die Rücknahme des Testaments aus der amtlichen Verwahrung wird es rechtlich unwirksam. Diese Rücknahme kann jedoch nur persönlich durch den Erblasser erfolgen, da sie die eindeutige Absicht zur Aufhebung des Testaments dokumentiert.
Auch in Deutschland gilt: Testament kann durch das Zerreißen widerrufen werden
Gemäß § 2255 BGB kann ein Testament durch bewusste Vernichtung oder durch gezielte Veränderung der Testamentsurkunde widerrufen werden. Entscheidend dabei ist, dass der Erblasser eindeutig die Absicht hatte, das Testament aufzuheben, und dies durch seine Handlung klar zum Ausdruck bringt. Ein Widerruf durch Vernichtung erfolgt in der Regel durch Zerstörung der Urkunde, etwa durch Zerreißen oder Verbrennen. In einem solchen Fall nimmt das Gesetz an, dass der Erblasser mit dieser Handlung tatsächlich die Absicht verfolgt hat, das Testament zu widerrufen. Voraussetzung für diesen Widerruf ist, dass die Testamentsurkunde nach der Vernichtung physisch nicht mehr vorhanden ist. Eine ebenso wirksame Art des Widerrufs kann durch gezielte Veränderung der Testamentsurkunde erfolgen. Hierbei sind Handlungen wie das Einreißen, Zerschneiden oder Durchstreichen des Testaments ausreichend, wenn damit die Widerrufsabsicht des Erblassers eindeutig erkennbar wird.[3] Auch das Hinzufügen des Wortes „ungültig“ auf der Urkunde kann als wirksamer Widerruf gelten, da dadurch die Aufhebungsabsicht des Erblassers deutlich zum Ausdruck kommt. Zu beachten ist jedoch, dass das Testament weiterhin gültig bleibt, wenn es unfreiwillig verloren geht oder versehentlich zerstört wird, da es in diesem Fall an der erforderlichen Widerrufsabsicht fehlt.
Quellen
[1] https://www.mirror.co.uk/news/uk-news/stubborn-92-year-old-rips-33947022
[2] https://dejure.org/gesetze/BGB/2256.html
[3] https://www.wf-frank.com/publikationen/detail/widerruf-eines-testaments-1944.html
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